Adrien rastet aus

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Ein leises Surren unterbrach die Stille. Mit einem Handgriff, brachte er den schrillen Ton seines Wecker zum verstummen. 
Eigentlich hätte er ihn für diesen Morgen, bereits vorab abstellen können. Denn bereits seit einer halben Stunde verweilte er in seinem Bett, den Blick an die weiße Wand vor ihm gerichtet und gab sich seine Gedanken hin. Vielleicht hätte er das Gespräch gestern zwischen seiner besten Freundin und dem Möchtegern Phillip, durch sein erscheinen unterbrechen sollen. 
Vielleicht hätte er ihr auch zivil sofort folgen sollen. 
Der Anblick wie sie sich so nah standen, er ihre Hand hielt, versetzte ihm einen Stich in seinem Herzen. Wieso waren sie sich so nah? Was war nur gestern mit ihr los? 
Und vor allem, was war mit ihm selbst los? 
Ein warmes Gefühl machte sich in ihm breit, als er an seine Freundin dachte. An seine liebenswerte, schüchterne und fürsorgliche Freundin, die ihm so wichtig war. 
Und dann war da dieser Typ, der ihr so nah gekommen war und er spürte erneut einen Stich in seiner Brust. Er war ihm kein Unbekannter. 
Phillip aus der Parallelklasse, ein kleiner Charmeur, der naiv die Frauen in seinen Bann zog und um den Finger wickelte. 
Keine Gelegenheit ausließ und sie wie ein nasser Sack fallen ließ. Kleiner verdammter Herzensbrecher, dachte Adrien und schwang die Bettdecke zur Seite. 
Niemals würde er zulassen, dass Marinette seine neuste Beute und Errungenschaft werden würde. Nicht für ihn und am liebsten auch für niemanden sonst. 

Erschrocken über seine eigenen Gedanken, schüttelte er seinen Kopf. 
Schnell stand er auf, legte ein Stück Camembert auf seinen Schreibtisch ab und huschte ins Badezimmer um sich zügig fertig zu machen. Selbst im Badezimmer hörte er seinen Kwami laut schmatzen, welcher vom Duft seiner Lieblingsspeise wohl geweckt wurde. Einen letzten Blick in den Spiegel, ließ ihn einen entschlossenen Ausdruck aufsetzen. Egal was passieren wird, er würde da sein und um jeden Preis schlechtes abwenden. Im Zimmer schulterte er seine Tasche und hielt sie auf. 
„Komm Plagg.“ Sofort verschwand sein Kwami in seine Tasche, als auch schon ein Klopfen an der Tür zu hören war. 
Eilig öffnete er diese und grüßte die Angestellte Nathalie. Die ihn jeden Morgen zur selben Zeit aufsuchte. 
Schnellen Schrittes lief er die Treppe hinunter und packte sich sein Frühstück für den Schultag ein. 
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Heftig diskutieren Alya und Nino vor dem Schuleingang, über die gestrige Situation im Eiscafé. Noch nie hatten sie ihre Freunde so aufgelöst gesehen. 
Die Emotionen kochten förmlich und das machte Alya Angst. 
Das war auch der Grund, weshalb sie das Video zwar schweren Herzens, aber aus Respekt löschte. Adrien hatte ja recht. 
Hätte sie wirklich ihre Heldin so öffentlich an den Pranger stellen wollen? Wollte sie riskieren das nicht nur die Medien sie in der Luft zerreißen, sondern auch Gefahr laufen, ihr Feind könnte ihre Schwächen ausfindig machen? Das wollte sie ganz sicher nicht. 
„Am besten lassen wir das Thema komplett unter den Tisch fallen“, meinte Nino noch ihr zugewandt. 
„Was wollt ihr fallen lassen?“ 
Ruckartig drehte sich das Pärchen um. Adrien kam dicht gefolgt von Marinette die Treppe empor gestiegen. 
Leicht errötet und schwer atmend stütze sich Marinette auf ihren Oberschenkel ab. Sie musste gerannt sein, aber das war kein seltener Anblick. „Sport..,“ kam es von Alya, „Heute in der 7 und 8 Stunde… die Ballspiele. Es gibt heute kein erbarmen.“ Was für eine schlechte Ausrede dachte sie und spürte Ninos spöttischen Blick, was sie mit einem Ellenbogenhieb in seine Rippen erwiderte. „Das wollen wir ja mal sehen.“ Amüsiert beobachtete Adrien seine Freunde, als die Schulklingel die Schüler in Bewegung setzen ließ. Nino und Alya liefen voran. Dicht gefolgt von Adrien und Marinette. Als sich ein sicherer Abstand zwischen dem Pärchen vor ihnen gebildet hatte, ergriff Adrien das Wort. „Mari..“, begann er mit gedämpfter Stimme und umfasste mit leichtem Griff ihr Handgelenk. Ruckartig blieb das Mädchen stehen und sah ihren Gegenüber neugierig an.
„Also…“, unentschlossen fuhr er sich nervös durch die Haare. Was wollte er ihr eigentlich sagen? Ohne sie einzuschüchtern oder zu verschrecken. „Du weißt, dass du jederzeit zu mir kommen kannst?“, eigentlich sollte es keine Frage sein. „Ich meine, wir sind Freunde und ich bin immer für dich da. Egal was momentan bei dir los ist, ich möchte das du dir darüber im klaren bist.“ Einen Moment der Stille nutzte sie, um ihre Gedanken zu ordnen. Ihr schneller Herzschlag war ihr dabei keine große Hilfe und seine Hand an ihrer Haut noch viel weniger. Sie spürte wie ihre Haut unter seiner Berührung brannte und deutete verlegen an, sie von seinem Griff zu erlösen. „Danke..“ Immer noch kaum fähig ihn in die Augen zu sehen, rieb sie sich ihren Arm. „Ich denke, mir liegt einfach der Prüfungsstress auf dem Magen und lässt mich schlecht schlafen“, log sie. Wobei ihr sein prüfender Blick nicht entging. Das konnte nicht alles sein dachte er, beschloss aber das Thema erst einmal ruhen zu lassen. Irgendwann würde der Tag kommen, an dem sie sich ihm anvertrauen würde. Da war er sich sicher und plötzlich fiel ihm noch etwas wichtiges ein. „Tue mir ein Gefallen. Lasse nicht jeden Menschen in dein Leben, vertraue nicht zu schnell und passe gut auf dich auf“, bat er sie und beugte sich zu ihr herunter und schloss sie in eine Umarmung. Er wollte ihr nah sein. Konnte den Drang nicht widerstehen und hoffte inständig, sie würde über seine Worte nachdenken. Völlig überrascht versteifte sie sich und legte nur zögerlich ihren Arme um seinen Oberkörper. Gott, wie gut er roch , stellte sie erneut fest und lauschte für einen kurzen Moment seinem Herzschlag. Was meinte er nur? In ihr schienen sich alle Zahnräder in Bewegung zu setzen, aber es war ihr nicht möglich seine Worte richtig zu deuten. Sanft löste er sich von ihr und bedachte sie mit einem eindringlichen Blick. Wieder war da dieses Kribbeln in ihm, welches er nicht deuten konnte. Aus Sorge sich noch mehr in ihre blauen Augen zu verlieren, nahm er ihre Hand und setzte sich mit ihr in Bewegung, Richtung Klassenzimmer. In dem Augenblick wo sie das Kissenzimmer betraten, lösten sich ihr Hände voneinander und sie verteilten sich auf ihre Plätze. Schnell ihr Mathebuch ausgepackt, bemerkte sie Alya, die sich zu ihr gebeugt hatte und die Arme vor ihrem Oberkörper verschränkte. „Ich hab’s gesehen“, grinste sie über beide Ohren, aber Marinette entschloss nicht weiter darauf einzugehen. Viel zu sehr war sie durcheinander und musste ihre Gedanken selbst erst einmal ordnen. Noch immer war ihr nicht klar, warum er sie um so etwas gebeten hatte. Ihr Blick ruhte auf Adrien, der vor ihr saß und sie bemerkte nicht, dass der Unterricht bereits begann. Viel zu verwirrt über dieses Gespräch, schlug sie sich durch den Vormittag. Zum Glück hatte sie in dem zweiten Unterrichtsblock französisch. Einer der wenigen Fächer die zu ihrem Favoriten gehörte.

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Leise arbeiten alle an ihren Texten, als die Schulklingel zur letzten großen Pause erklang. Freudiges Geraschel erhellte den Raum, da der Schultag sich fast dem Ende zuneigte. Nur noch einen Unterrichtsblock und sie wären der Freiheit entlassen.  Glücklich darüber, dass ihr immer weniger schmerzende Körper ihr Aufmerksamkeit für den Unterricht wieder zuließ, spaziere Marinette aus dem Klassenraum, wobei sich ihr Blick für eine Sekunde mit dem Adriens traf. Von Alya war im Gang keine Spur mehr zu sehen. Klar, schließlich hatte sie vor, sich einen Snack in der Cafeteria zu holen. Es graute ihr vor dem Sportunterricht. Sie hatte sich extra ein langes dünnes Sweatshirt und eine lange Leggings eingepackt um ihre geschundene Haut vor ihren Mitschülern zu verstecken. Was würde nur passieren wenn sie sie so sehen würde? Mit nichts auf der Welt könnte sie das erklären und am Ende würde man noch ihre Eltern informieren. 
Gerade steuerte sie die Treppe an, die zum Ausgang führte als sie jemand an der Hüfte packte und einen Schritt zurück zog. Schreckhaft zuckte sie zusammen und eine Gänsehaut breitete sich auf ihrer Haut aus, als ihr eine Männliche Stimme ins Ohr flüsterte: „Guten Morgen, Schönheit“ Überrascht drehte sie sich um und schaute in die dunklen Augen ihres gegenüber. „Phillip… G-Guten Morgen“ Verlegen strich sie sich eine verirrte Strähne aus ihrem Gesicht. Er grinste sie schief an und ließ seinen Blick über sie gleiten. „Ich dachte“, begann er und nahm ihre Hand in seine und verwob ihre Finger miteinander, „du hättest vielleicht Lust morgen Abend mit mir ins Kino zu gehen?“ Überrascht über die Einladung öffnete sie leicht ihren Mund. Ihre Hand zuckte nervös unter seiner Berührung, Hitze stieg ihren Körper auf und machten sie unfähig, vernünftig zu denken. Ein Date? 
„Ähm… j-ja gerne. Warum nicht. Warum machte seine Nähe sie nur  so nervös? Reiß dich zusammen, dachte sie und konnte seinen eindringlichen Augen nicht mehr stand halten und wandte den Blick ab. Scharf sog sie die Luft ein, als sie feststellte, dass der Anblick über seine Schulter hinweg  auch nicht gerade besser war. Von weiten entdeckte sie Adriens Silhouette die im Türrahmen des Klassenzimmers lehnte. Seine Beine locker gekreuzt und die Arme vor der Brust verschränkt schaute er anteilnahmslos. Wieder schaute sie zu Phillip auf, der über einen Kopf größer war als sie, wobei sie fast ihren Kopf In den Nacken legen musste, da sie sich unglaublich nahestanden. Wieder hallten ihr Adriens Worte durch den Kopf. Aber er konnte doch unmöglich ihn meinen, dachte sie. Woher hätte er von ihrer Bekanntschaft wissen sollen? Die letzten Zweifel verdrängt, lächelte sie ihn an. „Ich hole dich morgen um 19 Uhr bei dir ab. Einen angenehmen Tag wünsche ich meiner Schönheit“ hauchte er ihr zu, als sie erneut seine Hand an ihrer Hüfte bemerkte, die sie enger zu ihn zog. Zeitgleich legte er seine andere  Hand auf ihre Wange und beugte sich zu ihr runter. Versteinert und unwissend was auf sie zu zukommen schien, spürte sie seinen warmen Atem über ihre Lippen. Ihr Herz hämmerte noch fester gegen ihre Brust, das Blut rauschte heiß durch ihren Körper, als sie nur noch wenige Zentimeter voneinander trennten. Kurz zuckten seine Mundwinkel zu einem Lächeln, als er auch die letzten Zentimeter überwand und ihr im letzten Moment einen Kuss auf die Wange hauchte. Nur eben berührten seine Lippen ihre heiße Wange, als er plötzlich von ihr gerissen und sie durch seinen Griff an ihrer Hüfte mitgerissen wurde. Erschrocken stolperte sie nach vorn, konnte einen Sturz gerade noch umgehen und riss erschrocken ihre Augen auf. Adrien hatte Phillip fest am Kragen gepackt und du Boden gedrückt. Sein Knie lag fest auf seiner Brust und funkelte ihn zornig an. „Fasse sie NIE wieder an!“, fauchte er. Geschockt stützte sich Marinette am Geländer ab und versuchte ihre schnelle Atmung zu beruhigen. Was ist da gerade passiert? Noch nie hatte sie Adrien so wütend erlebt. Er atmete schwer, vor Adrenalin gesteuert, sah er nur noch seinen Feind. Nach dem ersten Schockmoment, überfluteten Tränen ihre Augen. Fest schlug sie sich die Hand vor dem Mund, damit ihr kein lautes schluchzen entkam. Mit zitternden Körper drehte sie sich um und eilte die Treppe hinunter. Weg von hier! „Mari!!“, hörte sie es noch paar mal hinter sich.

Halte mich - Miraculous Where stories live. Discover now