Dabi ~Fürsorglich böse: Teil 1

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Das gewohnte Rasseln der Ketten erinnerte mich stetig an mein Schicksal. Die Stahlringe, die sich um meine Hände und Füße, meinen Hals und Bauch schlangen, erschwerten mir das Atmen, was ich allerdings schon kannte. Mittlerweile war es ein normales Prozedere, das ich wöchentlich, fast täglich, durchmachen musste.

Nun stand ich hier schon wieder. Auf einer Bühne vor einer riesigen Menschenmenge, die aus reichen Ärschen oder Schurken bestand, die ein Versuchsobjekt, Sklaven oder sonst etwas ersteigern wollten. Meine Eltern leiteten die Auktion. Sie waren, wie wahrscheinlich die Hälfte der Gäste, Bösewichte, die durch die ganze Welt reisten und auf verschiedenen Veranstaltungen Sachen versteigerten.

Trotzdem waren sie Schwindler. Bisher hatten sie noch nie etwas verkauft, sondern es immer nur angedeutet. Jedes Mal sagten sie dem Käufer, dass er seine Ware nach der Auktion abholen könne, doch wenn dieser dann kam, um es abzuholen, war meine Familie schon längst abgehauen. So lief es immer ab. Vielleicht wäre es mir egaler, wenn ich auch ein Zuschauer wäre. Wenn ich, genau wie meine Eltern, danebenstehen und einfach das Geschehen beobachten könnte. Wie schön wäre das gewesen.

Jedoch war es um einiges schlimmer, denn ich gehörte zu den Waren, die meine Eltern verkauften. Für sie war ich nutzlos, als "Normalo", ohne Spezialität. Ich konnte mich gegen nichts wehren. Sollte mich also tatsächlich irgendjemand ersteigern und mitnehmen, wäre es vielleicht nicht mal aufgefallen. Das war mein Leben. Erst verkauft werden und dann abhauen, als wäre nichts gewesen. So ging es schon mein ganzes Leben, seit der Arzt uns erklärt hatte, dass ich wahrscheinlich nie eine Spezialität haben würde.

Wie jedes Mal stand ich also wieder auf der riesigen Bühne, alleine, nur meine Eltern standen neben mir. Ich stand als erstes zum Verkauf, damit wir genug Zeit zum Untertauchen hatten. „Das Gebot liegt bei 1.000.000¥. Wer bietet mehr?", erhob mein Vater seine kräftige Stimme, nun zum dritten Mal bei dieser Auktion. Die Käufer arbeiteten sich langsam hoch und boten immer mehr.

Gedemütigt starrte ich auf den hölzernen Boden unter meinen Füßen. Alles schien normal, der Saal war randvoll. Viele Besucher, die keinen Platz mehr ergattern konnten, standen hinten an der Wand. Sie drückten sich durch die Menge, um besser sehen zu können. Es gab kaum Leute, die nicht regelmäßig die Schilder mit ihrer Nummer darauf hochrissen und einen hören Betrag als ihr Vorgänger schrien.

Ich traute mich nicht, hochzublicken und den Leuten in die Augen zu schauen, aus Angst, sie könnten noch mehr bieten. „Weißt du, (F/N), vielleicht finden wir ja heute jemanden für dich?", scherzte meine Mutter ins Mikrofon, was die Gäste zum Lachen brachte. Vielleicht hatte schonmal jemand von unserer Familie gehört? Obwohl wir eigentlich immer darauf achteten, möglichst unauffällig zu sein. Keine zwei Male den selben Künstlernamen zu verwenden.

Nach einer gefühlten Ewigkeit lag eine unangenehme Stille in der Luft. Das Gebot lag mittlerweile bei fast 2.000.000¥, was mir langsam aber sicher noch viel mehr Angst machte, als die Tatsache, dass überhaupt Menschen kamen, um mich zu kaufen. Niemand traute sich mehr, etwas zu bieten, alles war leise. Nur noch Gemurmel einzelner Männer und Frauen war zu hören, sonst nichts. „Und zum Ersten, zum Zweiten...", begann mein Vater hinterlistig lachend. „Bitte, nur ein einziges Mal soll mir jemand helfen.", murmelte ich flehend in mich hinein.

Gerade, als mein Vater fortfahren wollte, wurden die Türen aufgeschlagen. Menschen, die in ihrer Nähe standen, wurden mit Gewalt zur Seite gedrückt, sodass sich ein junger Mann den Weg nach vorne bahnen konnte. Er war ungefähr Anfang 20, recht groß und schmal. Seine dunklen Haare standen in alle Richtungen ab und seine Arme und Gesicht waren von Nähten geziert. Er war gruselig, machte mir ein bisschen Angst.

„Zum Dritten, sie gehört nun mir.", verkündete er mit einem kleinen Grinsen auf den Lippen. Seine Stimme war tief, aber irgendwie auch beruhigend. Seine leuchtend türkisen Augen glänzten im Licht, das sie selbstsicher wirken ließ. Trotzdem machte es mir Angst, er war deutlich dominanter als der Rest hier.

Mha/Bnha OSWhere stories live. Discover now