Marlena staunte. Die Tochter der Elfe Arya wusste nicht genau was sie von der Festung des ersten Wyrdfel erwartet hatte, doch was sie sah überraschte sie.
Die junge Halbling hatte erwartet, dass sich die einschüchtern der Atmosphäre die das Bollwerk von Murtaghs Vater von außen darstellte sich in den Innenräumen fortsetzen würde. Der lange Gang durch den sie, geführt von der Magierin Elain, schritten bestand aus einfachem, weißem Marmor und bestach durch schlichte Eleganz.
Durch den Gang erreichten sie eine weitläufige Vorhalle die eine überraschend helle und freundliche Atmosphäre hatte. Weiße Säulen stützten die hohe Decke und die Wände bestanden praktisch vollständig aus Wunschbildern wie sie sonst nur die Elfen herstellten. Die Wandmalereien zeigten in erster Linie weitläufige Landschaften wie man sie in der großen Ebene im Herzen von Alagaesia fand.
Was man lehne jedoch am meisten verwirrt war, dass der Raum taghell war ohne dass sie eine Lichtquelle ausmachen konnte.
"Ihr seht ein wenig verwirrt aus Argetlan? Wenn ich euch Fragen beantworten soll zöge nicht sie zu stellen."
Marlena lächelte Elain dankbar zu. Offensichtlich hatte sich ihre Neugierde in ihrem Gesichtsausdruck niedergeschlagen. Die junge Drachenreiterin ergriff die angebotene Gelegenheit und erkundigte sich nach dem Geheimnis der Lichtquellen.
Elain nickte verstehend.
"Das hat auch mich verwirrt als ich zum ersten Mal herkam. Euer Onkel hat es mir erklärt. Man kann viel über Morzan sagen aber man muss ihm zugestehen, dass wenn es um die Magie ging er ein Meister war. Er hat sich auch mit den Naturwissenschaften beschäftigt und durch seine Erkenntnisse so manchen beeindruckenden Zauber entwickeln können. Ihr müsst wissen, dass sie Licht im Grunde aus winzigen Teilen besteht.
Marlena nickte. Im Zuge ihrer Ausbildung war auch dieses Thema angesprochen worden. Magier nutzten oft die Beschaffenheit des Lichtes um bis zu bündeln und damit einen Strahl zu erzeugen, der, wenn er stark genug war, sogar durch Metall schneiden konnte.
Inzwischen fuhr Elain mit ihren Erklärungen fort:
"Ihr habt vielleicht bemerkt, dass die Wehrtürme und die Mauern der Festung fast schon unnatürlich schwarz wirken. Das liegt daran, dass Morzan einen magischen Bann in sie eingeflochten hat, der Licht aufschluckt. Über Bestimmteleitungen in die er aus Kristallen hergestellt hat verteilt sich so das natürliche Sonnenlicht in der ganzen Festungsanlage. Ein Teil des Lichts wird auch in kristallenen Speichern aufbewahrt und steht so während der Nachtstunden zur Verfügung. Alles in allem eine wirklich beeindruckende Arbeit. Jedes Mal wenn ich sie bewundere betrübt es mich, dass Morzan sein großes Talent derartig verschwendet hat."
"Da habt Ihr recht. Ein so findiger Magiekundiger hätte sehr viel Gutes bewirken können." Murmelte Marlena. Sie verstand warum ihr Großvater Brom Morzan bewundert hatte. Wenn sich bereits in seinen jungen Jahren ein ihr einziges Talent bei ihm gezeigt hatte war es verständlich, dass andere junge Reiter ihn bewunderten. "Wie groß ist die Festungsanlage eigentlich genau?"
Elain lachte.
"Diese Frage stellte genau an der richtigen Stelle Marlena."
Bevor die junge Halbling sich erkundigen konnte man was die Lehrerin der Akademie meinte, klopfte diese mit ihrem Stab kurz auf den Boden und setzte damit eine eindrucksvolle Veränderung in Gang.
Insgesamt wurde es im Raum etwas dunkler als das einfallende Licht in der Mitte des Raums ein dreidimensionales Bild formte. Die junge Drachenreiterin brauchte einen Augenblick, dann erkannte sie jedoch, dass es sich um einen Plan der Festung handelte.
"Wir sind hier." erklärte Elain und deutete auf den Teil des Plans, der die Empfangshalle darstellte. "Von hier aus gelangt man durch den Hauptkorridor ins Treppenhaus. Wie ihr seht Argetlan ist die Anlage im wesentlichen in drei Abschnitte gegliedert. Die zwei Abschnitte rechts und links des Treppenhauses haben mehrere Stockwerke. Der rechte stellt in erster Linie die Wohnquartiere dar für unsere Schüler und die Lehrerschaft der Akademie. Der linke stellte den Teil der Festungsanlage dar, indem Morzan Gäste empfing, Feste gab sowie Artefakte aufbewahrte die er gesammelt hatte. Diesen Teil nutzen wir heute als die eigentliche Schule. Die ersten drei Stockwerke sind Klassenräume. Dort findet der theoretische Unterricht in der alten Sprache statt. Die Ausbildung hat natürlich mehrere Stufen und so gibt es natürlich Unterricht auf verschiedenen Ebenen. Hier beispielsweise unterrichtet man das Basisalphabet und rudimentären Begriffe der alten Sprache. Dann gibt es noch Klassen die sich mit fortgeschrittener Magie beschäftigen usw. das nächste Stockwerk enthält in erster Linie Labore. Wir bilden Schüler die ein gewisses Talent dafür besitzen natürlich auch in Pflanzenkunde aus und wie man aus verschiedenen Kräutern heilsame Elixier herstellt. Dabei muss es sich nicht unbedingt um die magische Anwendung der Kräuterkunde handeln. Es gibt auch Pflanzen denen schlicht und ergreifend eine heilende Wirkung innewohnt. Kamille beispielsweise hilft bei Erkältungskrankheiten oder Aloevera beschleunigt die Wundheilung und verhindert Entzündungen. Auf diese Weise wollen wir unseren Schülern klarmachen, dass sie die Lösung für ein Problem nicht immer nur in ihrem Talent für Magie suchen sollen. Sie sollen immer erst versuchen mit konventionellen Mitteln zu helfen bevor sie auf einem Zauber zurückgreifen. In der untersten Etage liegt dann noch die große Bibliothek und verschiedene Räume die zu allen möglichen Zwecken genutzt werden können."
"Diese Bibliothek würde ich mir gerne einmal ansehen." sagte Marlena.
"Gerne!" schmunzelte Elain und bedeutete der Drachenreiterin ihr zu folgen. Gemeinsam gingen die beiden Frauen Richtung Treppenhaus. "Interessierte euch sehr für Literatur?"
"Allerdings!" lachte die junge Halbling. Noch gut erinnerte sie sich daran, dass einer der Kosenamen ihres Vaters für sie einmal Bücherwurm gewesen war. Oft hatte sie Tage in der Bücherei von Esterni verbracht und die Werke studiert, in die der Gelehrte Jeod zusammengetragen hatte.
Entfernt erinnerte sich Marlena noch an den freundlichen älteren Mann die sie in ihrer frühen Jugend auf beraten hatte wenn es um Lesestoff ging. Er und seine Frau waren Freunde Eragons aus der Zeit des großen Krieges und gerade Jeod hatte bereits Seite an Seite mit Eragons Vater gekämpft. Als der Schriftgelehrte schließlich im Alter von 82 Sommern friedlich eingeschlafen war hatte es eine große Trauerfeier in der Ostmark gegeben. Die Erinnerung war bittersüß für Marlena. Ein Stück ihrer Kindheit war mit dem freundlichen alten Mann gestorben. In seiner Rede hatte ihr Vater damals gesagt, das mit Jeod eine Person von ihnen gegangen war, die sich im hohen Maße um den Drachenreiterorden verdient gemacht hatte. Zu Ehren des Gelehrten trug die Bücherei von Esterni nun seinen Namen. Eine Büste die sein Gesicht zeigte stand für jeden sichtbar in der Empfangshalle des Gebäudes. Auf diese Weise wollte Marlenas Vater sicherstellen, dass man sich stets an den Schriftgelehrten erinnern würde. Eragon hatte in einem Gespräch mit Arya bedauert, dass man sich viel zu oft nur an die erinnerte, die auf dem Schlachtfeld das Schwert geschwungen hatten. Er war der festen Überzeugung gewesen, dass Jeod einen der wertvollsten Beiträge zum Sieg über Galbatorix geliefert hatte und Marlenas Mutter hatte ihren Gefährten vorbehaltlos zugestimmt. Erst später hatte die junge Halbling erfahren was ihre Eltern damit gemeint hatten. Nicht nur war Jeod am Diebstahl von Saphiras Ei beteiligt gewesen, er hatte auch stets hilfreiche Informationen zu den Feldzügen der Varden beigesteuert und unter großen persönlichen Risiken Güter für sie durchs Imperium geschmuggelt. Ein Ehrenwerteserbe dass man in der Tat nicht vergessen sollte.
Inzwischen hatten die beiden Frauen das Treppenhaus erreicht und zwei Dinge verblüfften Marlena erneut. Zum einen herrschte auch hier eine freundliche, fast unbeschwerte Atmosphäre. Zum anderen herrschte auf der Treppe die sich in sanften Kurven in die Tiefe schraubte reger Betrieb. Junge Männer und Frauen, vermutlich Schüler der Akademie, liefen treppauf und treppab oder waren in Gespräche über ihren Unterrichtsstoff vertieft.
Marlena fiel auf, dass die Schüler der Akademie ähnlich gekleidet waren wie die Magierin Elain. Weibliche Schülerinnen trugen dasselbe einfache elegante Blauekleid mit weißen Ärmeln und Kragen während die männlichen Schüler einen weißes Hemd, darüber ein blaues Wams schwarze Hosen und dazu passende Stiefel trugen.
Erneut Elain Marlenas Blick gefolgt und begann ohne Nachfrage zu erklären.
"Ein gewisses Maß an Disziplin gehört zu dem, was die jungen Magiebegabten hier beibringen wollen. Deshalb haben wir diese einheitliche Kleidung eingeführt. Außerdem hat es noch einen anderen Vorteil: Unseren Schüler kommen aus allen Schichten der Gesellschaft. Es erleichtert den Kontakt der Schüler zu einander wenn Standesdünkel nicht schon durch Kleidung zum Ausdruck gebracht werden."
Marlena nickte verstehend. Bevor sie jedoch die zweite Frage stellen konnte die er auf der Seele lag keuchte Elain freundlich einen Mann mittleren Alters der ihnen, in Begleitung einiger Schüler entgegen kam.
"Arcos!"
Der angesprochene, bei dem es sich ebenfalls um einen Lehrer der Akademie zu handeln schien, kam auf sie zu und lächelte Elain freundlich an. Seine Kleidung unterschied sich etwas von der allgemeinen Tracht der Akademie. Zwar waren auch hier blau und weiß die dominierenden Farben aber seine Kleidung war mehr wie die Kutte eines Mönchs geschnitten.
"Arcos, darf ich vorstellen unser Gast Argetlan Marlena. Tochter von Eragon und Arya."
Während Arcos freundlich lächelnd die Hand der jungen Drachenreiterin schüttelte entging der Halbling nicht, dass die Schüler die sich ebenfalls auf der Treppe aufhielten sie nun um einiges interessierter musterten. Zwischen einigen der Schützlinge der Magierakademie ging ein aufgeregtes Flüstern hin und her.
"Arcos hier ist ebenfalls ein Lehrer an dieser Akademie." erklärte Elain. "Er ist zu uns gekommen von den Wächtern des Lichts. Ihr hat sicher von dieser Glaubensbruderschaft gehört."
Das hatte Marlena in der Tat. Die Wächter des Lichts waren in Dras' Leona beheimatet und ein angesehener religiöser Orden in Alagaesia. Sie waren wesentlich beliebter als es die Jünger des Helgrinds je gewesen waren. Das Reich unterstützte sie, da sie Alte und Kranke pflegten und zu selbstloser Nächstenliebe aufriefen.
"Es freut mich recht kennen zu lernen Arcos. Darf ich Fragen was ihr unterrichtet?"
"Aber sicher." erwiderte der Ordensbruder höflich auf Marlenas Frage hin. "Ich unterrichte vor allem Ethik und bin für die moralische Beurteilung der Schüler zuständig. Wir versuchen allen Schülern natürlich Respekt vorm Allerheiligsten mit auf den Weg zu geben. Respekt vor dem Leben."
"Eine wichtige Aufgabe." bestätigte Marlena. "Aber was meint ihr mit moralischer Beurteilung?"
"Man könnte es auch Einschätzung der charakterlichen Reife nennen." Erklärte Arcos. "Seht ihr Argetlam wir vermitteln hier nicht nur einfach wissen sondern Macht. Bevor wir das allerdings tun müssen wir sicher sein, dass die Person die wir unter weißen in der Lage ist verantwortungsvoll mit seinen Fähigkeiten umzugehen. Nicht allein das absolvierte Pensum bestimmt wann man in höhere Form der Magie eingeführt wird sondern auch welches Verhalten ein Schüler an den Tag legt. Ich würde mich gerne noch weiter mit euch über dieses Thema unterhalten aber ihr müsst mich bitte entschuldigen. Ich muss Varis Stab abholen. Seine Zeremonie soll bald beginnen."
Respektvoll verneigte sich der Ordensbruder vom Marlena und Elain und eilte dann davon.
"Was meinte Aarons mit Stab?" erkundigte sich Marlena als sie gemeinsam mit Elain ihren Weg fortsetzte.
"Jeder Absolvent unserer Akademie erhält wenn seine Ausbildung abgeschlossen ist einen Stab die diesen."
Elain verwies Marlena auf den langen hölzernen Stab auf dem sie sich stützte. Erst jetzt wurde der jungen Drachenreiterin bewusst, dass auch Arcos einen solchen Stab in der Hand gehalten hatte. Bei ihm war es allerdings nicht ein Eichhörnchen dass an der Spitze thronte sondern ein Vogel. Marlena glaubte eine Elster erkannt zu haben.
Inzwischen vor Elain fort:
"Varis ist einer unserer Schüler aus Surda. Er wird uns leider demnächst verlassen da seine Ausbildung abgeschlossen ist. Deshalb erhält er in Kürze seinen Stab."
"Hat euer Stab oder der den Varis in Kürze erhält besondere Fähigkeiten?" Wollte die jungen Drachenreiterin nun wissen.
"Es gibt einige Besonderheiten in der Tat. Zum einen ist das Holz mit einem bestimmten Zauber belegt, der es außergewöhnlich widerstandsfähig macht. Es bedarf schon eines wahren Meisterwerkes der Schmiedekunst um den Stab zu zerschlagen. Außerdem sind verschiedene Schutzwälle in den Stab eingewoben. Sie schützen den Besitzer und Zielen darauf ab feindliche Zauber oder magische Fallen zu erkennen. Der Besitzer des Stabes kann mit einigen magischen Beschwörungen auch Einfluss auf diese Schutzwälle nehmen und sie den Bedürfnissen der jeweiligen Situation anpassen. Außerdem ist noch ein Zauber eingearbeitet, der dafür sorgt, dass alle Besitzer eines solchen Instrumentes es erfahren sollte jemand sterben, der dieses Geschenk erhalten hat. Auf diese Weise wollen wir unter uns den Zusammenhalt stärken und auch eine Art Frühwarnsystem entwickeln. Wenn eines unserer Mitglieder getötet wird ist das Reich verpflichtet Ermittlungen anzustellen. Auf diese Weise hoffen wir Bedrohungen möglichst früh erkennen zu können."
Marlena nickte verstehend, schob aber noch eine Frage nach.
"Und was bedeutet das Tier an der Spitze. Es ist ja wohl nicht immer dasselbe Lebewesen dargestellt. Euch ist es ein Eichhörnchen während es bei Arcos ein Vogel war. Eine Elster oder?"
Ihre Führerin lächelte und nickte.
"In der Tat. Euch als Drachenreiterin ist das vielleicht etwas unverständlich aber viele Magiebegabte müssen erst mühsam lernen ihren Geist nicht nur zu verteidigen sondern auch selbst zum Angriff überzugehen. Einige brauchen Jahre bis sie in der Lage sind den Geist eines anderen Lebewesens auch nur zu berühren. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es von Vorteil ist, wenn ein Schüler versucht den Geist eines Tieres zu berühren dem er sich nahe fühlt. Das natürliche Interesse an einem Lieblingstier begünstigt den Versuch es im Geist zu berühren. An der Spitze des jeweiligen Stabes wird das Wesen eingearbeitet, welches man zuerst im Geist erreichen konnte."
"Ich verstehe Elain. Bei euch war es also ein Eichhörnchen und Arcos....."
"Schwebt als Mönch, gleich einem Vogel, stets in anderen Sphären."
Über den Scherz der Magierin lachend setzte Marlena gemeinsam mit Elain ihren Weg fort.

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Eragon Buch 7 - Im Wandel der Zeiten
FanfictionEragons Tochter bricht auf um die wundersame Welt von Alagaesia zu erkunden. Diese Geschichte Gehört nicht mir. Sie Gehört dem Account Traeumer von FF.de. Ich habe die Erlaubniss diese Geschichte, in seinem Namen, hier auf Wattpad zu Veröffentliche...