4. Autofahrt

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Müde lehnte mein Kopf auf der Schulter meines Besitzers, welcher behutsam mit seinen Daumen über meine Seiten strich und aus dem Fenster guckte. Wir fuhren seit einigen Minuten, sicher schon seit dreißig und je länger ich in der wunderbaren Wärme saß, desto mehr wollte ich mich meinem Gefühl der Müdigkeit hingeben. Es tat gut meinen Körper zu entspannen, ihn nicht anstrengen zu müssen und ruhig vor sich hindösen zu können, das hatte ich in dem Gefängnis nur selten tun können. Dort war es zu laut, da die meisten miteinander geredet hatten und der Boden bestand aus harten Steinen, welche kälter waren, als Eis selbst. Man hatte es schwer schlafen zu können, mit so vielen Menschen in einem Raum und vielleicht, sollte Manuel tatsächlich so gütig sein uns eine Decke zu geben, konnte ich ein bisschen besser schlafen. Zwei Menschen im Zimmer zu haben, die leise miteinander redeten, war viel angenehmer, als eine riesige Menge, welche keine Rücksicht auf einzelne nahm. Die beiden würden das tun, wir waren nun eine Einheit, welche zusammenhalten musste.

Entspannt brummte ich auf, drehte meinen Kopf in Richtung der Autotür, sodass er in Manuels Halsbeuge lag und diese leicht berührte. Kein Wort sagte er dazu, eher begann er seinen Kopf ebenfalls an meinen zu lehnen und käme er mir noch ein bisschen näher, würden seine Lippen meinen Hals berühren. Die Nähe, welche er mir bewusst gab, tat mir unerwartet gut und ich hätte am liebsten für immer auf ihm gesessen. Es waren seine vorsichtigen Streicheleinheiten, mit denen er versuchte mich zu beruhigen und niemals würde ich von ihm denken, dass er mir jemals etwas tun könnte. Seit er mich ausgesucht hatte, ging er vorsichtig und beruhigend mit uns um, bemühte sich sichtlich mir zu zeigen, dass er uns gut behandeln würde. Ich konnte ihm nicht glauben, zu viele Hybriden hatten mich schon für Dinge bestraft, für die ein anderer Mensch höchstens einen Tag kein Essen bekommen hätte und bald würde auch Manuel anfangen mich zu strafen. Die Zeit, in welcher er mich behutsam behandelte, wollte ich noch genießen und das so lange wie möglich.

"Weißt du Patrick...mir ist es ganz egal, was alle anderen sagen. Du bist ein liebenswürdiger Mann und ich werde dich wieder vollkommen aufpeppen! Ich verstehe überhaupt nicht, was alle anderen gegen dich haben. Dass du nicht sprechen kannst ist definitiv nicht der Grund dafür, dass du so schlecht behandelt wurdest, also zumindest kann ich das nicht glauben. Die haben einen so hübschen Menschen mit ihren Taten einfach kaputt gemacht und es gibt einiges was ich verzeihen kann, aber nicht das! Den Blick dieses einen Grizzlys habe ich sehr wohl bemerkt und ich glaube mittlerweile, dass das alles ein Suizidversuch von dir war, oder? Ich meine, der hat dich angesehen, als wenn er mehr als wütend auf dich gewesen ist und du selbst hast dich auch versucht so schlecht aufzuführen, wie es nur geht. Der Tag wäre für dich heute nicht gut geendet. Es ist schwer zu fassen, dass du den Tod tatsächlich für eine bessere Lösung gehalten hast, als weiter zu leben! Ich verspreche dir hoch und heilig, du wirst bei mir niemals auch nur darüber nachdenken müssen, dass du sterben willst. Dir wird es gut gehen, dafür werde ich sorgen. Dich bekommen wir wieder auf Vordermann...", sprach Manuel auf mich ein, doch ich reagierte kein bisschen. Seine Worte drangen in mein eines Ohr hinein und aus dem anderen wieder hinaus, zu schwer fiel es mir nicht einzuschlafen. Es fiel mir schwer mich nicht zu versteifen, als der Grünäugige Frank erwähnte und auch er merkte, dass ich mich unwohl fühlte. Seine Hände wanderten meinen Körper hoch, streiften meinen Bauch, was mich dazu brachte zusammen zu zucken. Dort war ich schon immer sehr empfindlich, doch trotzdem blieb seine warme Hand auf ihm liegen.

"Alles gut, Patrick. Einfach weiterschlafen, ja? Wir fahren noch eine ganze Weile...", murmelte der Brünette, doch nun konnte ich nicht mehr. So sehr meine Augen auch brannten, ich öffnete sie blinzelnd und zog meinen Kopf zurück, sodass meine Stirn in Windeseile kalt wurde. Draußen erkannte ich weitläufig nur grün, andere Autos und die Straße vor uns, doch meine Augen musterten interessiert die vielen Bäume, welche am Rande der Fahrbahn standen. Noch nie hatte ich sie aus der Nähe betrachten können, nur von oben aus dem Gitterfenster und so bald meine Füße es zuließen, würde ich Manuel bitten ein einziges Mal nur nach draußen gehen zu dürfen. Ich würde gerne wissen, wie sich Bäume anfühlten und ob Gras unter den Füßen wirklich kitzelte. Wie rochen Blumen? Gab es draußen weitere wilde Tiere, als Vögel? Konnte ich tatsächlich auf Eis laufen? Wie fühlte sich Schnee unter den Füßen an? Es gab so viele Dinge, welche ich gerne herausfinden würde und die ich noch nicht kannte. Nur bedingt war es möglich in meinem Gefängnis die Welt zu erkunden, Schnee hatte ich niemals in großen Mengen spüren dürfen, da er zu kalt war und von all den anderen Sachen hatte ich nur spärlich etwas mitbekommen, immer wenn andere darüber geredet hatten.

Hundert Augen #KürbismaskeWhere stories live. Discover now