Kapitel 12 - Unser gemeinsames Zimmer 432

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Ich muss gestehen, dass ich von der Rede des älteren Mannes nicht wirklich etwas mitbekommen hatte und so war es kein Wunder, dass Viola mich anstupste. Ich hatte nicht gemerkt, dass sich der Eingangssaal schon leerte. Auch Marie und Tim sah ich nicht mehr. Es war aber realtiv normal, dass ich nichts mitbekommen hatte, da Kiyan es wirklich übertrieb und mich die ganze Zeit an sich drückte.

Ehrlich gesagt, war das ja süß, aber ich hatte trotzdem versucht, immerwieder ein kleines Stück von ihm wegzurücken, um durchatmen zu können. Jedoch ging mein Plan nicht so gut auf, da mein Mate sofort nachrückte und Körperkontakt suchte.

Meine Schwester schaute mich immernoch auffordernd an und so wollte ich losgehen, als ich von zwei Armen um meiner Taille aufgehalten wurde. Mit zusammengezogenen Augenbrauen drehte ich mich zu Kiyan um und langsam reißte mir der Geduldsfaden. Bevor ich jedoch etwas sagen konnte, ergriff Viola das Wort und ging auf Kiyan zu. Sie flüsterten irgendetwas miteinander und dann ließ er mich los. Puh, wenn das jetzt jedes Mal so lange dauern würde, hätten wir noch einen Punkt, worüber wir reden müssten.

Ich pustete mir eine Haarsträhne aus meinem Gesicht und vernahm ein Knurren. Ich schaute mich um und sah Zain, welcher nicht so erfreut darüber schien, dass seine Mate bei einem anderen Jungen stand. Schnell lief er auf Viola zu und legte einen Arm um sie, während er Kiyan feindselig anschaute.

Oh Gott! Wenn das so weitergeht, wird kein Tag mehr friedlich ablaufen. Hoffentlich hört die Eifersucht mit der Zeit auf. Ich freute mich schon richtig darauf, in mein neues Zimmer zu gehen und einfach meine Gedanken baumeln zu lassen. Vielleicht würde ich Liam anrufen. Immerhin fehlte er mir schon und wir waren noch nicht einmal lange getrennt. Jedoch machte das Wissen, dass wir uns höchstens in den Ferien sehen könnten, nichts besser.

So lief ich los und schliff die Decke hinter mir her. Als ich das bemerkte, raffte ich den Stoff zusammen und hob ihn hoch. Das würde mich beim Gehen nicht so sehr behindern und die Decke würde nicht dreckig werden.

Erst jetzt bemerkte ich, dass wir nicht allein waren und eine Frau mit zwei Schlüsseln in der Hand auf uns zu warten schien. Ich war kurz verwirrt, entschied mich dann aber doch dazu, sie zu fragen, ob sie wüsste, wo mein Zimmer wäre.

"Entschuldigung." Zögernd schaute ich sie an und lächelte. "Könnten sie mir bitte sagen, wo meine Freunde und ich schlafen werden."

Freundlich nickte sie und gab mir einen Schlüssel in die Hand mit der Nummer 432. Sie wollte mir gerade irgendetwas sagen, als Kiyan schon wieder neben mir stand. Seine Hand umschloss meine und ich war versucht, sie wegzuziehen, da die Frau uns so komisch anschaute.

"Eure Zimmernummer ist die 432. Sie finden es, wenn sie dem Gang gegenüber von uns folgen und dann den Fahrstuhl nehmen, um eine Etage weiter hochzufahren. Dort auf der rechten Seite müssen sie dann einfach nur noch nach ihrer Nummer an den Türen ausschau halten."

Die ganze Zeit über hatte sie nicht einmal die Miene verzogen und von ihrer zuvor freundlichen Art, war nichts mehr zu sehen. Das war schon komisch, aber ich dachte nicht weiter darüber nach. In dem nun komplett leeren Saal zog mich Kiyan mit zu unseren Koffern, während Zain und Viola auch ihre Schlüssel mit der dazugehörigen Erklärung bekamen.

Gemeinsam liefen mein Mate und ich den beschriebenen Weg entlang. Wir verabschiedeten uns nicht erst noch von meiner Schwester und Zain, da wir sie nicht stören wollten und wir sie sowieso morgen wiedersehen würden.

Wir standen nun vor unserer Zimmertür und ich öffnete sie. Kiyan hatte unsere Koffer noch in der Hand und überlegte gerade, wie er alles gleichzeitig durch die Tür bekommen kann, als ich ihm kurzerhand meinen roten Koffer abnahm und in unser Zimmer ging.

Das erste was ich sah, war ein Himmelbett mit einer flauschigen weißen Decke. Vor dem Bett lag ein grüner Teppich und rechts daneben befand sich ein großer Schrank. Auf der linken Seite unseres Schlafgemaches stand sogar extra noch eine schwarze Couch und direkt darüber befand sich ein Dachfenster.

Alles war perfekt. Es gab nur ein kleines Problem. Wo war mein Bett? Suchend schaute ich mich um und fand noch eine Tür. Ich hatte schon das schlimmste befürchtet, als ich nur ein Bett gesehen hatte. Nun war ich aber wieder beruhigt und rollte mit meinem Koffer auf die Tür zu. Kiyan hatte sich schon auf unser Bett gelegt.

Ich öffnete die Tür und wollte mich gerade von meinem Mate verabschieden, als ich eine weiße Wanne und ein Waschbecken wahrnahm. Das konnte doch jetzt nicht wahr sein! Ich befand mich in unserem eigenem kleinen Badezimmer.

Also hatten wir wirklich nur ein Bett. Entsetzt schloss ich die Tür wieder und lehnte meinen Kopf dagegen.

Das war leide nur ein Traum gewesen von meiner Ruhe. Ich drehte mich um und schaute Kiyan an. "Ähm...Kiyan? Dir ist bewusst, dass wir nur ein Bett haben oder?"

Träge öffnete er eines seiner Augen. "Ja, ich weiß. Das ist doch toll. Komm her Amalia. Ich würde gerne mit meiner Mate einschlafen."

Auffordernd hob er seine Arme und streckte sie nach mir aus. Überfordert stand ich da. Ich wollte doch noch nicht so weit gehen und außerdem sah er gerade aus, wie ein Kleinkind. Kiyan würde mich ja nicht einmal im Schlaf loslassen. Das war mir gerade irgendwie zu viel.

Gezwungen lächelte ich ihn an und sagte meinem Mate, dass ich mit Liam telefonieren würde. Er zog zwar kurz seine Augenbrauen zusammen, aber machte dann einfach wieder seine Augen zu und nickte.

Schnell flüchtete ich ins Bad und nahm mein Handy mit. Die Decke ließ ich fallen und setzte mich auf den Wannenrand. Erschöpft stützte ich meinen Kopf in meinen Händen ab und atmete erst einmal tief durch.

Dann nahm ich mein Telefon und wählte die Nummer meines besten Freundes.

"Meine beste Freundin ruft an." rief er erfreut aus. Ich lächelte in mich hinein und spürte, wie ich mich entspannte. Die Stimme von einer Person zu hören, die man fast sein gesamtes Leben schon kannte, tat mir gut.

Ich erzählte ihm alles und verzweifelte immer mehr. Ich wünschte Liam wäre hier, damit er mich in seinen Armen nehmen könnte. Schnell verwarf ich diese Idee wieder, weil ich an den Moment vom Ball zurückdachte. Kiyan würde wieder durchdrehen.

Am Ende munterte er mich auf und sagte, dass ich mich schon daran gewöhnen würde und Kiyan eine Chance geben sollte. Immerhin wollte er mich nur beschützen.

Ich fühlte, wie meine innere Ruhe wieder zu mir zurückkam und so redeten wir noch eine Weile, bevor wir auflegten. Was würde ich nur ohne Liam tun? Aber er sagte mir, dass er ganz froh ist, nicht bei mir zu sein. Immerhin hörte er von mir, was alles bisher passiert war und das würde er nicht durchhalten ohne seinen Gefährten. Ich fand es süß, dass er sich nicht entmutigen ließ und einfach weiter nach seiner zweiten Seelenhälfte sucht.

Ich schaute noch mal kurz in den Spiegel und ging dann zurück zu Kiyan. Der lag immernoch auf unserem Bett und hatte die Augen zu. Ich wollte ihn nicht wecken und so versuchte ich, so leise wie möglich meinen Koffer zu öffnen, um an meinem Schlafanzug zu kommen. Als ich ihn hatte, ging ich noch einmal ins Bad und machte mich zu recht. Dann lief ich zu meinem Mate und stellte mich vor das Bett. Ich wartete einfach nur ab und siehe da, Kiyans Augen öffneten sich und er schaute mich fragend an.

"Können wir es heute Nacht so machen, dass ich auf meiner Seite schlafe und du auf deiner bleibst?" Bittend sah ich ihn an. Er nickte und ich war kurz irritiert, dass es so leicht ging.

So rollte sich mein Mate auf die linke Seite und ich legte mich auf die rechte. Ich zog mir die Decke bis zum Kinn und schloss meine Augen. Kiyan machte das Nachtlicht aus und ich seufzte wohlig auf.

Ich hatte mich jedoch zu schnell gefreut, da Kiyans Arme sich um meine Taille legten. Fassungslos öffnete ich wieder meine Augen und sagte tadelnd ein paar Worte: "Das ist aber nicht deine Seite."

Leise flüsterte er mir noch ins Ohr. "Mist, ich dachte, du wärst schon eingeschlafen."

Ich kicherte ein letztes Mal und sagte ihm noch einmal klar und deutlich, dass er es nicht wagen sollte, heute Nacht schon wieder auf meine Seite zu kommen.

So schlief ich ein. Ich auf meiner Seite und er auf seiner. 

Soulmate - into the unknownWo Geschichten leben. Entdecke jetzt