🌑•Night Thirty-One•🌑

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Felix

Als ich das nächste Mal meine Augen wieder öffnete, sah ich nichts als reine Dunkelheit und Schwärze. Gleichzeitig fühlte ich mich so kaputt und ausgeruht, doch mein Herz fing an durch die Panik schneller zu schlagen und sich nicht abreagieren zu können. Meine Erinnerungen waren durch den Schlaf vollkommen durcheinander und verschwommen, sodass ich mich panisch aufsetzte und nach irgendwas abtastete. Nicht einmal meine eigene Hand konnte ich durch die Dunkelheit sehen.

,,Felix-Hyung?" Als sich plötzlich eine Hand auf meine legte, quietschte ich vor Schreck laut auf und geriet leider in eine Art Schockstarre. Das Einzige, was ich noch hörte, war mein eigenes Blut in meinem Ohr rauschen und mein schnell schlagendes Herz, dass in meiner Brust saß. Angst war schrecklich und ich hasste es zutiefst. Ich hasste es, Angst haben zu müssen und wenn ich mich entscheiden könnte, dann würde ich sie für immer entfernen. Aber das konnte ich nicht. Irgendwo war sie ja auch ein verdammter Schutzmechanismus.

,,Hyung!"

Warme Hände legten sich auf meine Wangen und langsam registrierte ich, dass ich nicht alleine war, sondern auf einem Bett und in einem Zimmer saß. Es war noch immer dunkel, kein einziges Licht brannte und ich realisierte erst jetzt, dass es wohl noch Nacht sein musste. Tief atmete ich durch und versuchte mich auf die Person vor mir zu konzentrieren, die sich als Jeongin herausstellte. Und erst, als Jeongin wohl ein Nachtlicht anmachte, verschwand meine Angst nacheinander. Gott, mir war das hier so peinlich. Fast hätte ich vor Jeongin das Weinen angefangen und nun hatte er auch gesehen, wie stark ich eigentlich auf die Dunkelheit reagierte. Verdammt.

,,Felix... warum hast du nie gesagt, dass du dich vor der Dunkelheit fürchtest?", fragte mich der Jüngere leise und ich zuckte ertappt zusammen. Eigentlich hatte ich eine Ausrede parat gehabt und zwar, dass es nur ein Albtraum gewesen war. Doch Jeongin ließ sich nicht täuschen und hatte sofort herausgefunden, was mich wirklich belastete. Dabei konnte ich in seiner Gegenwart meine Angst vergessen und mich wirklich gut fühlen. Ich fühlte mich sicher und das bewies mir auch nur, dass Jeongin mich beschützte und nicht andersrum.

,,Ich habe mich geschämt", gestand ich ihm leise und hob vorsichtig meinen Blick. Sofort trafen meine Augen auf seine und ich schluckte schwer, fürchtete, dass er mich auslachen würde oder es nicht ernst nehmen würde, aber davon war nichts zusehen. Stattdessen erkannte ich Sorge und Verständnis in seinen Augen, dass gleich alles erleichterte. Erneut musste ich mir eingestehen, wie viel er mir bedeutete und dass ich ihn niemals verlieren wollte. Das würde ich nicht überleben. Definitiv nicht. Und darum musste ich alles tun, damit er bei mir blieb und mich nicht alleine ließ.

,,Magst du mir erzählen, wieso du Angst hast?" Es war nur eine einfache Frage und doch hinterließ sie etwas in mir, das ich nicht wollte. Das Gefühl von Schwäche und doch wusste ich, dass ich darüber reden sollte. Es war weniger ein Trauma, sondern einfach nur eine schlechte Erinnerung, die ich vergessen wollte. Eine Erinnerung, die ich nicht brauchte und nicht in meinen Gedanken oder in meinem Leben haben wollte.

,,In Australien habe ich mich mal mit Jungs angelegt, die das Ganze nicht so toll fanden", erzählte ich ihm also leise und spürte direkt eine Erleichterung. Es tat irgendwie doch gut, darüber zu reden. ,,Eines nachts haben sie mich sozusagen 'entführt' und in einen Wald geschleppt. Es sollte eine Mutprobe werden, ob ich es würdig bin, von ihnen überhaupt beachtet zu werden. Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, dann ist das richtig dämlich. Sie meinten, dass ich nur zwei Stunden Zeit habe, den Wald zu verlassen. Sie selbst sind mit dem Auto weggefahren und ab diesem Moment war ich alleine. In einem dunklen, dichten Wald und natürlich habe ich mich verlaufen. Da ich nichts sehen konnte, bin ich einen Hügel hinunter gefallen und habe mir dabei den Fuß gebrochen, wodurch ich eine lange Zeit nicht tanzen konnte. Somit verbinde ich mit der Dunkelheit nur Schmerzen und Angst..."

Die ganze Zeit über schwieg Jeongin und sagte nichts dazu, aber vielleicht war es auch besser so. Er musste nichts sagen und er brauchte auch nichts sagen. Wir beide wussten, dass ich Mitleid nicht wollte und auch nicht annehmen würde und stattdessen spürte ich, wie er mich vorsichtig in seine Arme zog. Eine Welle der Wärme überkam mich und fast schon, als wären wir zusammen oder ich sein kleines Baby, drückte ich mich an ihn und atmete tief seinen Duft ein. Hatte ich mal erwähnt, dass er nach Kirschen duftete? Das würde wohl mein Lieblingsgeruch werden. Sanft streichelte Jeongin über meinen Rücken und ließ damit zu, dass ich die Dunkelheit vollkommen vergaß. Denn jetzt zählten nur noch er und ich... das war wirklich schön.

,,Keine Angst, Hyung... ich bin da und die Dunkelheit wird dir nichts tun können."

Sunrise ★ JeonglixWhere stories live. Discover now