Der Beginn von Ragnarök - Teil II

584 33 1
                                    

In Lokis Kopf begann es zu schwirren, als Jarvis ihnen verkündete, dass Thor im Stark Tower auf sie wartete. Was konnte sein Bruder hier wollen? War er hier, um ihn zu holen... damit man ihn in Asgard hinrichten konnte? Nur, wenn dem so war: aus welchem Grund? Er hatte niemanden getötet, und sah man davon ab, dass er einige ziemlich grosse Staubhaufen hinterlassen hatte, der Erde auch nicht geschadet.

Loki merkte, wie ihm der kalte Schweiss ausbrach, je näher sie dem Tower kamen. Wieder überfiel ihn die Erinnerung an das letzte Mal, als er Thor gesehen hatte: diese kalten, mitleidlosen Augen voller Abscheu... Er würde diesen Blick nie im Leben vergessen!

Wenn er nicht genau gewusst hätte, dass Thor ihn überall finden würde – Magie hin oder her – wäre er abgehauen. Nicht mal Starks 'Spielzeug' hätte ihn daran hindern können. Aber weil er genau wusste, dass es sinnlos wäre, blieb er im Jet sitzen.

Einmal im Stark Tower angekommen, beachtete ihn Thor zunächst gar nicht. Er begrüsste die Avengers voller Herzlichkeit und fiel dann aus allen Wolken, als er Coulson erblickte. Zweimal fragte er ihn, ob er es wirklich war, und lauschte fassungslos der Geschichte seiner 'Wiederauferstehung'. Dabei blendete Coulson geflissentlich die Tatsache, dass er sein Leben Lokis Blut verdankte, aus. Loki nahm es ihm nicht nur nicht übel sondern war sogar dankbar dafür, dass er es nicht erwähnte.

Er betrachtete Thor von der Seite, und nach den ersten Minuten (in denen er es kaum geschafft hatte, ihn anzuschauen, ohne dabei zu zittern), konnte er ihn objektiver mustern – und stellte fest, dass er ziemlich blass und gehetzt wirkte. Ausserdem müde und nervös. Na sowas... So hatte er Thor noch selten erlebt. Oder, wenn er ehrlich sein wollte: noch nie!

Was um alles in der Welt war denn mit seinem Bruder los?

Er erfuhr es – wie alle anderen – gleich.

«Loki hat seine Kraft zurück, wie ich sehe.» Dass Thor das wusste, überraschte nicht wirklich. Die nächsten Sätze dagegen sehr: «Das ist gut. Ich brauche ihn. Du leihst ihn mir doch aus, Stark?»

Die Worte liessen Loki einen Schritt zurück taumeln. Obwohl es weniger die Worte waren als die Tatsache, dass Thor über ihn sprach, als wäre er ein Gegenstand, den man benutzen konnte. Ihm fuhr ein Stich durchs Herz, und so sehr er sich auch dafür verachtete: er schaffte es nicht, dem mit Gleichgültigkeit zu begegnen. Doch was ihn mindestens ebenso schockte, war dieses 'ich brauche ihn'... Wozu sollte der mächtige Donnergott wohl seinen unwürdigen Bruder brauchen können? Zumal Thor ja gar nicht wusste, wie gross seine Fähigkeiten wirklich waren... Schliesslich hatte er sich diesbezüglich nicht nur auf der Erde zurückgehalten, damals bei seinem Angriff auf New York. Nein, auch in Asgard kannte niemand das wahre Ausmass seiner Macht. Warum also sollte Thor ihn nötig haben – zumal er doch die 'grossen Drei' und Lady Sif an seiner Seite wusste?

Überrascht stellte er fest, dass Stark genauso betroffen schien von der Art, wie Thor ihn, Loki, behandelte... Oder eher nicht behandelte, indem er eben so tat, als sei er gar nicht anwesend. Er fing Iron Mans Blick auf, in dem er Beklemmung las.

Aber das wurde alles schlagartig nebensächlich, als Thor von Ragnarök sprach...

War er verrückt geworden? Ragnarök stand nicht bevor, konnte nicht bevorstehen... Den Beginn davon hätte er, Loki, als Magier nämlich merken müssen.

Es sei denn...

Er schalt sich einen Narren. Die Anfänge spüren konnte er, klar. Es sei denn, es hatte begonnen, ehe er seine Magie zurückerhalten hatte. Doch wenn dem so war, dann hatte Ragnarök nicht begonnen...

...sondern war schon im Gange!

Nur, was bedeutete das genau? Es gab mehrere Möglichkeiten, wie Loki wusste. Welche davon traf zu? Aber als er all seine Kraft zusammennahm und Thor die Frage stellte, beantwortete er sie ihm nicht.

Loki: Versklavt!Where stories live. Discover now