10. Doppelmoral

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Am nächsten Tag fand ich mich an einer fremden Oberschule in Tokio wieder.

Shinzen.

Unter anderen Umständen wäre ich vielleicht sogar an dieser Schule gelandet. Das Team der Nekoma war sehr offen mir gegenüber, obwohl ich mich immer noch echt jämmerlich mit Small Talk oder Augenkontakt anstellte. Vielleicht waren sie durch Kenma an solch ein Verhalten gewöhnt, aber sie nahmen mich in ihrer Mitte auf. Dass sie beschlossen ihr Training mit einem Lauf zu beginnen, nutzte ich als Anlass mich ihnen anzuschließen. Laufen würde mir immerhin helfen die Ausdauer beizubehalten.

Allerdings war ich danach auf mich allein gestellt. Um etwas Mut zu sammeln atmete ich einmal tief durch und ging zu einer Gruppe von Mädchen. Wenn ich mich recht erinnerte, waren sie die Managerinnen der anderen Teams. Auch sie hatten mich wohl nicht vergessen und banden mich in das laufende Gespräch mit ein. Dadurch, dass wir eine Gruppe waren, musste ich niemanden direkt ansehen, sondern konnte meinen Blick schweifen lassen.

"Hey sag mal, bist du eigentlich jetzt Nekomas Managerin?"

Plötzlich sahen mich alle anwesenden an. So viel zum Thema in der Gruppe untergehen. Nervös schluckte ich und achtete auf meine Worte: "I-ich.. ähm... nein. Ich b-bin einfach nur eine Schülerin von Karasuno und die... haben schon zwei Managerinnen...", unsicher sah ich auf den Boden.

Doch die Managerin von Shinzen zog schon die Aufmerksamkeit auf sich: "Oh richtig, müssten die nicht auch bald auftauchen?"

Wow, ich hatte es tatsächlich geschafft einigermaßen zu reden. Und ich war nicht weg gerannt! Ein kleiner Erfolg! Zufrieden lächelte ich für mich selbst und folgte weiter dem Gespräch. Ehrlich gesagt kam ich mir nach wie vor schäbig vor. Nicht einmal als ich wusste, dass ich hier zu dem Trainingscamp kommen würde, hatte ich mich bei ihr gemeldet. 

Vielleicht merkte sie ja auch gar nicht, dass ich hier bin, wenn ich die ganze Zeit nur bei Nekoma blieb? Ich schüttelte den Kopf, das war bescheuert. Spätestens wenn Nekoma gegen Karasuno antrat würden wir uns gegenüberstehen. 

"Sayuri?"

Vor Schreck zuckte ich zusammen. Ungelenk drehte ich mich um: "Yachi... hi~"

Normalerweise war sie eine der wenigen Personen, mit denen ich mich ganz normal unterhalten konnte. Aber jetzt hatte ich keine Ahnung, wie ich mich ihr gegenüber verhalten sollte.

"Du bist doch gekommen!", glücklich schloss sie mich in die Arme.

"Jaaa~...", halbherzig tätschelte ich ihr den Rücken.

Vermutlich dachte sie ich hätte mich einfach nur umentschieden. Mein schlechtes Gewissen übermannte mich.

Grinsend löste sie sich: "Komm mit, wir feuern die Jungs an!"

Doch ich rührte mich nicht vom Fleck, sie blieb stehen und sah mich abwartend an.

"Weißt du.... ich... ich bin eher gezwungenermaßen hier... und das als... als Gast von Nekoma.", unsicher kratzte ich mich am Kopf.

"NEKOMA?", jetzt wirkte sie entsetzt.

Okay, hier zu sein obwohl man nein sagt ist okay. Hier zu sein aber als Gast einer anderen schule ist nicht okay. Merken.

"K-Kenma ist mein Cosuin.", ich drückte die Spitzen meiner Zeigefinger gegeneinander. 

Saeko hatte ich schon beim letzten Mal davon erzählt, meiner besten Freundin nicht.

"Der Zuspieler?" 

Ich nickte.

"Wow, das wusste ich nicht. Bist  du deswegen doch noch mitgekommen?"

"Irgendwie...", Sayuri! Reiß dich zusammen und spuck es aus "Meine Mutter ist auf Geschäftsreise, deswegen musste ich bei Verwandten unterkommen. Aber der ist ja hier...", plapperte ich viel zu schnell drauf los.

Auf ihrem Gesicht zeigte sich reines Verständnis: "Oh... du hättest dich wohl lieber für dein Turnier gewappnet, oder?"

Abwertend zuckte ich mit den Schultern: "Schon okay."

Mit diesen Worten schnitt ich mir ins eigene Fleisch. Es war ganz und gar nicht okay. Mit jeder Sekunde, die ich hier war, verlor ich Trainingszeit und der Abstand zu meinen Kontrahentinnen wurde größer. 

"Ich hoffe du bist trotzdem für uns.", sich zwinkerte.

"Klar, ich muss doch meine Schule unterstützen."

Mehr war es im Moment wirklich nicht. Die Unterstützung meiner Schule, denn die Mitspieler... die nahmen vermutlich kaum Notiz von mir. Wie ich allerdings feststellen musste, brauchten die Jungs jede Unterstützung, die sie bekommen konnte. Was war denn mit denen passiert?! So schlecht haben sie doch neulich nicht einmal gespielt. Besorgt verfolgte ich nun auf der anderen Seite der Halle das Spiel von Karasuno. Nekoma direkt vor meinen Augen nahm ich kaum war.

Als der Satz vorbei war und Nekoma ihre Pause hatte, konnte ich nicht mehr ruhig stehen bleiben. Eilig rannte ich zu der blonden Managerin: "Yachi, was ist denn mit unseren Jungs los?"

"So genau kann ich das auch nicht sagen."

"Wie viele Sätze haben die schon gespielt?"

"Das ist der dritte... und es wäre der erste den sie gewinnen."

Wir sprachen beide ohne den Blick vom Spielfeld zu lösen. Obwohl ich mich selbst belog indem ich mir immer wieder sagte, dass ich nur meiner Schule einen Sieg erhoffe, fieberte ich bei jedem Ballwechsel mit.  Doch auch diesen Satz verlor unser Team. Auf dem Weg nach draußen, wo jeder Verlierer den Hügel hinaufsprinten muss, entdeckte mich Nishinoya. Mitten in seiner Bewegung blieb er stehen und starrte mich an. Um seinem Blick auszuweichen, wandte ich mich an Yachi: "Ich gehe wohl besser wieder. Nishinoya scheint meine Existenz nicht zu gefallen. Wir reden später, ja?"

Noch bei meinen letzten Worten war ich schon losgelaufen. Erst bei Nekoma angekommen wagte ich einen Blick zurück. Inzwischen waren Nishinoya und Yachi in ein Gespräch vertieft. Ob er sie wohl fragte, was ich hier wollte? Eilig schüttelte ich den Kopf und damit die Gedanken ab.

Mein Fehler war, dass ich noch einmal einen Blick hinüber wagte, Nishinoya und Tanaka hielten gerade einen der anderen Spieler von Kiyoko fern. Lautlos seufzte ich und kehrte der Szenerie den Rücken zu. Egal wer sich der Drittklässlerin näherte, die beiden waren immer zur Stelle. Noya - nein Nishinoya war immer zur Stelle. Er tat alles für sie. Lief ihr nach. Freute sich wenn sie ihn ignorierte. Und mich? Mich schien er zu hassen. Reflexartig griff ich mir an die Brust. Dieser merkwürdige Schmerz war wieder da gewesen. Was war das?

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>.< ahhhh

Ähm.. ja... ich weiß auch nicht genau was ich sagen soll.

Nicht hauen bitte >.<

*unauffällig ein Tablett mit Tee hinstell*

Come backWo Geschichten leben. Entdecke jetzt