Plan

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Takashi

Genervt ging ich die Treppen hinunter, zurück zu meinem Vater. Ich verstand nicht, wieso er dieses ärmlich aussehende Bauernmädchen in einem unserer Gästezimmer einquartierte, die eigentlich für hochrangige Gäste wie Stadthalter anderer Provinzen reserviert waren. Es gab doch kleine Kammern, die für die Dienstmädchen waren. Dort gab es das Nötigste: Ein Bett, ein kleiner Schrank und ein Waschbecken. Sogar ein kleines Fenster gab es in solchen Räumen. Ein Bauernmädchen wie sie würde doch mit so etwas mehr als zufrieden sein. Aber mein Vater hatte mir gesagt, dass er mir alles erklären würde, sobald ich dieses Mädchen, Yuna, auf ihr Zimmer gebracht hatte. Ich hoffte, dass er sein Wort halten würde.

Wenige Momente später stand ich vor ihm. „Also, warum behältst du dieses Mädchen hier?", forderte ich umgehend die mir versprochene Antwort ein. „Tststs, nicht so ungeduldig mein Junge!", tadelte er mich. „Du weißt doch, die G..." „Geduld ist eine Tugend, ich weiß!", unterbrach ich ihn leicht gereizt. Natürlich war mir klar, dass ich ihm soeben bewiesen hatte, dass ich dieser eben dieser Tugend nicht Herr war. Doch das war mir egal. „Du musst noch viel lernen, mein Sohn.", sinnierte er vor sich hin, seinen Blick aus dem Fenster gerichtet. Ich blieb stumm, da ich sonst befürchten würde, dass meine Antwort ihn dazu bewegen würde, mir nichts zu verraten. „Für den Moment musst du nur wissen, dass dieses Mädchen uns in Zukunft sehr nützlich sein wird, weshalb du ihr Vertrauen gewinnen wirst.", meinte er geheimniskrämerisch. Der Infogehalt ging gegen null, weshalb meine Laune noch weiter sank. „Wieso können wir sie nicht einfach dazu zwingen, uns zu dienen?", fragte ich missmutig. Dann könnte ich mir nämlich den ganzen Aufwand sparen. Ich wollte mich nicht bei einem wertlosen Bauernmädchen einschleimen müssen.

Eigentlich sollte sie mir zu Füßen liegen, ohne dass ich irgendetwas unternahm. Schließlich würde ich der spätere Herrscher der Provinz Oku sein. Einer der sieben mächtigsten Männer des Kaiserreiches Teikoku. Nur der Kaiser würde über mich bestimmen können. Und der war ein gutherziger, vertrauensseliger Mann, der ernsthaft glaubte, die Stadthalter würden in seinem Interesse handeln und der armen Bevölkerung helfen wo sie nur konnten. Als ob meinen Vater, mich oder sonst jemanden das Leiden dieser Menschen interessieren würde. Sie waren dreckig und habgierig und stahlen andauernd den Besitz des anderen. Das sagte zumindest mein Vater. Ich selbst hatte mich nur sehr selten in die Stadt gewagt, da der Gestank dort eine Zumutung war. Ich ritt lieber auf meinem treuen Pferd Inazuma allein durch die Felder und Wiesen. Obwohl ich mein ganzes Leben darauf vorbereitet worden war, später einmal das Amt meines Vaters zu übernehmen, wog manchmal die Last und Verantwortung so schwer, dass ich dem entfliehen wollte. Und das gelang mir nur im freien Galopp. Wenn ich nur so über die Wiese flog, eins mit Inazuma. Wenn der Wind seine Mähne flattern ließ und an mir zerrte, so als wollte er mich mit aller Kraft von Inazumas Rücken reißen. Doch er schaffte es nicht, denn Inazuma und ich waren im Moment des freien Galopps stark und unbesiegbar. Denn dann gab es nur mich und ihn, seine kraftvollen Sprünge, die uns weiter fort von jeglicher Last trugen und alles durchdringende Freiheit.

Leider riss mich mein Vater aus meinen Gedanken, indem er sagte: „Sobald sich das Mädchen gewaschen und angezogen hat, wirst du sie in aller Gentleman-Manier in den Speisesaal geleiten. Und du wirst deine schlechte Laune verstecken und sie mit alle deinem Charme bezirzen. Und um zurück zu deiner Frage zu kommen, warum wir sie nicht einfach zum Gehorsam zwingen: Wenn wir sie zum Gehorsam zwingen, wird sie uns, sobald sie eine Chance wittert, den Rücken zukehren und sich gegen uns stellen. Aber wenn sie dir vertraut und du ihre aufrichtige Zuneigung hast, dann wird sie im Zweifelsfall mit Freude ihr Leben für dich geben. Wie gesagt mein Sohn, du musst noch viel lernen." Während seiner Erklärung hatte sich ein hinterlistiges Lächeln auf seine Lippen geschlichen. Ich verstand, warum seine Vorgehensweise die bessere war. Trotzdem hatte ich kein Lust darauf, so zu tun als würde ich ein Bauernmädchen aufrichtig mögen. Aber ich hatte eine Verantwortung. Und obwohl ich oft versuchte, ihr auf dem Pferderücken zu entfliehen, holte sie mich immer wieder ein.


Die letzte Kitsune [wird neu geschrieben]Where stories live. Discover now