Kapitel 7

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Leah

Rose hatte mich netterweise geweckt. Das tat sie jeden Morgen. Eine Gewohnheit, für die ich ihr echt dankbar war. Es erinnerte mich ein wenig an Mum und ließ mich vergessen, wer ihren Platz eingenommen hatte, nachdem sie ihn verlassen hatte. Ich döste noch eine Weile vor mich hin und stand dann auf. Ich ging ins Bad, um mich umzuziehen. Schwarze Jeans, lockere weiße Bluse. Meine Haare kämmte ich einmal ordentlich durch und hüpfte dann die Treppe runter. Beim Betreten der Küche stieg mir bereits der Geruch von Waffeln und Speck in die Nase. Da ich am Vorabend nicht wirklich viel gegessen hatte, meldete sich mein Bauch mit einem hungrigen Knurren, was Rose aufschauen ließ. Sie lachte. "Hunger?"

Ich nickte lachend und setzte mich an den Tisch. Lange warten musste ich nicht, denn Rose stellte keine fünf Minuten später das Frühstück auf den Tisch. Sie setzte sich zu mir und wir fingen an zu essen, was mir ein genüssliches Seufzen entweichen ließ. Wenn Rose eins gut konnte, dann war das Kochen.

Nach dem Frühstück schnappten wir uns unsere Schultaschen und gingen rüber zur Bushaltestelle. Als wir an der Schule wieder ausstiegen, kam uns Teresa entgegen. Sie umarmte uns zur Begrüßung, was mich erst ein wenig überrumpelte. "Ihr werdet es nicht glauben, aber Gally hat gestern keinen Aufstand auf im Schülerforum geprobt. Normalerweise hängt er jede Kleinigkeit sofort an die große Glocke, aber gestern hat er es nicht gemacht!" erzählte sie aufgeregt. Den Weg zur Schule über erzählte sie von den anderen Zwischenfällen mit Gally, die es in der Vergangenheit gegeben hatte. Vorm Haupteinang stieß Thomas zu uns. So wie er Teresa begrüßte, begrüßte er auch uns. Auch mit einer Umarmung. Daran musste ich mich erst noch gewöhnen, auf unserer alten Schule hatte es solche Gesten nicht gegeben. Nur bei Rose und ihrem damaligen Freund hatte ich Umarmungen gesehen. Allerdings auch nur bis Rose ihn abserviert hatte, weil er sie betrogen hatte. Rose hatte Tage lang nur noch geheult. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich mich gefreut hatte, dass ich solche Probleme nicht gehabt hatte. Ich hatte mein bisheriges Leben als glänzender Single verbracht. Und hin und wieder hatte ich das Gefühl, dass das auch gar nicht so schlimm war. Mit sechzehn verkündete man vor Freunden vielleicht nicht mehr mit Stolz, dass man ungeküsst war, aber innerlich erfasste mich immer mal wieder die Erleichterung über diese kleine Tatsache.

Wir unterhielten uns gerade über unseren Klassenlehrer, als ein Mädchen zu uns stapfte. In ihren blau grünen Augen war Ärger zu erkennen, auch wenn ich nicht wusste, woher dieser wohl kam. Thomas wiederum schien es zu wissen, denn er sah die Brünette mit den blonden Haarspitzen überrascht an. "Annabeth? Was haben sie denn mit dir gemacht, dass du schon am frühen Morgen so wütend bist?"

Das fremde Mädchen, bei dem es sich offenbar um Annabeth handelte, bedachte ihn mit einem finsteren Blick. "Ich hab die Nase voll. Ich hab die Nase gestrichen voll. Mein Wecker hat nicht geklingelt, der Bus ist liegen geblieben und ich musste zur Schule laufen. Der Tag ist gelaufen."

Thomas lachte und wuschelte ihr durch die Haare. "Ach komm, gib dem Tag eine Chance, wenn der Morgen so schlimm war, kann es ja nur noch besser werden."

Annabeth schnaubte. "Das werden wir ja sehen." Nun fiel ihr Blick auf Rose und mich. "Wer seid ihr denn?"

Rose hielt ihr die Hand hin. "Ich bin Rose, das ist meine Schwester Leah. Wir sind gestern neu auf die Schule gekommen."

Annabeth schüttelte uns die Hände und lächelte. "Ich bin Annabeth. In welche Klasse geht ihr denn?"

"In unsere." antwortete Teresa.

Annabeth verzog das Gesicht. "Oh, Neue in Gallys Teritorium."

Thomas grinste. "Die drei kennen sich bereits."

"Wirklich?" fragte Annabeth. "Was hat er mit euch gemacht?"

Teresa lachte. "Er hat es versucht, allerdings hat er diesen Kampf nicht gewonnen."

Wir gingen rein, wobei wir Annabeth von unserer Bekanntschaftsschließung mit Gally erzählten. Annabeth war ganz nett und es war wirklich schade, dass sie nicht in unsere Klasse ging.

Die ersten beiden Stunden steigerten meine Laune erheblich. Kunst! Wir sollten Portraits von Schauspielern vergrößern. Ich hatte so viel Spaß an dieser Arbeit, dass die beiden Stunden nur so an mir vorbeizogen. Als es zur Pause klingelte, war ich fast traurig, dass ich aufhören musste. Aber ich musste, also räumte ich gemeinsam mit meiner Schwester ein und ging nach draußen auf den Schulhof. Thomas und Teresa mussten beide zur Toilette, deshalb gingen Rose und ich schon vor. Auf dem Weg zu der Bank, auf der wir auch am Vortag gesessen hatten, wurden wir aufgehalten, als ein Mädchen zu uns gelaufen kam. Ihre wuscheligen braunen Haare wippten auf und ab, während sie rannte. Vor uns blieb sie stehen und strich sich die Haare aus den Augen. "Hey! Ihr seid die Neuen, richtig?"

Ich nickte. "Äh ja."

Sie lächelte. "Ich bin Zoey, Schülersprecherin." Sie hielt uns die Hand hin, die wir abwechselnd schüttelten, während wir uns ihr ebenfalls vorstellten.

"Ich wollte nur kurz mit euch sprechen, um euch zu sagen, dass ich als Schülersprecherin für alles eure Ansprechpartnerin bin. Wenn ihr irgendwelche Fragen habt oder Probleme mit Schülern oder Lehrern, lasst es mich wissen, dann kümmer ich mich darum." sagte Zoey.

Rose lächelte. "Danke, nett von dir. Du gehst in unsere Parallelklasse, oder?"

Sie nickte. "Richtig. Das bedeutet, ich fahre auch mit euch nach London."

"Cool!" Noch eine Person, mit der wir uns gut verstanden und über deren Anwesenheit wir uns auf der Klassenfahrt freuen konnten.

"Zoey!" rief ein Mädchen von der Gruppe, von der sich die Brünette gelöst hatte.

Zoey drehte sich kurz um und sah uns dann wieder durch ihre braunen Augen an. "Also, ihr wisst bescheid, ihr könnt immer fragen, wenn was sein sollte. Wir würden uns freuen, wenn ihr euch mal zu uns setzt."

"Werden wir." versicherte ich ihr.

Zoey lächelte und ging zurück zu ihren Freundinnen.

In dem Moment kam Teresa zurück, allerdings nicht allein. Neben ihr liefen zwei Mädchen. Eine Brünette mit grünen Augen und ein grünäugiges Mädchen mit rötlichen Locken. Ich musste grinsen. Am ersten Tag lernte man niemanden kennen und am zweiten Tag gleich gruppenweise. Teresa blieb bei uns stehen. "Leah, Rose, das sind Luna und Sabi. Ebenfalls aus der Parallelklasse, ebenfalls gute Freundinnen von mir."

Rose und ich begrüßten auch diese beiden neuen Bekanntschaften und nachdem wir uns eine Weile gegenseitig zugequatscht hatten, stellte ich fest, dass auch sie echt nett waren. Mitten im Gespräch wurde meine Aufmerksamkeit jedoch umgelengt. Gallys Trupp kam auf den Hof. Angeführt von Gally. Als ich ihn allerdings sah, klappte mir fast der Mund auf. Er hatte ein Veilchen! Und was für eins!

Als die anderen bemerkten, wohin ich sah, folgten sie meinem Blick und kicherten hinter vorgehaltener Hand.

"Oh Gott, Leah, da hast du ihm ja ganz schön was geschenkt." gluckste Sabi.

Gally hob den Kopf, da unser Lachen nicht ganz so unauffällig war, wie wir es eigentlich beabsichtigt hatten. Er blitzte uns finster an. "Was gibt's da zu lachen, ihr dämlichen Schnepfen?"

"Schickes Veilchen, Gally! Steht dir super, total deine Farbe!" konterte Luna, was ihr einen ehrfürchtigen Seitenblick von mir und meiner Schwester zuteil werden ließ, auch wenn ich mich beinahe tot lachte.

Gally schnaubte. "Warte nur ab, Neue, du wirst schon noch sehen, was du davon hast!" Dann schob er mit seinen Leuten ab.

Ich sah ihm nachdenklich hinterher. Auch wenn ich nicht direkt Angst vor ihm hatte, fragte ich mich, was er mit mir anstellen würde, wenn die Drohung wirklich nicht leer bleiben würde.

Sabi stieß mir den Ellenbogen in die Seite. "Ignorier ihn, Gally ist ein Spinner. Er wird dich nicht anfassen." Sie grinste. "Besonders nicht, weil dich Newt im Schülerforum geaddet hat."

Mir schoss das Blut in die Wangen. War sie denn noch zu retten? "Ach Quatsch, sei doch nicht albern!"

Die anderen kicherten und ich war dankbar für die Klingel, die mich aus diesem peinlichen Moment erlöste.

Klassenfahrt mit den Maze RunnersWhere stories live. Discover now