🌑•Night Twenty-Eight•🌑

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Jeongin

Etwas unsicher folgte ich Felix, der mich an der Hand hielt und mit mir zusammen die große Halle des Schwimmbads betrat. Der Ältere hatte geschickt, als hätte er es schon einige Male zuvor getan, die Hintertür aufgebrochen und war mit mir hineingegangen, in der Umkleide hatten wir uns umgezogen und nun wollten wir uns Wasser gehen.

Und dabei klopfte mein Herz einfach nur unglaublich schnell und laut.

So viel Aufregung und Adrenalin wie an dem heutigen Tage hatte ich wohl noch nie zuvor in meinem Körper gespürt. Ständig hatte ich meine Eltern gebeten, dass wir nachts in einem Schwimmbad doch einmal schwimmen gehen sollten, jedoch hatten sie entweder keine Zeit gehabt oder es war an diesem Abend geschlossen gewesen. So oder so hatte ich nie die Chance gehabt, in das kühle Nass zu steigen und deswegen war meine Nervosität auch so unendlich weit angestiegen.

"Bist du bereit?", wollte Felix lächelnd wissen, als er prüfend einen Blick auf mich warf. Mühsam schluckte ich den Kloß in meinem Hals herunter, brachte nur ein Nicken zustande und verkrampfte meine Hand, da ich mich im Moment ziemlich unwohl fühlte. So viel Aufregung und Vorfreude war ich einfach nicht gewohnt und das hinterließ ein ekelhaft ungewohntes Gefühl in meinem Bauch, wodurch ich nichts tun konnte. Nicht einmal wirklich Felix folgen.

"Soll ich dich tragen?", wollte der Australier auf einmal von mir wissen und legte fragend seinen Kopf schief. Offenbar hatte er bemerkt, was bei mir das Problem war und nachdem ich noch einmal gezögert hatte, nickte ich zaghaft. Nur auf diesem Wege würde ich ins Wasser kommen, das war mit bewusst. Ansonsten würde ich kneifen.

"W-Wenn ich d-dir nicht zu schwer b-bin", brachte ich leise hervor und biss mir direkt danach auf die Lippe. Rasch wandte ich meinen Blick ab und versuchte nicht Felix' Sixpack anzustarren, das deutlicher nicht hätte sein können. Irgendwie war es mir tatsächlich unangenehm, dass er so bemuskelt war und ich einen recht schlechten Körper hatte, auch wenn es unbegründet war. Aber dennoch... fühlte ich mich nicht gut genug für ihn.

Wieso musste Felix auch nur so perfekt und so toll sein?

"Das bist du nicht", schmunzelte dieser und hob mich im nächsten Augenblick ohne zu zögern hoch. Ich gab ein überraschtes Quietschen von mir und hielt mich sogleich an ihm fest, was ihn noch viel mehr zum Schmunzeln brachte und tapfer trug er mich über die kleine Treppe ins Wasser. Augenzusammenkneifen funktionierte nicht mehr, ich wagte es, durch eines zu spicken und beobachtete, wie wir uns dem großen Becken immer weiter annäherten, bis Felix es schließlich betrat. Schritt für Schritt ging er tiefer hinein, bis das Wasser selbst mich erreichte und automatisch drückte ich mich mehr an ihn.

"Das ist kalt...", flüsterte ich leise. Mein Herz klopfte mir wieder bis zum Hals und ich versuchte mich auf Felix' sanfte, warme Stimme nahe meines Ohrs zu konzentrieren. "Keine Sorge, Kleiner, sobald wir drinnen sind, wird es schnell warm werden", versuchte er mich zu beruhigen. Der amüsierte Unterton entging mir zwar nicht, aber dennoch nickte ich bloß brav und versuchte mich zu entspannen, als wir letztlich ganz darin standen.

-

"Und? Wie ist es?" Felix' leuchtende Augen suchten meinen Blick und neugierig musterte er mich. Fröhlich planschte ich bereits im Wasser, innerhalb weniger Minuten hatte ich mich sehr hieran gewöhnt. Wir gingen absichtlich nicht tiefer ins Wasser, sondern blieben an den Stellen, wo es an meine Brust heran reichte und vergnügten uns hier. Tatsächlich machte es viel mehr Spaß, als ich anfangs gedacht hatte und schon jetzt begann ich das Wasser zu lieben.

Egal, ob das, was wir gerade taten, eigentlich verboten war, ich wollte es wieder und wieder tun.

Doch noch während ich und Felix hier unseren Spaß hatten und ich seinem wunderschönen Lachen lauschen durfte, fiel mir eine Kleinigkeit ein, die mich bedrückte. Obwohl Felix und ich inzwischen schon viel Zeit und mehr als nur ein paar Wochen miteinander verbracht hatte, hatte ich meine Aussage, ein Vampir zu sein, nie geändert. Ich hatte ihm nichts von meiner Krankheit erzählt und genau das machte mich irgendwie traurig. Schließlich hatte er am meisten von allen verdient, es zu hören.

"Ist... alles okay?", fragte mich der Ältere plötzlich, so als hätte er gespürt, dass etwas nicht stimmte. Ich ließ meine Arme sinken und senkte meinen Kopf ein wenig, bevor ich ihn schüttelte und leise seufzte. Er musste unbedingt die Wahrheit erfahren, das war mir bewusst... hoffentlich würde er nicht zu sehr nachfragen.

"Weißt du noch, als ich dir sagte, ich sei ein Vampir?", fing ich darum leise an. "Na ja... das stimmt nicht so ganz. Ich teile nur eine Eigenschaft mit ihnen, was dir inzwischen sicher aufgefallen ist. Ich habe eine sehr starke Sonnenallergie, Erythropoetische Protoporphyrie heißt sie und... sie ist es, die mich so sehr einschränkt. Vermutlich konntest du es dir längst denken und vielleicht hast du dich auch schon darüber informiert, aber ich hielt es für richtig, es dir direkt zu sagen..."

Meinen Kopf hielt ich weiterhin gesenkt, da mich ein beschämendes Gefühl heimgesucht hatte. Aus einem mir unerklärlichen Grund empfand ich Schuldgefühle, dabei war es ja nichts Schlimmes gewesen und das wusste ich. Doch das beklemmende Gefühl blieb trotzdem da... zumindest solange, bis Felix nach meinen Händen griff und näher an mich herantrat.

"Hey, Kleiner...", fing er an und hob eine seiner Hände an, um mein Kinn sanft nach oben zu drücken. Widerwillig schaute ich ihn an und erwartete - grundlos -, dass er wütend sein würde, allerdings lag auf seinen hübschen Lippen nur ein Lächeln. Ein Lächeln, welches voller Liebe und Verständnis war. "Das ist nicht schlimm, hörst du? Ich habe mir keine Gedanken mehr darüber gemacht und es wird auch nichts zwischen uns ändern, denn diese Art zu leben kenne ich mittlerweile. Mach dir keine Sorgen, Jeonginie. Ich bin dir wirklich nicht böse und es ist völlig okay für mich, dass du so lange gebraucht hast, es mir zu sagen... das hat sicher viel Überwindung gekostet."

Wie konnte jemand mit seinen Worten nur so sehr mitten ins Herz treffen?

"Ich hab dich lieb, hörst du? Und ich werde immer an deiner Seite bleiben... das verspreche ich dir", fügte er leise hinzu. Unsere Gesichter waren uns nun unfassbar nahe, mit jedem Wort war er ein Stück näher zu mir gekommen. Jedoch hatte ich nichts dagegen, es fühlte sich gut an, seine Körperwärme zu spüren und seinen angenehmen Duft einatmen zu können. Dazu dieses Knistern, das zwischen uns war und dieser Blickkontakt, der mich völlig in seinen Bann zog... das Kribbeln in meinem Bauch und das leichte Prickeln auf meinen Lippen, als ich registrierte, wie wenig Abstand zwischen unseren Lippen herrschte...

Moment.

Wollte er mich etwa... küssen?

Sunrise ★ JeonglixWo Geschichten leben. Entdecke jetzt