Kapitel 28 - Ein gemeinsames Bad

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Diese Worte rissen mich aus meiner Trance und ehe ich mich versah, rannte Liam mit einem lauten Lachen los.

"Warte. Das ist unfair!" Dies schrie ich ihm noch hinterher, jedoch war er schon auf einen Stein gesprungen. Es fiel ihm sichtlich schwer sein Gleichgewicht zu halten, da er mit seinen Armen ruderte und den Stein, auf dem er stand, fixierte, als würde das irgendwie helfen.

Ich stand also auf, joggte zu Liam und sah ihn an. "Was soll das werden, wenn es fertig ist?"

"Nach was sieht es denn aus? Ich versuche nicht herunterzufallen." Sein Satz kam nur abgehackt aus seinem Mund, da er sich wirklich konzentrierte.

"Na los, nimm schon meine Hand. Dann kann ich dir helfen und das ganze endet nicht in einem pitschnassen Disaster." Nun hatte ich mich vorgebeugt und versuchte soweit wie möglich ihm entgegenzukommen, sodass Liam es einfacher hatte, meine Hand zu ergreifen.

Ich hatte aber nicht mit dem Unglück meines besten Freundes gerechnet. Er legte seine Hand gerade in meine, als er auf einer Alge ausrutschte. Sein linkes Bein verschwand in dem See und die Fische stoben erschrocken auseinander. Dadurch, dass wir noch Händchen hielten, zog er so stark an mir, dass ich mich nicht mehr dagegen wehren konnte und so fiel ich mit in den Teich.

So schnell wie möglich ließ ich Liams Hand los und versuchte mich abzufangen. Ich griff in zähen Schlamm und hielt meinen Kopf so weit wie möglich nach oben, sodass mein Gesicht das Wasser nicht berührte. Man hätte vielleicht denken können, dass ich sehr sportlich war und Liegestütze machen wollte. Diese Illusion wurde jedoch von dem Teich zerstört, indem ich drin lag.

Meine Augen suchten Liam und fanden ihn dann rückwärts liegend im Wasser. Er setzte sich nun wieder auf und hustete. Anscheinend hatte er sogar etwas Teichwasser geschluckt und auf der Stelle tat er mir leid. Niemand würde dieses Wasser freiwillig trinken.

Dann sah ich jedoch einen kleinen orangefarbenen Fisch, der auf seiner Schulter herumzappelte und ich konnte mich nicht mehr halten. Ich fing so sehr an zu lachen, dass mir die Tränen kamen.

Liam schaute mich derweil an und brach auch in Gelächter aus. Anscheinend sah ich nicht besser aus.

Nach kurzer Zeit hatten wir uns wieder etwas beruhigt und stiegen glucksend aus dem Wasser. Der oragene Fisch war wieder zurück im Wasser und einen Gewinner gab es auch nicht, da wir beide ziemlich zeitgleich im Wasser gelandet sind.

Auf der Lichtung legten wir uns nebeneinander und jeder grinste vor sich hin. "Ich fasse es nicht, dass es am Ende doch in einem Disaster geendet ist."

Als Liam das sagte, fiel mir wieder ein, dass ich ja schon so etwas wie eine Vorahnung gehabt hatte und musste gleich wieder loslachen.

Ich war froh, dass die Sonne schien und uns dementsprechend nicht so kalt war. Trotzdem stand ich auf und windete mein triefendes T-Shirt aus. Meine Hose ließ ich so, wie sie war und wusste, dass diese sowieso viel zu dick war, um schnell zu trockenen. So probierte ich es erst gar nicht.

Liam tat es mir gleich und fuhr sich dann durch seine Haare. Dadurch, dass sie nass waren, hingen sie ihm in seine Stirn und verdeckten teilweise seine Sicht.

"Lass uns doch noch etwas hierbleiben und uns von der Sonne trocknen lassen. Wenn Kiyan mitbekommen sollte, dass du mich ausversehen in einen Teich gezogen hast, wird er uns beide nie wieder etwas alleine machen lassen."

Kurz weiteten sich Liams Augen. "Stimmt. Daran habe ich ja noch gar nicht gedacht. Aber ist Kiyan denn wirklich so schlimm?"

Laut seufzend legte ich mich auf den Waldboden und schaute in den blauen Himmel. Nur wenige weiße Wolken waren zu sehen und ich sagte: "Wenn du wüsstest."

"Wow, du hörst dich unglücklich an und das, obwohl wir nur wenige Tage voneinander getrennt waren. Willst du es mir erzählen?"

Und genau für solche Sachen liebte ich Liam. Er drängte mich nie und überließ mir, ob ich ihm etwas erzählte oder nicht. Ich wollte aber seine Meinung dazu hören und so begann ich zu reden. Ich schilderte unseren Umzug in die Akademie und wie wir sofort voneinander getrennt wurden. Meine erste Begegnung mit Hayle ließ ich natürlich auch nicht aus und dann erzählte ich ihm, wie ich mich gefühlt hatte, als Kiyan und ich uns zum ersten Mal wiedersahen. Er hörte mir aufmerksam zu und sagte nichts. Das einzige, was Liam machte, war, die Luft scharf einzuziehen, als ich ihm von Kiyans und meinem Streit erzählte.

Irgendwann endete ich und dann war es eine Zeit lang still. Zögernd setzte ich mich auf und verknotete meine Beine zu einem Schneidersitz. "Was sagst du dazu?" Meine Stimme war nun leise und man hörte heraus, dass ich mir einen Rat wünschte.

Nun war Liam es, der aufseufzte und mich dann anschaute. Er zog mich einfach nur in seine Arme und hielt mich fest. Ich kuschelte mich an ihn und war einfach nur froh, dass er hier war.

Dann schob er mich etwas von sich und sagte:" Ich hätte nicht gedacht, dass so viel passieren kann in so wenigen Tagen. Nele ist bei mir da ganz anders. Ihr macht es nichts aus, wenn ich mal was mit meinen Freunden unternehmen will oder so. Aber sie ist auch kein Alpha." Seine Stirn war in Falten gelegt und er wartete kurz, bevor er weitersprach. "Ich weiß, dass du das jetzt vielleicht nicht hören willst, aber ich kann Kiyan ein bisschen verstehen. Wenn man seine Mate gefunden hat, dann glaubt man es im ersten Moment nicht und ist sich doch so sicher, dass man perfekt zueinander passt. Wenn du sie ansiehst, bemerkst du Sachen, die du vorher noch nie so wahrgenommen hast und unweigerlich verliebst du dich jeden Tag ein bisschen mehr in sie. Egal was du machst, du kannst es nicht aufhalten. Selbst, wenn du es eigentlich nicht willst."

"Die Sache zwischen dir und Nele scheint sehr ernst zu sein. Empfindet sie denn das gleiche wie du?" Meine Stimme wurde zum Ende hin einfühlend und ich wusste, dass diese Frage nicht ungefährlich war. Würde die Antwort nicht so sein, wie erhofft, würde ich Liam in Grübeleien stürzen.

"Wir haben es zwar noch nie ausgesprochen, aber ich weiß, was ich fühle und das schon nach so kurzer Zeit. Ihr wird es ähnlich gehen. Da bin ich mir sicher. Aber jetzt geht es nicht um mich."

Seine Augen schauten mich intensiv an. "Er hat kurz seine Kontrolle verloren. Das hat dir Angst gemacht. Aber er ist kein Monster, sonst wärst du nicht seine Mate. So wie du es mir erzählt hast, liebt er dich schon. Er kann nicht mehr ohne dich leben und das macht dir genauso Angst, weil es sein kann, dass du nie das gleiche fühlen wirst." Er nahm meine Hände in seine. "Aber Amalia, wenn du diese ganze Angst und den Druck mal beiseiteschiebst, was fühlst du dann für ihn? Du weißt doch, dass es nicht darum geht, sich an den Momenten festzuhalten, in denen du negative Gefühle hast. Vielmehr solltest du an die glücklichen Erinnerungen denken."

Ich wende meinen Blick kurz zur Seite und schaue die blassviolette Glockenblume wieder an, bevor ich Liam eine Antwort gebe. "Ich fühle leichte Schmetterlinge und Vollkommenheit. Aber diese Gefühle hatte ich nur einmal und das, als er wiederkam, nachdem der Direktor uns getrennt hatte."

"Gib ihm die Möglichkeit, dich wieder so fühlen zu lassen. Du weißt, dass er es kann."

Soulmate - into the unknownWo Geschichten leben. Entdecke jetzt