Margot

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Margot schaute nach rechts und sah ihre beiden Freundinnen, die eine mit mehr Sommersprossen im Gesicht als Sterne am Himmel, die andere mit einer Universitätslektüre unter dem Arm, und wie ihre großen Augen die Bewegungen der Sportler verfolgten; die bläulichen Adern, die muskulösen Arme, die kräftigen Beine, die zum Basketballkorb sprangen.
Als Margot jünger war, sagte ihre Großmutter mit ihrem freundlichen, faltigen Gesicht, dass sie später ohne Mühen einen netten Mann finden würde. Immer, wenn sie davon anfing, dass ihr Traumprinz irgendwann auf einem Schimmel angeritten kommen würde, schaute sie zu ihrem besten Freund, Jonathan, der neben ihr einen Comic las, und in genau diesen Momenten wünschte sich Margot, dass er sie nicht mehr bat, sie zum Reitstall zu begleiten.
Sie wollte eine Prinzessin.
„Hey, Prinzessin."
Jonathan riss Margot aus ihren Tagträumen als ihr auffiel, wie schön die weichen Gesichtszüge ihrer Freundin Ethel waren.
Er hatte ihr schon unzählige Male klar gemacht, dass sie normal war. Dass sie verwirrt war und ihre Gefühle daran lagen, dass er, als sie klein waren, ihr zu oft die verbotenen Magazine seines Vaters zeigt hatte. Er erinnerte Margot an die glänzende Kreuzkette, die um den Hals ihrer Mutter hing, und dass er sie liebte.
Und er hatte Recht. Margot und Jonathan würden zum Abschlussball gehen, zusammen studieren, in ein Einfamilienhaus mit einem schönen Vorgarten ziehen, zwei oder drei Kinder bekommen.
Er konnte nicht ihren Kopf aufschrauben und ihre Träume sehen. Und auch nicht diese elektrischen Schmetterlinge in ihrer Bauchgegend wahrnehmen, wenn Ethel lächelte.
„Hey, Jonathan."
Das Mädchen stand auf und nahm seine Hand.Und sie redete sich weiter ein, dass sie glücklich war, und immer, wenn sie die Abschlussballflyer sah, wusste sie, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte – doch sie war sich nicht sicher, ob sie damit den Jungen oder die Farbe ihres Kleides meinte.

Ich.Where stories live. Discover now