Radiant

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"Guten Morgen, Sonnenschein!"
Er schnaufte genervt und drehte sich im Bett zur Wand. "Geh bitte."
Violet sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an. "Ist das dein Ernst?"
Erneut ertönte ein tiefer Atemzug. Er verdrehte die Augen und drehte sich zu ihr um. Er blickte direkt in zwei braune Augen, die vor Wut zu schlitzen verengt waren. Sie stand neben dem Bett auf dem Teppich und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. "Hab ich genuschelt?", fragte er sarkastisch, "Zisch ab. Ich kann gerade kein Weib brauchen."
Sie wollte es nicht wahr haben und schüttelte den Kopf. "Heute Nacht warst du da aber anderer Meinung." Sie rümpfte die Nase.
"Du meine Güte. Wir hatten unseren Spaß und jetzt verzieh dich bitte sonst bin ich gezwungen nachzuhelfen." Allmählig war er wirklich genervt und er fragte sich, wie viel von dem süffigen Bier er gestern getrunken haben musste um diese Frau ausgehalten zu haben. Naja, er hatte sie nicht nur ausgehalten. Er hatte es auch gut gefunden. Jetzt erschien ihm das ganze allerdings etwas paradox.
Sie schnappte empört nach Luft. "Willst du mir etwa drohen? Ich habe sehr mächtige Freunde, die sich gerne für mich duellieren wür..."
Mit einem Satz war er auf den Beinen und raus aus dem Bett. Er baute sich vor ihr auf und das, während er völlig entblößt war. Ihr blieben die Worte, die ihren Satz vollendet hätten im Hals stecken. Sie starrte vor Angst auf seine Brust und wagte nicht den Kopf zu heben um ihm ins Gesicht zu sehen. Gemischte Gefühle kamen in Violet auf. Sie war zufrieden mit einem solchen Prachtkerlen die Nacht verbracht zu haben und gleichzeitig war sie so unglaublich sauer darüber, gedacht zu haben er sei sowohl gutaussehend als auch liebevoll und leidenschaftlich.
Sie schluckte und kratzte ihren ganzen vorhandenen Mut zusammen. Oder war es Leichtsinn, noch weiter zu sticheln? "Das hier ist mein Zimmer." Mehr brachte sie in diesem Moment nicht heraus, obwohl sie ihm am liebsten voller Wucht vor den Kopf gestoßen hätte.
Er blinzelte und sah sich kurz um, so als würde er jetzt erst registrieren, dass dies nicht sein Heim war. "Du hast Glück, dass ich heute gute Laune habe.", grummelte er und wandte sich von ihr ab.
Sie fühlte sich als würden ihre Beine nachgeben, so eine Last viel von ihr ab, hier heute nicht sterben zu müssen.
Sylas griff nach seinen Gewändern und streifte sie mit einer schnellen Bewegung über. "Wo ist mein Schuh?" Er blickte symbolisch auf seinen Füße, an denen sich nur ein Schuh befand.
Wortlos zeigte Violet ins Eck des kleinen Zimmers und tatsächlich: In der Topfpflanze steckte sein zweiter Schuh.
Er zog eine Augenbraue nach oben, sagte allerdings nichts. Er ging an ihr vorbei, griff nach dem Schuh und klopfte ihn an der braunen, etwas ranzigen Kommode ab. Ohne eine Besserung des Aussehens zu erzielen, zog er den Schuh an seinen linken Fuß und verließ, ohne ihr einen weiteren Blick zuzuwerfen den Raum.




                                                                         —(•·÷[ Demacia ]÷·•)—


Geliebter Bruder,
ich weiß, dass es keine Entschuldigung für das gibt, was ich ausgelöst habe.
Ich habe es wirklich versucht. Ich habe so sehr versucht mein Licht zu kontrollieren.
Und Sylas hat mir geholfen, ob du es wahr haben willst oder nicht. Er hat mich
gelehrt, damit umzugehen, was ich bin oder viel mehr, wer ich bin. Es gibt keine
Luxanna ohne Magie. Und die wird es auch niemals geben.
Aber es tut mir so unendlich leid, dass es meine Schuld ist, was dir zugestoßen ist.
Das letzte, was ich wollte, war dich zu verletzen. In diesem Moment habe ich nicht mal
den blassesten Schimmer, ob du jemals wieder erwachen wirst aber ich kann hier
nicht bleiben. Es ist allein meine Schuld, dass er ausbrechen konnte.
Mein Fehler, meine Verantwortung.
Ich werde ihn finden und ich werde ihn töten.
Es erfüllt mich mit schmerz überhaupt daran denken zu müssen, denn ich habe ihn
wirklich lieben gelernt. Er war mir so nah. Ich hatte das Gefühl, er würde meine
Seele berühren. Ich habe mich so sehr in ihm getäuscht.
Niemals kann ich ihm das verzeihen, was er dir angetan hat, liebster Bruder.
Ich hoffe so sehr, dass du diesen Brief findest. Tut mir leid, dass ich ihn so versteckt
habe, aber niemand darf von all dem hier erfahren.
Es tut mir leid.

Deine, dich liebende Schwester

Luxanna



Sie hob die Feder vom Papier ab und steckte sie zurück in ihre Halterung. Sie überflog die soeben geschriebenen Zeilen noch einmal, bevor sie den Brief faltete und in einen umschlag steckte. Vorsichtig drehte sie das Siegelwachs in der Kerzenflamme und tropfte es dann vorsichtig auf den Umschlag. Sie zog den Siegelring von ihrem Finger, drückte ihn in das heiße Wachs und versah den Brief mit dem Namen ihres Bruders.

Garen Crownguard

Schnell versteckte sie den Brief in seinen persönlichen Gemächern. Wenn er überlebte, würde er den Brief finden und ihr hoffentlich vergeben. Allerdings hätte sie es durchaus nachvollziehen können, wenn er es nicht tat. Sie hatte ihn hintergangen. Sich mit dem Feind verbündet. Und das alles nur um einmal in ihrem Leben einen Freund zu haben. Es war ein so wunderbares Gefühl, jemanden zu haben, der sich ernsthaft für sie interessierte. Doch jetzt war klar, dass Sylas sich nur für sie interessiert hatte, weil ihre Magie dazu fähig war, ihm zur Flucht zu verhelfen.

Niedergeschlagen packte sie, keine halbe Stunde später in ihren Gemächern ihre Tasche. Sie griff nach einigen Klamotten und stopfte sie, ohne auf Ordnung zu achten in den Rucksack. Dann griff sie nach den getrockneten Feldrationen, die sie aus dem Vorratsraum der Armee geklaut hatte und etwas Wasser und legte auch das zu der Kleidung in der Tasche.
Sie blickte auf ihre Hände, welche vor Anspannung begonnen hatten, zu glühen. Sie schloss die Augen und atmete einmal tief durch. Dann streifte sie sich ihre Handschuhe über und erstickte voller Traurigkeit ihr Licht im Keim.

Light in ChainsWhere stories live. Discover now