~Kapitel 35~

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"You take me by the hand
I'm seeing who I am
Teach me how to fight"
~ Warrior - Beth Crowley~

"Tanzen bedeutet Freiheit. Ich weiß es klingt ironisch, weil ich absolut gefangen war im Sinners und das ganz bestimmt nicht das ist, was ich gerne gemacht habe.
Aber mich zur Musik zu bewegen ist was mich wirklich glücklich macht. Ich hoffe du verstehst das nicht falsch. Ich weiß wie verrückt das ist. Das was mich am meisten kaputt gemacht hat, ist gleichzeitig was ich liebe. Nur auf ganz andere Weisen." erzählte ich weiter und er hing beinahe an meinen Lippen.
Vermutlich weil er nicht dachte, dass ich ihm einfach so Etwas von mir erzählen würde.

"Als ich 3 war habe ich angefangen Ballet zu tanzen. Später war ich in zig anderen Tanzstunden. Ziemlich peinlich, oder?" ich lachte leise auf.
Ich hatte es geliebt. Es war der absolute Horror. Die Lehrerin war streng und hat uns schlimme Schmerzen durchleben lassen, obwohl wir noch Kinder waren, doch das Ergebnis war perfekt.

Damals hatte ich ja noch nicht wissen können, dass mein Vater mich nur zum Ballett geschickt hatte, damit ich so schnell wie möglich lernte, wie man sich bewegt.

"Ich finde es überhaupt nicht peinlich. Das heißt, du kannst dich so richtig verbiegen?" fragte er begeistert und ich musste wieder lachen.
Schließlich nickte ich und genoss nebenbei noch immer die Sonne, die auf uns hinunter schien. Es war ein wirklich schöner Nachmittag.

"Los Connor, wir haben noch Einiges zu tun!" rief Jack, der mit Cameron weiter trainierte. Connor sprang auf und hielt mir seine Hand entgegen.

"Was tust du da?" wollte ich verwirrt wissen und er lächelte mich liebevoll an.

"Ich fordere dich zum Tanzen auf. Meine Art zu tanzen." antwortete er und ich schüttelte lachend den Kopf und wollte mich mit dem Lernen rausreden, doch leider wusste Connor, dass ich schon mehr als genug für die Schule tat.

Also ergriff ich seine Hand und ließ mich auf die große Wiese führen. Cameron musterte uns skeptisch und bekam deshalb eine Faust ins Gesicht, weshalb er wütend etwas Gras vom Rasen riss und es nach Jack warf.

"Ich zeige dir jetzt nicht, wie man sich in einem Ring prügelt, aber ich kann dir einen Trick zeigen, wie du Gegner in die Flucht treibst, okay?" schlug er vor und ich nickte gespannt, stellte mich ihm gegenüber.

Wir hielten eine ganze Weile Blickkontakt und ich konnte erkennen, dass er innerlich mit Irgendwas zu ringen schien.

Vielleicht hatte Shawn ihm verboten mir Etwas zu zeigen, immerhin bestand die Gefahr, dass ich mich dann wehren könnte. Ich schüttelte den Gedanken schnell ab und wartete darauf, dass Connor anfing.

"Du wolltest ihr was zeigen und sie nicht anstarren wie ein Creep." merkte Jack an, woraufhin er kurz von Connor geschubst wurde.
Ich musste zum wiederholten Mal heute lachen und das tat mir wirklich gut.

"Es ist wichtig, dass du konzentriert bleibst, wenn dich Jemand angreift. Sobald dein Gegner deine Unsicherheit spürt, bis du geliefert." sprach er und ich fühlte mich, als könnte er meine Seele lesen.
Immerhin war ich jedes einzelne Mal unsicher, als Dad auf mich losgegangen ist. Wobei es bestimmt auch Nichts geändert hätte, wäre ich ihm sicher gegenüber getreten.

"Das ist nicht so leicht, wenn dir dein Gegner überlegen ist." entgegnete ich stumpf und in Connor's Augen blitzte Mitleid auf, er versuchte es jedoch zu überspielen.

"Nur weil dir Jemand körperlich überlegen ist, heißt das nicht, dass er sofort gewonnen hat. Du musst einen klaren Gedanken fassen. Es geht um die Technik, nicht um die Stärke." widersprach er und ich nickte nur verstehend.

"Wenn dich Jemand frontal angreift ist es am Leichtesten." begann er und zeigte mir daraufhin eine Reihe Abwehrgriffe, die mich in den verschiedensten Situationen schützen könnten.

Mit einem der Griffe brachte ich es sogar fertig, Connor auf den Rasen unter uns zu werfen. Jedoch fiel ich geradewegs mit ihm um und wir lagen eine Weile lachend im Gras.

"Ich hab Hunger." beschwerte Cameron sich nun zum wiederholten Male und wir beschlossen wieder rein zu gehen und uns Pizza zu bestellen.
Es wurde mittlerweile dunkel draußen und ich hatte um ehrlich zu sein auch Hunger und absolut nichts gegen Pizza einzuwenden.

Wir saßen gemeinsam im Wohnzimmer und sahen uns über Netflix eine Serie an, von der ich jedoch nicht viel mitbekam, weil wir uns die meiste Zeit über irgendwas belangloses unterhielten.

Ich weiß absolut nicht ob es möglich ist, dass ich mich irgendwann mit diesen Jungs anfreunde.
Immerhin denken sie komplett falsch von mir und ich bin auch nicht unbedingt begeistert von dem, was sie den lieben langen Tag so trieben.
Trotzdem empfand ich ihre Anwesenheit nichtmehr angsteinflößend wie es noch vor einigen Wochen war, sondern ich genoss es mit Menschen zusammen zu sein, die mich nicht immer wieder anschrien, herum kommandierten oder im schlimmsten Falle schlugen.

Vielleicht bin ich ihnen egal oder interessiere sie nicht großartig, doch dieser Umschwung meines Alltages wurde immer mehr zu etwas Gutem.
Ich war nicht mehr darauf angewiesen meine Nase den ganzen Tag in ein Buch zu stecken, sondern konnte mich, wenn auch nur oberflächlich mit meinen Mitbewohnern unterhalten.

Und wer weiß, wenn das hier gut lief und sie mich irgendwann als eine Freundin ansahen, vielleicht hatte ich dann genug Vertrauen von ihnen, um aus dem Haus gehen zu dürfen, ohne einen Babysitter an meiner Seite zu haben.
Bis dahin war es noch ein langer Weg, doch zumindest war es nicht mehr unmöglich.

Gerade im Moment war ich froh hier zu sein, ich wollte nicht mehr nach Hause. Eigentlich wollte ich noch nie zurück nach Hause, fast fühlte ich mich schlecht bei dem Gedanken, dass ich nicht nach Hause wollte.

Immerhin sind sie meine Eltern, auch wenn sie nie etwas Gutes für mich getan hatten. Hoffentlich würde ich irgendwann ihre Geschichte kennen, die Gründe dafür, dass sie mir das Leben zur Hölle gemacht hatten.

Niemand wurde grundlos zu einem Monster, oder? Vielleicht hatten sie gute Gründe dafür mich so zu behandeln, vielleicht hatte ich es verdient die letzten 17 Jahre zu leiden.
Das ist jetzt sowieso die Vergangenheit, ich musste sie nicht mehr sehen. Und das hatte ich Shawn zu verdanken.
Auch seine Geschichte würde ich gerne kennen. Ich kann einfach nicht glauben, dass er damals grundlos von Zuhause abgehauen ist.

Neulich im Diner wirkte es, als würde er seine Familie sehr lieben.
Wieso also ließ er sie allein? Und wieso wollte er sie nicht mehr sehen? Dieser Mann ist ein wandelndes Geheimnis und die Neugier, die schon immer in mir versteckt war, wollte dringender an die Oberfläche treten, als je zuvor.

Obwohl er mir so viele Dinge an den Kopf geworfen hatte, konnte ich ihn nicht hassen. Auf eine verschobene, mir unerklärliche Weise waren wir uns so fremd und vertraut zugleich.

Wir waren zwei Menschen, die unterschiedlicher nicht sein konnten, während wir innerlich beinahe die selbe Seele hatten.
Vielleicht ist etwas dran.
Vielleicht muss man wirklich selbst entscheiden ob man ein Gewinner oder ein Verlierer in dieser Welt sein wollte.
Vielleicht unterschied mich nur diese Entscheidung von Shawn.
Vielleicht musste ich nur anfangen ein Gewinner sein zu wollen.
Vielleicht würde dann Alles gut werden.

+++
Da haben wir einen ersten Umschwung von Novas Gedanken. Ob das anhalten wird? Wo war Shawn den ganzen Tag? Und was wird er sagen, wenn er weiß dass Connor Nova Kampftricks beigebracht hat?

S.M.|| Sinners - Shawn Mendes FanfictionDonde viven las historias. Descúbrelo ahora