Neue Wege gehen

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"Hey, er ist wach. Also komm, kümmere dich bitte um ihn. Du hast ihm schließlich eine über gebraten!" Jace wirkt angespannt und verärgert, doch sehe ich in seinem Blick, wie viel Liebe und Hingabe zu dem anderen Mann, darin steckt. Ich kenne den Blick nur zu gut, denn ich selbst sah Alecsander so an. Aber das ist nun Vergangenheit. Gegenwart ist nun das hier und jetzt, in der ich in diesem Bett liege und der Mann mit den langen schwarzen Haaren zu mir heran tritt. Einige Strähnen schimmern leicht blau, während die sonne drauf fällt. Seine ruhigen braunen Augen mustern mich, während seine Hand an seinem Kinn liegt und nachdenklich drüber fährt. Sein Teint wirkt ein wenig südländisch. Fast als hätte er ein wenig mehr sonne abbekommen als Jace. Auf den ersten Blick wirkt er sympatisch und naja...nicht gefährlich. Aber die Tasche neben meinem Bett sagt mir, dass er in weitester Entfernung ein Kollege von meinem idiotischen Schwarm ist, weshalb meine Sensoren auf Alarmbereitschaft stehen. Selbst als er mich anspricht und seine nette, warme Stimme zu mir dringt, bleibe ich auf Angriffskurs. "Mein Name ist Meliorn Seelie. Ich bin Arzt. Auch wenn..." "Wenn Sie mich, mit was auch immer brutal nieder geschlagen habe, weil ich einfach nur zur Tür hereingekommen bin?", beende ich skeptisch seinen Satz. Ich bin Arzt....was ein beschissener erster Satz. Ich weiß, er hat es sicher nicht mit Absicht getan, aber ich mag ihn jetzt schon nicht. Nein, ich mag Ärzte generell nicht mehr! Jace seufzt und sieht mich entschuldigend an. "Er hat es sicher nicht mit Absicht gemacht. Er hat es falsch interpretiert....", versucht der Blonde sich mir gegenüber zu erklären, während ich schnaubend bei Seite gucke. "Was soll ich denn bitte schön getan haben, was man falsch interpretieren kann?", maule ich leise und lasse mir widerwillig den Blutdruck messen. "Du hast dir meinen Freund beim onanieren angesehen! Ich dachte du..." "SIE....wir sind immer noch beim SIE!", unterbreche ich Meliorn zum zweiten Mal. Oh ja...das DU kann er sich tief in seinen Arztkoffer schieben. Doch trotz meiner patzigen Art macht er weiter mit seiner Behandlung. Okay...er ist dahingegen wohl professionell. "...ich nahm an Sie seien ein Spanner. Erst eine Weile im Wald herum geistern, dann die Bäume mit allem Möglichen behängen und dann auch noch meinen Freund... naja Sie wissen schon. Ganz ehrlich, hätte ich das bei ihrer Frau/Freundin getan, währen Sie mir sicher mit einem Messer oder dergleichen an die Gurgel gegangen!" Meliorns Stimme ist ernst und ich kann ihn ja irgendwo schon ein wenig verstehen, nur das ich keinen Partner habe....und sicher keinen mehr haben will! Aber das er mich im Wald beobachtet hat ist echt die Härte. Nicht nur das, sondern auch die Tatsache, dass er mir nicht geholfen hat. wütend knirsche ich mit den Zähnen. Nach dem Blutdruckmessen beginnt er langsam den Verband zu lösen. "So...so... ich soll also ein schräger Vogel, laut Ihrer Aussage sein. Wie ist dann Ihr Verhalten zu erklären? Sie stellen mir im Wald nach, beobachten mich und helfen mir nicht einmal als..." "Ich habe SIE gewiss nicht sexuell beobachtet oder Ihnen nachgestellt. Sie irrten wie ein seltsamer Kauz um diese Hütte, die so ganz nebenbei mir gehört!", fährt Meliorn nun mir über den Mund, was meine Augen riesig werden lässt. "Sie sind immerhin Arzt. Warum haben Sie mir nicht geholfen, als sie mein Leiden bemerkt haben? Ich hätte elendig da draußen verrecken können!" Meliorn muss lachen, was mich um so mehr verärgert. Meine Arme verschränke ich wütend vor der Brust. "Was bitteschön, ist daran so lustig? Hätten Sie mich lieber tot gesehen?" Oh oh...ich glaube nun habe ich doch den Bogen ein wenig überspannt, denn ich  höre wie Jace scharf die Luft einzieht und nun von dem kleinen Stuhl aufsteht, auf dem er die ganze Zeit über saß und zum Bett kommt. "Magnus....bitte glaube ihm. Er...er hat dich nur von weitem beobachtet...weil...naja...er wollte vorsichtig sein. Hier her kommt eigentlich sonst nie jemand. Niemand, bis auf uns beide und Alec kennen diesen Ort. Lange Zeit war das die einzige Zufluchtsmöglichkeit nach dem Tot von unserer Schwester. Ich weiß nicht ob Cat dir hier von erzählte....aber sie hat damals den Ort für uns zusammen ausgesucht. Wir wollen ihn doch nur schützen und behüten." Jace' Stimme wird brüchig und ich merke wie nicht nur ein Träne über seine Wange, sondern auch meine rinnt. In all der Zeit, die ich damit verbracht habe, Alecsander nach zu jagen, habe ich fast gänzlich meine bester Freundin vergessen und jetzt hier her zu kommen und zu erfahren, wie heilig und wertvoll doch dieser Ort ist, lässt mich innerlich zusammen brechen. Ich kann meine Tränen nicht mehr zurück halten und mir ist es egal ob ich nun über dreißig bin und hier wie ein kleiner Junge heule. Auf einmal tut alles wieder weh und ich möchte nur noch weg. Weit weg....von  hier...zu jemandem...der mich einfach nur halten kann....zu jemandem...der mich trösten kann....und mich liebt. Scheiße! Ich kenne leider nur einen der das kann! 

Wenn mich mein Gehirn fickt!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt