Ein Samstagabend im Januar (5)

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„Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat", entschuldige ich mich und lege meinen Arm um Markus. Vor Fremden Personen habe ich immer das Bedürfnis zu zeigen, dass ich eine Berechtigung habe hier zu sein und kein kleines verzweifeltes Mädchen ohne Freunde bin.

„Schon okay", sagt er und reicht mir meinen Becher voll mit Bowle.

„Danke Schatz, aber hast du Lust meine Früchte zu essen?"

Markus muss lachen. „Ich erbarme mich gerne deiner Früchte.", sagt er und klaut eine Erdbeere aus meinem Becher. Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht wie er die Dinger runter bekommt.

„Und du bist?", wende ich mich den Jungen. Jetzt, als ich ihn von vorne sehe, fällt mir erst auf, dass ich ihn ziemlich gutaussehend finde. Wieso ist er mir in den eineinhalb Jahren, in denen ich jetzt mit Markus zusammen bin noch nie aufgefallen? Ich glaube an sein Gesicht würde ich mich erinnern.

„Ich bin Leon, hi.", stellt er sich vor und streckt mir förmlich die Hand hin. ‚Schöner Name', denke ich.

„Schöner Name!", sage ich. Okay meine Fähigkeit etwas Sinnvolles von mir zu geben scheint schon deutlich eingetrübt zu sein. „Tut mir leid dass ich euer Gespräch gestört hab.", füge ich schnell hinzu.

„Das ist schon okay.", entgegnet Markus lachend und legt nun auch seinen Arm um mich. Grade kommt Jonas von der Seite und fragt meinen Freund irgendetwas, während Leon mich erneut freundlich ansieht. Er hat ein schönes Lachen.

„Du musst bestimmt Johanna sein!"

„Ja genau, also die meisten nennen mich Jo oder so.", erkläre ich breit grinsend, was vermutlich total bescheuert aussieht, aber das ist egal, schließlich bin ich betrunken.

„Find ich gut, dass wir uns mal kennen lernen.", meint Leon jetzt und lächelt schon wieder. Ich frage mich, woher die beiden sich kennen. Hätte ich nicht wenigstens mal von einem Leon hören müssen? Na gut ich kann schließlich nicht alle Freunde meines Freundes kennen.

„Bist du auch bei Markus auf der Schule?"

„Ja wir haben Physik und Chemie zusammen ist echt ganz lustig." Also auch einer von den schlauen Leuten, die auf die Schule mit Naturwissenschaftlichem Profil gehen. Das Klischee über die Schüler dieser Schule ist, dass die meisten Streber ohne soziale Kompetenzen  sind, aber ich habe schon genug Leute kennen gelernt, die das widerlegen. Mein Tanzpartner geht zum Beispiel auch dahin.

„Ah ach so, tut mir leid ich glaube er hat noch nicht von dir erzählt.", gebe ich zu.

„Eigentlich sind wir so ziemlich beste Freunde. Also waren wir mal, in der achten Klasse oder so."

„Und was ist dann passiert?"

Leon schüttelt den Kopf. „Das ist eine etwas längere Geschichte." In seinen Augen glaube ich einen kleinen Anflug von Bedauern zu erkennen, aber sofort wird das wieder von einer ausgelassenen Fröhlichkeit verdrängt.

„Ich mag lange Geschichten." Lächelnd nehme ich noch einen Schluck Bowle und füge hinzu: „Vielleicht sollten wir uns dafür hinsetzen." Erst nickt Leon noch, bevor er sich plötzlich etwas verwirrt umsieht. Als ich seinem Blick folge fällt mir auch auf, was nicht stimmt.

„Wo ist Markus auf einmal hin?", fragt er und wir müssen beide schlagartig anfangen zu lachen.

„Fuck ich bin schon so betrunken, dass ich meinen eigenen Freund verliere."

„Keine Sorge, ich bin auch betrunken, hab Jonas Freundin vorhin haufenweise Vodkafrüchte abgenommen." Für einen Moment sehen wir uns lachend in die Augen und ich lasse mich ganz in meinen Alkohol-Watte-Himmel falle. Besonders als ich Markus ein paar Meter weiter mit Jonas und ein paar anderen Leuten reden sehe und er mir lächelnd zunickt fühle ich mich einfach nur glücklich. Ich bin hier richtig.

Die Fehler in unseren HerzenWhere stories live. Discover now