Unsicher stand Keanai im Eingang zum Wohnbereich. Der junge Reiter schien nicht sicher zu sein wie er sich nun verhalten sollte. Schließlich erbarmte sich Svenaja und deutete auf den noch freien Stuhl am Tisch.
"Nun setzt dich schon. Ich weiß er nicht, so gut sollte mich zumindest kennen."
Eine nicht unbeträchtliche Menge an Bitterkeit begleitete die Worte der neue erwählten Drachenreiterin. Als Keanai auf den Tisch zutrat und Anstalten machte sich zu setzen begab sich Svenajas noch namenloses Drachenmädchen in eine Lauerhaltung, fixierte den jungen Mann mit zu Schlitzen veränderten Augen und stieß ein garstiges Fauchen aus.
"Da mag dich wohl jemand nicht." folgerte Svenaja und versuchte ihre neugeborene Seelenschwester mit ein paar durch das Streicheleinheiten zu besänftigen.
"Kann ich ihr nicht übel nehmen." murmelte der andere Drachenreiter des Nordens. "Ich hoffe du glaubst mir wenn ich dir sage, dass ich mich trotz allem freue dass du zu Reiterin erwählt worden bist. Ich weiß, dass das schwer zu glauben ist, nachdem was ich mir geleistet habe aber um ehrlich zu sein kann ich will niemanden aus unserem Dorf der besser geeignet wäre."
Svenaja nickte dankbar und versuchte sogar ein kurzes Lächeln, das ihr aber misslang. Für eine Ablenkung sorgte nun Irucan der seinen Kopf über die Tischkante schob und damit begann seine neue Artgenossin zu beschnuppern. Sofort fiel das misstrauische Verhalten von dem kleinen Drachenfräulein ab und der andere Jungdrache rückte ins alleinige Zentrum ihres Interesses. Um den beiden Drachenkindern die Begrüßung zu erleichtern hob Lenjara ihre kleine goldene Gefährtin vom Tisch herunter und setzte sie vor Irucan ab.
Zunächst setzten die beiden Drachenkinder ihr vorsichtiges Beschnuppern fort, dann presste sich Irucan plötzlich mit einem ausgelassenen Fiepen kurz an den Boden und sprintete dann in Richtung der Wohnhöhle seiner Adoptivmutter davon. Das goldene Drachenmädchen hopste hinterdrein. Erst im Eingang zum Wohnbereich der Zweibeiner bremste sie und drehte sich mit fragenden Blick zu ihrer Reiterin um.
"Geh nur spielen." lachte diese. "Wir werden uns schon nicht gegenseitig die Köpfe einschlagen."
Einen zufriedenen Laut ausstoßend hoppelte kleine Drachendame davon.
Im Grunde empfand es Marlena als eine Erleichterung, dass die Drachenkinder an dieser Unterhaltung nicht teilnahmen. Sie stand auf dem Standpunkt, dass Kinder grundsätzlich von Streitereien ferngehalten werden sollten. Auch wenn sie beschlossen hatte ihren Teil dazu beizutragen, dass die Unterhaltung nicht eskalierte nahm die Abwesenheit von den zwei unschuldigen Geistern ein wenig Druck aus der Situation.
Zunächst jedoch breitete sich Schweigen am Tisch aus. Keiner der Anwesenden wollte die fragile Ruhe stören und wagte es deshalb nicht das Wort zu ergreifen. Nach einigen Sekunden beschloss Marlena, selbst die Initiative zu ergreifen. Sie war immerhin die vollwertig ausgebildeter Reiterin in der Gruppe und den beiden Menschen auch an Lebensjahren um einiges voraus. Im Augenblick erschien ihr das zwar nicht als bedeutender Vorteil aber auf irgend eine Weise musste es weitergehen.
"Also..... Du hast gesagt, dass dir eine Lösungsmöglichkeit vorschwebt Keanai. Wie soll die aussehen?"
Der junge Reiter nickte und räusperte sich. Es fiel ihmn offensichtlich nicht leicht einen Anfang zu finden. Ein Umstand den Marlena zwar nachfüllen konnte aber dennoch fühlte sie sich nicht verpflichtet dem anderen Reiter noch weiter auf die Sprünge zu helfen. Schließlich war Keanai nicht unschuldig an dieser für alle Beteiligten schwierigen Situation.
"Zuerst einmal möchte ich mich noch einmal entschuldigen und zwar bei euch beiden. Ich weiß, dass ich mich falsch verhalten habe. Als mein Vater gestorben ist was du für mich da Svenaja und ich habe mich sehr einsam gefühlt. Trotzdem hätte ich mich beherrschen sollen als wir uns näher kamen. Egal in welcher Situation ich mich befunden habe es wäre meine Pflicht gewesen zu verhindern, dass die Dinge sich entwickelten wie sie es getan haben. Ich wusste was du fühlst und dass ich es nicht im selben Maß erwidern kann. Was dich betrifft Marlena: Ich habe mich zu dir hingezogen gefühlt seit vier uns begegnet sind aber ich hätte dem nicht nachgeben dürfen bevor die Angelegenheit hier zuhause geklärt ist."
Auch wenn es die Situation nicht völlig bereinigte bedeutete es der jungen Halbling doch einiges, das Keanai nun offensichtlich wirklich Begriff was er angestellt hatte. Es bewies zumindest dass sie sich nicht vollständig in seinem Charakter getäuscht hatte.
"Nun, es ist ehrenwert dass du das sagst." räumte Svenaja mit noch einer gewissen Note von Bitterkeit in der Stimme schließlich ein. Marlena konnte es der anderen junge Frau nicht übel nehmen, dass nicht augenblicklich alles vergeben und vergessen sein konnte. Sie dachte ganz ähnlich über die Situation. Dennoch beschloss sie es als positiv anzusehen, dass Svenaja Keanai offenbar bereit war so weit entgegenzukommen, dass man in der Tat nach einer Lösung suchen konnte. Inzwischen sprach die andere Reiterin weiter:
"Ich hoffe allerdings dir ist klar, dass damit die Angelegenheit nicht bereinigt ist. Du hast mich verletzt und letzten Endes auch Marlena."
"Das ist mir bewusst." versicherte Keanai. "Und Wunden brauchen nun einmal Zeit um zu heilen. Das können sie aber nicht wenn sie ständig neu aufgerissen werden und solange ich hier bin wird das bei euch beiden der Fall sein. Deshalb habe ich mit Meister Murtagh gesprochen. Wir haben eine andere Lösung gefunden wie ich meine Ausbildung aufnehmen kann. Es wäre wohl kein guter Gedanke wenn ich jetzt zur Ostmark reisen würde. Deine Eltern Marlena sind bestimmte Moment auch nicht so gut auf mich zu sprechen. Auch dort wäre ich also nur ein Störfaktor."
"Ich kann mir nicht vorstellen dass meine Eltern mich ungerecht behandeln würden." versicherte Marlena. "Ich könnte auch noch mit ihm sprechen wenn du willst."
"Das ist nicht nötig. Wie gesagt haben Meister Murtagh und ich bereits eine Lösung gefunden. Ich werde zusammen mit Irucan nach Cosaria gehen. Das ist diese neue Siedlung der Menschen die noch jenseits der Ostmark liegt. Die Drachenreiter, die die Stadt verwalten heißen Marek und Narie. Sie werden meine Ausbildung weiter vorantreiben. Ich habe mich schon immer für diese Siedlung im Osten interessiert seit ich in der Ostmark davon gehört habe. Es gibt dort auch eine kleine Kolonie wilder Drachen. Irucan wird also auch Spielkameraden in seinem Alter haben."
Marlena war noch absolut nicht sicher was sie von diesem Vorschlag halten sollte. Auf die eine Weise hatte Keanai Recht. Solange er hier im Norden verweilte würde das Verhältnis zwischen den drei Reitern angespannt bleiben.
"Aber ist Irucan nicht noch zu jung um mit dir so eine Reise zu machen?" fragte die junge Halbling schließlich. Sie musste sich allerdings eingestehen, dass in der Tiefe ihres Bewusstseins noch mehr eine Rolle spielte als nur die Sorge um den jungen dunkelblauen Drachen.
"Nun, er wird mich sicher nicht tragen können aber er ist ja auch bereits mit uns zur Ostmark gereist. Meister Murtagh hat sich bereit erklärt mit Narie und Marek Kontakt aufzunehmen damit sie nicht und Irucan hier abholen. Ihre Drachendame sind groß und kräftig genug dass sie meinen kleinen Bruder auch noch tragen können wenn es für ihn zu anstrengend wird. Dein Onkel hat mir auch versichert Marlena, dass diese beiden Reiter zu den erfahrensten des Ordens gehören und ich bei Ihnen sicher eine gute Ausbildung bekommen werde."
Das konnte Marlena nicht bestreiten. Die Drachenreiter Narie und Marek hatten zu den ersten Schülern des neuen Ordens gehört und einen nicht unwesentlichen Teil dazu beigetragen den Orden wieder zu dem zu machen was er heute darstellte.
"Ich denke, das ist die beste Lösung ist wenn ich gehe." sagte Keanai nochmal. "Dein Schützling Svenaja wird sicher mal einer der stolzen Drachen von ganz Alagaesia aber sie ist wirklich noch zu jung für eine längere Reise. Ich muss euch auch gestehen, dass ich etwas von eurem Gespräch verfolgt habe. Gibt es zu ihr beiden: Wenn das Problem mit mir nicht wäre, wärt ihr zwei wie geschaffen und Freundinnen zu sein. Die Unstimmigkeiten zwischen euch rühren doch nur von mir her. Viele schon richtig gesagt hast Svenaja: Ich habe euch beide verletzt und du Marlena hast mir immer wieder gesagt, dass Du zunächst einmal Zeit brauchst. Zeit und Abstand. Svenaja, du und ich, wir waren Freunde seit wir Kinder waren. Mit etwas Zeit, kann es vielleicht wieder so sein."
Die junge Frau überlegte einen Moment.
"Du hast nicht unrecht. Ich gebe mir auch selbst einen Anteil an Schuld an der gegenwärtigen Situation. Du hast gesagt, dass Du deine Pflicht angesehen hättest dich selbst zu bremsen beide meine Gefühle nicht erwiderst. Ich muss aber einräumen, dass ich auch diese Pflicht gehabt hätte. Du hast nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass du mich nicht liebst. Als sich dann aber die Gelegenheit bot wurde der Wunsch der nahe zu sein einfach übermächtig. Im Augenblick kann ich aber noch nicht klar trennen wo die Wut auf mich anfängt und welcher Zorn dir gebührt. Etwas Zeit und Abstand ist denke ich genau das was ich auch brauche."
Svenajas Blick richtete sich nun auf Marlena. Ein Augenblick schwieg sie, dann fuhr sie fort.
"Ich habe im Grunde nichts gegen den Gedanken, dass du mir und meiner Kleinen bei unseren ersten Schritten als Drachenreiter und Sculblaka hilfst. Auch wenn ich es ungern zugebe aber der Holzkopf der hier mit uns am Tisch sitzt"
Sie ruckte mit dem Kopf in Keanais Richtung.
"Also besagte Holzkopf hat durchaus nicht unrecht. Im Grunde finde ich dich sehr sympathisch. Was mir im Moment nur eine unerträgliche Vorstellung ist, wäre es wenn ich dich und Keanai ständig zusammen sehen würde. Soweit bin ich einfach noch nicht."
Marlena nickte doch einen Zweifel klammerte sich hartnäckig in ihren Gedanken fest. Sie war sich jedoch nicht sicher ob sie ins Lenjaras Gegenwart ansprechen konnte was ihr auf der Seele lag. Glücklicherweise kam ihr der Zufall zu Hilfe. Aus Lenjaras Abschnitt der Höhle erklangen nun Stimmen.
"Das sind wohl meine Eltern und Großmutter Narna." folgerte Svenaja nach einigen Sekunden des Lauschens. "Ich denke ich werde sie begrüßen gehen und mein Bestes tun um Großmutter von dir fernzuhalten Holzkopf. Du solltest dir im Augenblick wirklich nicht über den Weg laufen auch wenn du durchaus verdient hättest was sie mit dir anstellen würde."
Im hinausgehen warf Svenaja Marlena noch einen viel sagenden Blick zu. Ohne ein Wort verstand die junge Halbling. Die andere Drachenreiterin hatte genau durchschaut was ihr auf der Seele lag und gab ihr die Gelegenheit allein mit Keanai zu sprechen. Marlena musste vor sich selbst einräumen, dass Senna ja wirklich das Potenzial hatte eine sehr gute Freundin zu werden.
"Du denkst ich laufe vor den Problemen davon wie wir haben nicht wahr?"
Augenblicklich bewanderte die Aufmerksamkeit der jungen Halbling zu Keanai. Der junge Reiter hatte es im Grunde auf den Punkt gebracht. Wenn man nur an das Verhältnis zwischen Marlena und ihrer zukünftigen Schülerin dachte, stellte Keanais Ansatz wirklich eine gute Lösung dar aber auch wenn das Vertrauen der jungen Reiterin angeschlagen war, so konnte sie nicht leugnen dass sie viel für den jungen Mann emfand der noch immer bei ihr am Tisch saß.
Gerade überlegte sie was sie antworten sollte als Irucans Reiter bereits weiter sprach:
"Ich versuche mich vor meiner Verantwortung zu fliehen. Im Gegenteil. Das hier ist im Grunde mein Versuch dein Vertrauen wiederzugewinnen. Du sagst, dass Du Zeit brauchst. Nun, bisher ist es zwischen uns recht schnell gegangen. Ganz gleich was du aber jetzt von mir denkst, du bedeutet mir sehr viel Marlena. Deshalb werde ich Cosaria auf dich warten. Ich glaube einfach daran, dass du mit der Zeit zu mir zurück finden wirst. Ich verspreche dir eins: Wenn du mich dort besuchst, bist du kein solches Chaos vor finden wie hier."
Während er sprach hatte Keanai Marlenas Hand ergriffen und drückte diesen leicht. Nun weiß an der jungen Halbling den sanften Druck zu erwidern. Es machte sie ein wenig traurig, dass sich ihre und Keanais Wege zunächst trennen würden aber der junge Mann hatte recht. Es war die beste Lösung.
"Weißt du, wenn Svenajas Drachendame alt genug ist werde ich sie zur Ostmark begleiten und dort in die Obhut des Ordens übergeben. Das wird zwar einen oder zwei Monate dauern aber ich könnte mir schon vorstellen danach einmal Cosaria zu besuchen."

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Eragon Buch 7 - Im Wandel der Zeiten
FanfictionEragons Tochter bricht auf um die wundersame Welt von Alagaesia zu erkunden. Diese Geschichte Gehört nicht mir. Sie Gehört dem Account Traeumer von FF.de. Ich habe die Erlaubniss diese Geschichte, in seinem Namen, hier auf Wattpad zu Veröffentliche...