Kapitel 5 ~ Damian

20 4 2
                                    

Zufrieden betrachtete Damian, wie der Mann hinter ihm zusammenbrach. Er hörte, wie sein Freund seinen Namen rief, doch der Betroffene konnte ihn wahrscheinlich schon nicht mehr hören. Damian nickte zufrieden und drehte sich wieder um, sodass er mit den dunklen Schatten Detroits verschmolz. Er hatte seinen Auftrag ausgeführt und alles was er nun tun musste, war seinen Erfolg dem Großmeister zu berichten. Für den Jungen hatte heute ein neues Kapitel in seinem Leben angefangen, dessen Ende noch nicht geschrieben war. Doch Damian kümmerte sich nicht um das Schicksal dieses Rekruten. Er hatte nichts mit ihm zu tun und das war auch das Letzte was er wollte. Zudem hatte er wichtigeres zu tun, als sich um das armselige Leben eines Fremden zu kümmern.

Zufrieden mit sich selbst, dass es ihm wieder einmal gelungen war, einen Auftrag erfolgreich abzuschließen, bog er in eine dunkle Gasse ein, die Richtung Stadtrand führte ein. Doch schnell merkte Damian, dass er nicht allein war. Der kühle Wind wehte den unangenehmen und allzu vertrauten Geruch von Lichtwesen heran. Dieser süßliche Gestank, der abscheulicher war, als ein Berg tausender verwesender Leichen umfing seine Nase und der Hass auf diese Wesen stieg wieder in ihm auf. Bilder schossen ihm durch den Kopf: Bilder von Schlachten, in denen die Lichtwesen, besudelt mit dem schwarzen Blut ihrer Gegner, erhobenen Hauptes zusahen, wie ein halbes Volk ausgelöscht wurde. Bilder von dem Leiden seines Volkes.

Damian hörte, wie sich Schritte von hinten näherten und sich augenblicklich seine Muskeln anspannten. Er spürte wie sich ein Kribbeln durch seinen Körper fuhr und sich in seinen Händen zentrierte. Seine Magie hatte sich gesammelt, sodass er bereit war seinem Feind gegenüber zu treten. „Ich hatte gedacht, jemand wie du, wäre vorsichtiger, wo du doch selber weißt wie gefährlich es ist, zu dieser Zeit noch durch verlassene Gassen zu streunern." Die Stimme des Mannes war jung und stark, doch er schien noch unerfahren zu sein, ein Attribut, das nicht wirklich zu Damian passte. „Für dich vielleicht! Wie alt bist du? Sechzehn? Siebzehn?" Damians Stimme blieb kalt und emotionslos. Er wusste, wie er einen Gegner zu provozieren hatte, bis dieser unvorsichtig wurde. Wenn er eines in der ganzen Zeit gelernt hatte, in der nun schon auf dieser Erde wandelte, dann, dass die Macht des Wortes manchmal tiefere Wunden hinterließ, als dass es ein Schwert vermocht hätte. Die Kunst des Duells lag darin, den Gegner leichtsinnig werden zu lassen und Damians Gegenüber war auf dem besten Weg dazu. „Was wollt ihr von mir? Glaubt ihr, ich hätte Angst vor euch?" Die Stimme des jungen Mannes hob sich und ein leicht verwirrter Unterton schlich sich in seine Worte. Damian stieß ein solch kaltes Lachen aus, sodass selbst die eisige Luft um sie herum warm wirkte. „Spiel dich nicht auf! Übermut lässt dich nur noch tiefer fallen und, glaub mir, was du dort finden wirst, wird dich wünschen lassen, du wärst nie geboren worden!" Damian drehte sich langsam um und musterte den Mann. Er war nicht besonders groß und seine braunen Haare fielen ihm in wilden Locken in die Stirn, was ihn nur noch kleiner aussehen ließ. Wahrscheinlich war er um die zwanzig, doch ihm fehlte das nötige Auftreten, um in Damian auch nur das kleinste Gefühl der Angst aufkommen zu lassen. Doch plötzlich fiel ihm auf, dass die Lederjacke an seiner linken Brustseite ausgebeult war, was darauf schließen ließ, dass er eine Schusswaffe bei sich trug.

Damian konzentrierte sich voll und ganz auf seine sich bündelnde Energie, die unter seinen Handflächen pulsierte. Enttäuscht schüttelte er den Kopf: Er hatte gedacht, sein Gegenüber wäre nicht so leichtsinnig gewesen. Es war klar worauf er aus war und Damian hatte kein Problem damit, es ihm zu geben. „Du hast es doch nicht anders gewollt, oder? Ein weiteres sinnloses Gefecht in einem ewig währendem Krieg – ist es das nicht?" Der Junge lachte und stieß ein höhnendes Gelächter aus: „Oh, es ist so viel mehr als das! Ihr unterschätzt uns! Du unterschätzt mich! Ich verspreche dir, heute Nacht wird jemand sterben und ich werde das nicht sein!" Und damit ballte er seine Fäuste und entlud einen Stoß heller Energie gegen Damian. Doch dieser hob mühelos seine Hand und ließ die helle Wolke zu einzelnen Molekülen zerbröseln. Er spürte, dass er um einiges stärker war, als sein Feind, doch er durfte nicht zu unachtsam werden. Das Lichtwesen vollführte wieder einen Stoß gegen Damian, doch diesmal war er um einiges stärker und Damian taumelte leicht zurück. Damians Abwehr war noch nie so stark gewesen, doch er spürte, dass es nun an der Zeit war, dass er seinem Gegner zeigte, wer dieses Duell anführte. Er hob seinen Arm und augenblicklich überzogen von seiner Hand abwärts dunkle Schatten seinen Arm und bildeten einen undurchdringlichen Schuppenpanzer. In seiner Hand bildete sich auf einmal ein schwarzer Dolch, welcher all die Dunkelheit in sich zu zentrieren schien. Wie aus dem Nichts sprang Damian plötzlich nach vorne und rammte den Dolch seinem Gegner tief in den Bauch. Der junge Mann hatte kaum die Möglichkeit zu schreien, nur ein leises Röcheln kam aus seiner Kehle. Damian zog den Dolch wieder aus dem Leib des Mannes, aus dem jetzt eine gelblich bis weiße Flüssigkeit rann. Doch dieser nahm plötzlich Damians Arm und ließ all seine Kraft in ihn fließen und schleuderte ihn über seine Schulter auf den Gehweg hinter ihm. Damian stöhnte und fasste sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an seinen Arm, der nun Brandspuren aufwies. Mühsam stand er auf und ließ dabei seine Energie sich wieder in seinem ganzen Körper verteile, sodass sein Schattenpanzer ebenfalls in einer schwarzen Wolke verschwand.

Er wusste, dass sein Gegner schwer getroffen war und spürte, dass er hinter ihm am Boden lag. Er hörte das schmerzverzerrte Winseln des Mannes und vernahm den beißenden Geruch vom Blut der Lichtwesen. Wie es schien war der Kampf beendet. Völlig außer Atem stieß Damian die Luft aus, die sofort kleine Rauchwölkchen in der kalten Luft vor seinem Mund bildete. Es war vollkommen still. Nur sein eigener Atem und das leise Jammern seines Kontrahenten waren in der Dunkelheit jener Stunde zu hören, als plötzlich drei laute Schüsse die Luft zerrissen.

Damian spürte wie das Blei in seinen Körper eindrang und in grausamer Präzision sich in sein Fleisch bohrte. Wie durch einen Tunnel hörte er, wie sein Gegner hinter ihm in ein dröhnendes Gelächter verfiel und sich langsam von ihm entfernte. Plötzlich spürte er wie er auf dem Boden aufschlug und sich seine Hände auf dem kalten Asphalt abstützten. Ein brennender Schmerz durchströmte seinen Körper. Reflexartig griff er sich an seine Seite und spürte, wie etwas Warmes seine Hand hinabfloss. Er hatte seinen Gegner unterschätzt und er spürte, dass er nicht mehr viel Zeit hatte. Er drohte in der Sanduhr seines Lebens, gefüllt mit seinem Blut, zu ertrinken. Mit letzter Kraft hob er die Hand und verschwand in einer schwarzen Rauchsäule.

Damian fand sich in der großen Halle der Katakomben wieder als der Rauch langsam verflog. Es war bereits spät und die Studenten hatten sich bereits in ihre Gemächer zurückgezogen. Nur vereinzelt liefen ein paar Lehrer durch die Halle, doch sie schienen Damian nicht zu bemerkten. Er stützte sich an eine der Säulen und versuchte seine Wunden zu bedecken. Es waren drei präzise Schüsse gewesen. Nicht sofort tödlich, doch so quälte es ihn noch mehr. Alles was er nun tun musste, war zu den Gemächern des Großmeisters zu gelangen, doch einer der Schüsse hatte in seinen Oberschenkel getroffen und der Schmerz ließ ihn mit jedem Schritt zusammenzucken. Damian konnte kaum mehr sehen, wohin er lief und der Blutverlust schwächten ihn sosehr, dass er sich kaum mehr auf den Beinen halten konnte, doch irgendwann sah er vor sich die dunkle Holztür, die zu den Gemächern des Meisters führte. Es kostete ihn fast all seine Kräfte, die Tür aufzudrücken, doch als er es geschafft hatte, wurde er bereits erwartet.

„Damian, du kommst spät! Ich hätte gedacht, das würde schneller gehen!" Die kühle Stimme des Großmeisters dröhnte durch das kleine Wohnzimmer und ließ Damian erschaudern. Sein altbekannter Hass auf diesen Mann stieg erneut in ihm auf und er presste seine Zähne zusammen. Zum einen wegen der Wut, die in ihm aufkeimte, zum anderen wegen dem Schmerz und der Schwäche, die langsam Herr über ihn wurden. Er spürte, dass seine Beine unter seinem Gewicht nachzugeben drohten, doch er musste zumindest noch diesen letzten Auftrag zu Ende bringen: „Ich habe den Euren Auftrag ausgeführt. Ich..." Doch weiter kam er nicht, denn plötzlich spürte er wie seine Beine unter ihm wegsackten und ihm schwarz vor Augen wurde. Den dumpfen Schlag, als er auf dem Boden aufschlug spürte er schon nicht mehr.

Você leu todos os capítulos publicados.

⏰ Última atualização: Sep 13, 2019 ⏰

Adicione esta história à sua Biblioteca e seja notificado quando novos capítulos chegarem!

The Lord of the NightOnde histórias criam vida. Descubra agora