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22.04
„Fertig gepackt! Wir können los", sagte Oikawa und sein Kopf tauchte hinter der Bettkante auf. Er legte sich seine Tasche über die Schulter und schnappte sich seine Trainingsjacke, bevor er dann mit mir das Krankenhaus verließ.
Wir beide verabschiedeten uns von der Krankenschwester, die auf Oikawa geschaut hatte und verliessen dann endlich das Gebäude. Anstatt des sterilen Geruches stiess uns jetzt die Frühlingsluft entgegen und Oikawa atmete tief durch.
„Ugh, ich krieg diesen Desinfektionsmittelgeruch nicht aus meiner Nase", lachte er und ich stimmte leise mit ein. Dann machten wir uns auf den Weg zum Bahnhof, betraten unseren Zug und setzten uns nebeneinander. Oikawa suchte etwas in seiner Tasche, schien es aber, seinem genervten Stöhnen nach zu urteilen, nicht zu finden oder vergessen zu haben.
„Was ist?"
„Meine Kopfhörer sind noch im Spind", jammerte er und schob seine Unterlippe nach vorne. Ich suchte in meiner Tasche und hielt Oikawa dann einen Hörer hin. Er nahm ihn dankend und ich schaltete das neue Lied von Burnout Syndromes an. Während wir so zusammen Musik hörten streifte mein Blick immer wieder Oikawa's Hand und die selben zwei Gedanken wechselten sich in meinem Kopf den Platz des Sprechers.
Ich möchte seine Hand nehmen, ich möchte das er weiss das ich da bin und ihn liebe.
Er hat gesagt es geht nicht, seine Familie ist Homophob und ich will ihn zu nichts zwingen.
Oikawa Handy blinkte auf und er nahm es mit beiden Händen. Ich atmete leise aus und schüttelte den Kopf.
„Hey!", murmelte Oikawa und streckte sich, um den Kopfhörer, der ihm eben aus dem Ohr gefallen war, zurück zu holen. Sein Shirt rutschte etwas nach oben und ich erkannte deutlich seine Wirbelsäule.
„Hey, Oikawa, isst du genug?"
„Was? Natürlich! Du weisst wie sehr ich essen liebe. Ich nehme einfach nicht zu", sagte er und tippte wohl eine Antwort an jemanden ein.
„Was starrst du meine Hand eigentlich so an? Hast du einen Hand-kink?", murmelte er. Ich schnaubte ertappt aus.
„Nein. Und ich habe dich nicht angestarrt."
„Hast du wohl. Hör mal, Iwa-Chan, ich weiss ja nicht was du nicht verstanden hast aber ich habe dir deutlich gemacht das ich mir im Moment noch keine Beziehung mit einem Jungen leisten kann."
Ich nickte und wandte mich ab. Tränen schossen in meine Augen. Natürlich wusste ich es, ich verstand es und konnte es nachvollziehen.
„Ich dachte auch meine Mutter wäre Homophob. Sie hat die ganze Zeit blöde Bemerkungen gemacht, wenn sie ein schwules oder lesbisches Pärchen sah, aber als ich mich bei ihr geoutet habe hat sie mich akzeptiert und damit aufgehört."
„Meine Mutter ist aber nicht annähernd so wie deine."
Ich nickte und sah Oikawa nicht ein weiteres Mal an, bis wir bei mir vor der Haustür standen. Ich schloss auf und betrat, gefolgt von Oikawa, den Gang.
„Kann ich auf die Toilette?"
„Klar, du weisst wo", sagte ich.
„Ich mache uns was zu essen. Oikawa", unterbrach ich ihn noch als er gerade das Bad betreten wollte.
„Tasche."
Widerwillig händigte er sie mir aus und verschwand im Raum. Ich ging sicher, dass er nicht kam und öffnete sie. Ich schnappte mir die Klingen, die drinnen waren und warf sie dann auf einen der Sesseln vor der Couch.
Die Klingen schmiss ich, eingewickelt in Haushaltspapier, in den Müll, und gerade als Oikawa hineinkam, öffnete ich den Schrank und holte meinen Vorrat an Instantnudeln heraus.
„Wie viel?"
„Eine Packung."
Ich begann, sie aufzukochen und Oikawa deckte den Tisch.
„Meine Mutter kommt auch noch, Deck für sie ebenfalls."
Er nickte und legte noch einen Dritten Teller auf den Tisch. Dann stellte er sich abwartend hinter mich. Ich fixierte meinen Blick auf die Anzeige des Herds.
Erst als Oikawa's Arme sich um meine Taille legten, er seinen Kopf auf meine Schulter stellte und mir beim Kochen zusah, merkte ich, wie schnell mein Atem war. Mein Herz fühlte sich an, als würde es bald aus meiner Brust springen. Früher war dies auch schon so, allerdings nahm ich es jetzt dreifach so stark wahr.
„Tut mir leid wegen der Aktion im Zug... ich war ein Arschloch...", flüsterte er und sein Atem benetzte meinen Nacken und ein Teil meines Kinns.
„Schon okay...", sagte ich, bewegte mich allerdings kein Stück.
„Du bedeutest mir wirklich viel Iwa-chan. Ich fühle genauso für dich und das musst du wissen."
„Ich verstehe schon, Oikawa. Deine Familie ist Homophob und eine heimliche Beziehung gefällt dir nicht."
„Ich glaube nur nicht das ich für eine geheime Beziehung gemacht wäre. Ich würde dich nur nerven."
„Das tust du auch ohne eine Beziehung zwischen uns."
„Autsch, Iwa-chan", schluchzte er falsch und lehnte seinen Kopf an meine Wange. Seine Haare streiften durch mein Gesicht und ich wurde wahrscheinlich schon wieder Purpurrot.
Endlich waren die Nudeln fertig, sodass ich mich aus Oikawa Griff befreite und sie auf die Teller verteilte. Ich atmete durch, doch da hängte er schon wieder an mir und legte seinen Arm auf meine Schulter.
„Was ist los mit dir?"
„Deine Mutter ist also nicht Homophob?"
„Nein."
„Dann können wir's ja treiben."
Ich zuckte weg von ihm und warf ihm einen fassungslosen Blick zu.
„Gang bestimmt nicht. Gerade noch sagtest du, wir könnten nicht mal Händchenhaltend durch den Park laufen, wegen deiner Homophoben Mutter und jetzt willst du mit mir schlafen? Entscheide dich, Oikawa!"
Er seufzte und fuhr sich durch seine Haare.
„Ich weiss doch auch nicht. Ich dachte, vielleicht könnte ich dich irgendwie glücklich machen. Du sahst im Zug so traurig aus. Und es tut mir wirklich leid. Ich würde doch so gerne mit dir zusammen sein, Iwa-chan..."
Ich sah, wie seine Augen wieder glasig wurden und schloss ihn schnell in meine Arme.
„Alles okay Oikawa, wein bitte nicht. Du kannst doch nichts dafür, das deine Mutter noch nicht im heutigen Zeitalter angekommen ist", versuchte ich, ihn zu beruhigen und spielte mit seinen Haaren. Er schien sich zu beruhigen und sah zu mir.
„Wieso bist du grösser als ich...", murrte ich und Oikawa kicherte.
Dann setzten wir uns hin und begannen, miteinander zu essen und besprachen ein paar Volleyballtaktiken oder zogen über die Lehrer her. Wir wuschen gerade ab, wobei ich eher die Arbeit machte und Oikawa mit mir flirtete, als meine Mutter das Esszimmer betrat. Oikawa zuckte sofort von mir weg, was mir einen kleinen Stich ins Herz versetzte.
„Guten Abend Oikawa. Hast du dich gut erholt?", fragte meine Mutter Oikawa, der mit einem falschen Lächeln nickte.
„Wir haben schon gegessen und gehen nach oben, okay?", fragte ich. Meine Mutter nickte lächelnd und ich zog Oikawa in mein Zimmer. Er konnte sich gerade noch seine Tasche nehmen, bevor er mir stolpernd hinterherlief.
In meinem Zimmer angekommen setzte ich mich aufs Bett und zeigte auf Oikawa's Tasche.
„Du kannst sie ausräumen und dich einrichten."
Er schüttelte den Kopf.
„Ich habe die Klingen sowieso schon entsorgt also kann es dir egal sein."
„Du hast meine Tasche durchsucht?"
Fassungslos öffnete er den Reisverschluss und durchsuchte die Sportsachen.
„Natürlich habe ich das! Ich will nicht das dir nochmal was passiert."
Er seufzte und setzte sich neben mich.
Ich zog ihn zu mir und platzierte seinen Kopf auf meiner Schulter.
„Es ist langsam spät", murmelte ich mit einem Blick auf mein Handy.
„Ich gehe dann mal nach unten und richte die Couch ein, mach es dir gemütlich", sagte ich und streckte mich, was meinen Rücken knacken liess.
„Iwa?"
„Hm?"
„Bleib hier..."
Ich drehte mich zu Oikawa um. Er war in die Decke eingewickelt und sah aus dem Fenster.
„Ich brauche dich."
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Depressed | IwaOi
Fanfiction„Ich hasse dich!" Diese Worte hatte Iwaizumi Oikawa schon oft an den Kopf geworfen. Doch noch nie hatte er sie so ernst gemeint. Und noch nie hatte er sich so sehr geirrt. Denn hinter seinem vorgespielten Hass versteckte sich Liebe und während Oikaw...