Kapitel 45

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"In my darkest hour, hope kissed my cheek and said:
Everything will be okay."
-faraway

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Camila

Wann passierte es, dass etwas, das man geliebt hatte, viel zu schnell hassenswert wurde? Ein jeder Montag war gefühlt einen Wimpernschlag zuvor noch meine Zuflucht gewesen und mein Herz hatte ausgerechnet, wenn er war, keine Verlustängste verspürt. Die wohl einzige Konstante, die mir mein Leben jemals beschert hatte, wurde in Lichtgeschwindigkeit zu meiner größten Prüfung und wenn ich meinen schlimmsten Feind nicht bezwang, würde er alles bezwingen. Mein eigenes Sein spielte dabei nicht einmal eine Rolle. Denn ich musste retten und wusste nicht, wo zum Teufel ich damit anfangen sollte. Vielleicht würde es bald nichts mehr geben, wofür es sich zu kämpfen lohnte und trotzdem wunderte ich mich beinahe darüber, wie gut es mir gelang, so zu tun, als liefe die Zeit für und nicht gegen mich. Trotz allem ertappte ich mich zu oft dabei, meine unsichere Blase der Täuschung zerplatzen zu lassen.

„Du bist kein Feigling, Camila."

Rosario starrte mich zu konzentriert an, während ich mit einer langsamen Bewegung nach dem Tablett griff, das Carlos vor mir abgestellt hatte. Auf dem Weg zu Tisch Vier und wieder zurück, liefen die Worte in mir auf und ab. Wie ein Lied, doch weit weg von dem besten Song aller Zeiten.

Du bist kein Feigling.

„Warum sagst du das?", fragte ich.

„Weil ich deine Idee für ziemlich feige halte", gab die Frau meines Bosses zurück.

Welche Idee? Mich dem geisteskranken Arschloch zu stellen, das mich gezeugt hat, um dafür zu sorgen, dass die Menschen, die mich dazu bringen zu atmen, es auch selbst weiterhin tun können?

„Welche Idee?"

Rosario hielt mich mit ihrem Blick an Ort und Stelle fest, während Übelkeit Besitz von meinem gesamten Körper ergriff.

„Du weißt genau, was ich meine. Einfach so nach Japan abzuhauen."

Oh.

„Vielleicht bin ich doch ein Feigling."

Scheinbar teilnahmslos zuckte ich die Schultern und schielte zur großen Wanduhr. Mir blieben sechzehn Stunden. Und ich verbrachte sie mit der einzigen Frau, die ich noch als Freundin bezeichnen konnte. Rosario schien mich mit aller Kraft aus der Reserve locken zu wollen.

„Ja? Warum denkst du, dass du einer bist?"

Ich seufzte und spürte meine Geduld schwinden. Wem gegenüber und aus welchem Grund, konnte ich nicht sagen. Genauso wenig, wie ich wusste, weshalb mein Leben sich langsam aber stetig zu einem einzigen verfluchten Desaster wandelte.

„Keine Ahnung. Es könnte sein, dass ich feige bin. Oder auch nicht. Sagst du nicht immer, dass es mutig wäre, neue Anfänge zu wagen?"

Ros schritt um den Tresen herum bekam mich an den Schultern zu fassen. Ihr Blick war liebevoll und tadelnd zugleich.

„Ja, das sage ich, aber ich denke, du bist klug genug zu verstehen, dass es darauf ankommt."

Ich bin ein dummes Mädchen. Eines, das mit einem Herzen liebt, das kaum noch schlägt.

„Ich bin kein intelligenter Mensch, Rosario."

Sie ignorierte meinen Satz und räusperte sich.

„Schließt du damit ab, oder flüchtest du davor?"

Uns beiden erschien die Antwort so klar, wie das Tageslicht und doch wagte ich es, zu lügen. Nein, ich entschloss mich, zu schlucken und nichts zu sagen, was es nicht besser machte. Kein winziges bisschen.

nothing compared to you - s.m. & c.c.Where stories live. Discover now