Ein Samstagabend im Januar (6)

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Er erzählt mir noch ein bisschen weiter von ihr und davon, dass er jetzt nicht genau weiß, wie er sie nach einem Treffen fragen soll. Ich versichere ihm immer wieder, dass das gar nicht so schwer sei und dass er sich nur trauen müsse, aber er scheint doch zu schüchtern zu sein. Dabei hätte er es so verdient eine tolle Freundin zu haben und er scheint ja schon ziemlich angetan von diesem Mädchen zu sein, sodass es mir irgendwie weh tut, dass er sich so schwer tut, sie nach einem Treffen zu fragen. Schließlich freuen sich die meisten Mädchen, wenn der Kerl die Initiative ergreift.

Irgendwann frage ich einfach: „Darf ich ihr mal eine Nachricht schreiben?"

„Wieso du? Was willst du sie denn Fragen?"

„Na das, was du dich die ganze Zeit nicht traust.", grinse ich. Leon hält mir sogar bereitwillig sein Handy hin. Dass er es so schnell aus der Hand gibt, hätte ich gar nicht erwartet. Jetzt muss ich tatsächlich selbst überlegen, wie ich es formulieren soll, aber eigentlich ist es auch egal; Mut ist immer besser, als sich gar nicht zu trauen. Also Tippe ich schließlich einfach ein: „Sag mal, wollen wir uns vielleicht mal treffen? Essen gehen oder so? 😊" Zufrieden lächelnd gebe ich Leon sein Handy zurück.

„Und?", frage ich, als er die Nachricht etwas skeptisch liest.

„Essen gehen? Ist das dein Ernst?" Zu meinem Erleichtern lacht er trotz dieser Reaktion.

„Ja, warum nicht?"

„Weiß nicht, das klingt schon ziemlich komisch."

„Also mich, würde man immer mit Essen bekommen", erkläre ich grinsend. Ich finde eigentlich gar nicht, dass das so schlimm klingt. Und auch Leon scheint mir die Nachricht glücklicherweise nicht wirklich übel zu nehmen. Auf jeden Fall trübt es in keiner Weise unsere Stimmung. Noch eine ganze Weile sitzen wir so da und reden über Dies und Das, lachen sehr viel und immer mehr bekomme ich das Gefühl, dass dieser Junge echt etwas Besonderes ich. Nicht nur so allgemein, sondern speziell für mich. Ich bin froh ihn getroffen zu haben und ich bin froh, dass mein Schatz so tolle Freunde hat. Oder besser, einen so tollen Freund, dem es wirklich wichtig ist, wie es Markus geht. Natürlich weiß ich, dass Louis, Jonas, Oskar und wen es da sonst noch so gibt bestimmt auch sehr gute Freunde sind und sich auch um ihn sorgen, allerdings habe ich mich von keinem von ihnen so vollwertig akzeptiert gefühlt, als würden sie mich nicht als einen wichtigen Teil von Markus Leben annehmen, sondern eher als sein Anhängsel. Selbstverständlich kann ich mich da auch täuschen, aber heute Abend bei Leon fühlt es sich auf jeden Fall ganz anders an, als wenn ich sonst mit Markus Freunden rede.

Ich merke gar nicht, wie die Zeit vergeht, ich spüre nur irgendwann, dass sich eine tiefe Schwere auf meine Augenlider legt. Langsam werde ich nicht nur müde, auch mein Bauch rebelliert merklich. Es kommt nicht vom Alkohol, den spüre ich kaum noch, aber ich habe heute einfach so ununterbrochen viel Essen in mich reingestopft, dass es kein Wunder ist, wenn mir jetzt schlecht wird. Die meisten Menschen auf dieser Feier hätten vermutlich nicht mal halb so viel essen können, ohne zu kotzen.

„Ich sollte langsam mal wieder meinen Freund suchen, ich schlaf gleich ein.", sage ich müde zu Leon. Wir blicken uns beide suchend um.

„Wann hast du ihn das letzte Mal gesehen?", fragt er mich sofort verständnisvoll.

„Ich hab keine Ahnung, das ist schon länger her".

„Ich kann dir helfen, ihn zu suchen.", bietet Leon an, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Auf einmal will ich nur noch nach Hause, also zu Markus, wo ich heute schlafen werde. Es ist schließlich auch schon nach halb zwei Nachts und ich bin eigentlich immer jemand, der relativ früh müde wird und ins Bett geht. Die Suche nach meinem Freund stellt sich als relativ schwierig heraus, da ich zuerst meine Schuhe nicht mehr finde. Leon hilft mir netterweise echt lieb beim Suchen, wir rennen durch den ganzen Raum, bis wir sie schließlich einfach mitten unter dem Sofa finden.

„Hä, darauf hätten wir eigentlich eher kommen können.", stellt Leon fest.

„Ich hatte sogar unter dem Sofa geschaut, was ist falsch bei mir?", schüttle ich lachend den Kopf.

„Gar nichts, du bist müde und betrunken." Sein lächeln beruhigt mich irgendwie und ich fühle mich sofort wieder wohlig und zufrieden. Aber Recht hat er schon, vermutlich bin ich einfach ziemlich müde, jetzt wo die Wirkung des Alkohols nachgelassen hat. Und er ist immer noch betrunken, wer weiß, ob er es sonst so lange mit mir ausgehalten hätte. Eigentlich möchte ich mir darüber grade gar keine Gedanken machen, sondern will einfach weiter glücklich sein.

„Danke für die schönen Gespräche heute Abend.", sage ich zu Leon, als ich meine Schuhe wieder angezogen habe, woraufhin er schon wieder so schön lächelt.

„Ich fand es auch sehr schön.", entgegnet er. Ich hoffe, dass ich ihn noch öfter wiedersehen werde. Dieses Gefühl, dass er etwas Besonderes ist, werde ich einfach nicht los. Vermutlich hat ihm das alles nicht mehr bedeutet, als jedes andere Partygespräch, aber mir schon.

Das Stechen meines Bauches erinnert mich daran, dass ich meinen Freund suchen wollte. Es fühlt sich wieder so an, als würde ich auf Watte laufen, aber diesmal ist es eine Müdigkeits-Watte. Zum Glück finde ich Markus relativ schnell, wie er draußen vor der Tür mit ein paar Freunden steht. Er ist auch sofort so rücksichtsvoll, dass er beginnt, sich von allen zu verabschieden, als ich sage, dass ich gern gehen würde. Trotzdem kommt es mir ewig vor bis wir endlich losgehen.

„Tut mir leid, dass wir nach Hause laufen müssen.", entschuldigt er sich bei mir, als wir schließlich allein die dunkle Straße entlang gehen. Seine Hand, die meine hält, gibt mir Kraft und Sicherheit.

„Ist schon okay Schatz, ich hab nur echt Bauchschmerzen, mir tut es leid, wenn ich jammere." Die kühle Nachtluft tut zwar schon gut, aber ich habe es tatsächlich etwas übertrieben heute. Markus bleibt kurz stehen und blickt mir in die Augen. Im Licht der Laterne sind sehen seine fast schwarz aus. Er gibt mir einen Kuss auf die Stirn.

„Wenn du nicht mehr kannst, dann trage ich dich." Wie selbstverständlich laufen wir Hand in Hand weiter. Es muss ein ungewöhnliches Bild sein, wenn jemand uns sieht. Was man sich dann wohl denken würde? Zwei Liebende mitten im nirgendwo, die zielstrebig und schnell die Straße heruntereilen, damit sie irgendwann noch mal zuhause ankommen.

Wir laufen durch einen Park, eine Gartensiedlung und über viele Straßen, bis wir schließlich bei dem Haus von Markus Eltern ankommen. Einmal muss er mich über eine Pfütze, die den gesamten Weg bedeckt, tragen, weil meine Schuhe sonst durchweichen würden. Doch seine Arme halten mich sicher. Bei ihm zuhause ist alles dunkel und leise und auch ich gebe mir Mühe niemanden aufzuwecken.

Markus lächelt mich an, als wir noch schnell beideZähne putzen und streichelt mich schließlich in den Schlaf. Er verlangt nichtsmehr von mir, sondern ist einfach nur da, während mir immer noch schlecht istvon dem vielen Essen. „Soll ich dir noch etwas zu trinken holen, Schatz?",fragt er als ich mich in seinem viel zu kleinen Bett an die Wand gequetschthabe. Ich nicke nur dankbar und flüstere: „Ich liebe dich." Für alles anderebin ich viel zu fertig. Und so dauert es nicht lange, bis ich in einenunruhigen, aber wohltuenden Schlaf falle. Ich fühle mich gut, weil ich weiß,ich habe meinen Fels in der Brandung neben mir liegen.


So, das war es erst mal mit dem ersten Teil der Geschichte, aber keine Sorge der zweite Teil geht sofort weiter :) Lasst mir gerne Feedback da!

Die Fehler in unseren HerzenWhere stories live. Discover now