Kapitel 2: Manchmal hat man dann doch Glück im Unglück

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Das kleine Häufchen Elend hatte schon mit dem Schlimmsten gerechnet, doch die 3% Glückspilz, die es durch eine Ur-Ur-Ur-Ur-Urgroßmutter väterlicherseits und ihre rebellische Beziehung mit einem Glückspilz im Blut hatte, kamen jetzt doch mal zum Vorschein, wer hätte das gedacht?

Das kleine Häufchen Elend war aus dem Regenrohr auf den Bürgersteig gespült worden und dort hatte es ganz klein und elendig gesessen, die Leute waren auf ihm rumgetrampelt und eine gemeine Hundsratte hatte ihm mitten auf den Bauch gepinkelt. Aber so ist das nun mal, wenn man ein Häufchen Elend ist. Da ist man so etwas gewohnt.

Was das kleine Häufchen Elend absolut nicht gewohnt war, war die Tatsache, dass plötzlich schicke Damenstiefeletten vor ihm stehen blieben. Dann hörte es auch noch auf zu regnen. Das kleine Häufchen Elend guckte hoch. Über ihm stand eine junge Frau in einem senfgelben Mantel. Sie hielt einen bunten Regenschirm fest und schien zum kleinen Häufchen Elend herunter zu schauen – nein es schien nicht nur so, sie schaute es tatsächlich an und jetzt sprach sie auch noch mit ihm. „Hallo, was ist denn mit dir los? Kann ich dir helfen?", sagte sie. Das kleine Häufchen Elend war total perplex. Es konnte kaum glauben, was grade passierte. Das musste ein Traum sein.. aber es hatte sich doch nach dem missglückten Paradies-Zuhause verboten, nochmal zu träumen.

„Na komm erstmal mit rein", sagte die Frau mit ihrer ruhigen, warmen Stimme, „du bist ja pitschnass." Sie beugte sich mit den Worten „Darf ich dich hochheben?" zu ihm runter und hielt ihre Hand offen vor das kleine Häufchen Elend, damit es darauf klettern konnte. Sie ging um die Ecke und hinein in das schöne alte gelbe Haus, auf dessen Dach sich das kleine Häufchen Elend sein Paradies aufgebaut hatte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte es sich gar keine Gedanken gemacht, was das wohl für ein Haus war und wer darin wohnte.

Es stellte sich heraus, dass hier niemand wohnte. Trotzdem waren viele Leute da. Alle sahen sehr nett aus, aber das kleine Häufchen Elend versteckte sich sicherheitshalber erstmal in der Manteltasche der jungen Frau. Anscheinend hieß die junge Frau „Frau Held" und war sehr gefragt im schönen alten gelben Haus. Sie begrüßte alle, versicherte ihnen, dass sie auf jeden Fall Zeit für ein Gespräch für jeden eingeplant hatte und ging dann schnellen Schrittes in ihr Büro.

Sie schloss die Tür, machte das Radio leise an und ließ das kleine Häufchen Elend aus ihrer Manteltasche auf die Lehne des Sofas krabbeln. Sie setzte sich in respektvoller Distanz auf ihren Bürostuhl, fuhr diesen so weit herunter, dass sie, wenn sie sich vorbeugte, fast auf Augenhöhe mit dem kleinen Häufchen Elend reden konnte, und sagte erstmal nur „Hier ist ein sicherer Ort und ich möchte dir gerne helfen. Komm erstmal an und wenn du dazu bereit bist, kannst du mir erzählen was du so traurig und allein dort im Regen gemacht hast, okay? Du kannst natürlich auch jederzeit gehen, wenn du dich nicht wohl fühlst, nicht reden möchtest oder einfach lieber allein sein möchtest. Ich fange jetzt mit meiner Arbeit an und lasse dich erstmal etwas in Ruhe, bis du soweit bist. Ich bin hier, wenn du mich brauchst."

Das kleine Häufchen Elend - Band 1: Das kleine Häufchen Elend sucht ein ZuhauseWhere stories live. Discover now