Kapitel 1: Das kleine Häufchen Elend und das verflixte Schicksal

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Es war einmal ein kleines Häufchen Elend, das versuchte, das Beste aus seinem Schicksal als Häufchen Elend zu machen. Es lebte mal hier, mal dort, aber nie zu lange an einem Ort. Die Leute schenkten ihm wenig Beachtung, und wenn doch jemand es einmal bemerkte, so jagte er das kleine Häufchen Elend meist direkt fort.

So kam es, dass das kleine Häufchen Elend sich ein Nest baute, hoch oben auf einem wunderschönen, alten, gelben Haus. Von dort konnte es den Park sehen, die Vögel zwitschern hören und die warme Sonne genießen. Was will man als Häufchen Elend schon mehr? Es war ein Paradies.

Doch kam es, wie es nun mal so kommen musste, dass dem Häufchen Elend ein Strich durch diese (zugegeben schlecht kalkulierte) Rechnung gemacht wurde. Es hatte, unüberlegt wie es nun war, sein Nest in der Dachrinne gebaut – zuerst kein Problem, doch dann, wie sollte es auch anders sein, kam der große Wolkenbruch nach dem Sonnenschein.

Es goss wie aus Eimern und schwupps war das Nest, mitsamt des kleinen Häufchen Elends im Regenrohr verschwunden – übrig blieb nur ein kleiner Rest.

Nun saß das kleine Häufchen Elend ganz elendig im Regenrohr fest.

Es schrie und es klopfte doch resignierte schon bald. Was hatte es sich eigentlich gedacht, sich ein zu Hause aufzubauen und dazu noch solch ein Paradies? Und das sollte gut enden? Was für eine blöde Idee, es ist und bleibt ein Häufchen Elend und dieses Schicksal macht auch vor ihm keinen Halt.

Wie Generationen zuvor grübelte das kleine Häufchen Elend nun elendig vor sich hin. „Wie konnte ich es wagen? Was soll ich jetzt tun? Wieso habe ich immer so ein Pech? Und warum ist es eigentlich so dunkel hier drin?"

So ging das Tage und Wochen und als einzige Gesellschaft kam nur einmal eine unfreundliche alte Schnecke vorbei gekrochen.

Irgendwann – das Häufchen Elend hatte keine Ahnung wie viel Zeit nur vergangen war – brach ein heftiges Gewitter über der Stadt aus. Es donnerte und blitzte und der Regen, der auf das kleine Häufchen Elend einprasselte, vermischte sich mit salzigen Tränen der Angst. Der Wind rüttelte am Regenrohr, die Wassermassen wurden größer und dem kleinen Häufchen Elend war so elendig zumute wie noch nie zuvor. Es schloss die Augen und wünschte sich, dass alles einfach vorbei wäre.

Da bewegte sich sein Nest und das kleine Häufchen Elend schien zu fallen. Es traute sich nicht die Augen zu öffnen und dachte nur bei sich „jetzt ist es aus, jetzt ist alles vorbei" und obwohl es sich das grade noch gewünscht hatte, hatte es plötzlich solch eine Sehnsucht nach Leben, Liebe, Spaß und Geborgenheit. Aber dazu war es nun wohl zu spät. „Tja, selbst Schuld", dachte sich das kleine Häufchen Elend und überließ sich ein letztes Mal seinem Schicksal.


Das kleine Häufchen Elend - Band 1: Das kleine Häufchen Elend sucht ein ZuhauseWhere stories live. Discover now