1 | Kämpferin

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"Reva du musst ruhiger werden. Deine Bewegungen sind zu hektisch.", höre ich meinen Trainer sagen und halte einen Moment inne.

In dieser Sekunde der Unachtsamkeit bringt er mich mit einem gekonnten Schlag zur Strecke und liegt über mir, das Messer an meiner Kehle.

"Egal was dein Gegner sagt: Höre niemals auf ihn.", lacht er und lässt von mir ab.

"Na vielen Dank auch.", sage ich mürrisch.

Es ist mir peinlich, dass ich mich habe ablenken lassen. Normalerweise bin ich hochkonzentriert wenn ich an der Akademie bin. Heute nicht und das liegt wohl daran, dass ich in der Nacht kaum geschlafen habe.

Es ist kurz vor der Ernte. In drei Tagen geht es los. Meine Aufregung steigt ins Unermessliche.

Mir ist klar, dass jeder aus Distrikt 2 weiß, dass ich antreten werde. Jedes Mädchen zuckt vor mir zurück, ich bin die geborene Kämpferin. Die geborene Siegerin. Dazu wurde ich erzogen.

Ich bin das einzige Kind meiner Eltern, das heißt ich muss ihnen endlich Ehre machen, nachdem ich 18 Jahre lang nichts getan habe außer zu trainieren.

"Ich muss noch zu einer anderen Station. Der Bogen macht mir manchmal noch Probleme.", nuschle ich ihm zu und gehe mit gesenktem Kopf weg von der Nahkampf Station. Ich hoffe inständig, dass nicht allzu viele gesehen haben, dass ich mich von einem Trainer habe niederstrecken lassen.

An der Bogenstation steht ein Mädchen, vielleicht 14 Jahre alt. Als sie sieht, dass ich auf sie zu komme reißt sie ihre Augen weit auf, lässt den Bogen in ihrer Hand fallen und läuft davon.

Ich schüttele den Kopf. Sie wird niemals eine Siegerin, wahrscheinlich wird sie niemals zu den Spielen gelangen. Sie hat viel zu viel Angst.

Wenn ich mit 14 weggerannt wäre, würde ich längst nicht mehr trainieren und ganz sicher wäre ich nicht so gefürchtet wie jetzt. Alle haben Respekt vor mir und jeder kennt meinen Namen.

Sie wissen, dass man sich mit mir nicht anlegt. Was vor allem vor drei Jahren bestätigt wurde, als ich ein Mädchen namens Jess niedergestreckt habe.

Ich erinnere mich genau daran, dass sie mich angemacht hat, weil ich schon einige Stunden an der Messerstation trainierte und sie dachte sie wäre an der Reihe, doch ich machte keinen Platz.

Sie verdrehte mir meinen linken Arm, ein Fehler, denn in der rechten Hand war mein Messer.

Ich schlug ihr gezielt mit dem Fuß vors Knie, sie stöhnte auf und ließ ihren Griff locker. Das war der Moment als ich mich zu ihr umdrehte und ihr mein Messer in die rechte Schulter rammte.

Ihr Schrei war laut und voller Schmerz, doch es ließ mich kalt, denn niemand griff mich einfach so an.

Natürlich habe ich Ärger bekommen, vor allem weil sie wohl eine große Hoffnung für unseren Distrikt war, doch das war für mich nicht wichtig. Denn ich sollte die Hoffnung für unseren Distrikt sein. Ich war diejenige, die glorreich nach Hause zurückkehren sollte.

Und das werde ich.

Noch drei Tage und dann werde ich das Kapitol sehen. Noch drei Tage und ich werde von aller Welt beachtet. Die Aufmerksamkeit wird auf meiner Seite sein und dann kann ich endlich allen zeigen was wirklich in mir steckt.

Die 69. Hungerspiele werden eine Siegerin aus Distrikt 2 haben.

Ich spanne den Bogen, lasse los und treffe ins Schwarze.

Immer und immer wieder ziele und treffe ich. Nach einer halben Stunde wird mir langweilig.

Gerade als ich mich dazu entschließe aufzuhören und zu den Duschen zu gehen steht Tian hinter mir.

Er hat vor vier Jahren die Hungerspiele gewonnen und schleicht immer mal wieder in der Akademie herum. Ich weiß, dass er potenzielle Tribute manchmal alleine trainiert, doch er hat nie Interesse an mir gezeigt.

"Reva Scott, richtig?", sagt er und seine Stimme klingt irgendwie drohend.

"Tian Bower, richtig?", antworte ich ihm mit einer ebenso stark klingenden Stimme.

Er hebt eine Augenbraue und dann lächelt er. Und das Lächeln erreicht sogar für einen Moment seine Augen.

"Morgen um 9 Uhr vor dem Wurfstand für die Messer. Ich will sehen was du kannst und was ich dir noch beibringen kann.", nachdem er diesen einen Satz gesagt hat dreht er sich um und geht davon.

"Okay.", obwohl ich weiß, dass er mich längst nicht mehr hören kann antworte ich.

Tian Bower will mit mir trainieren.

Völlig benebelt gehe ich zu den Duschen.

Völlig benebelt gehe ich zu den Duschen

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Reva Scott - Geboren um zu SiegenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt