In der Dunkelheit ein Licht

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Das Zimmer war nur schwach erhellt. Es war düster, nur ein einzelne Kerze flackerte. Der Junge starrte gedankenverloren die Wand an, sein Gesicht zeigte keine Gefühle. Und auch er selbst versuchte sich einzureden nichts zu fühlen, alles zu verdrängen. Er wollte nur vergessen und keine Erinnerungen haben, an nichts und an niemanden. Vor allem nicht an sie, er wollte nicht an sie denken. Sich nicht ihre weichen Haare vorstellen, ihre weiche Haut auf seiner fühlen, ihren Duft einatmen. Es würde ja sowieso nichts bringen. Sie beide waren verdammt, dazu bestimmt sich zu finden und dann zu verlieren. Es konnte nicht sein und es durfte nicht sein. Warum nur, warum brauchte er sie dann so sehr, warum zog ihn etwas an, wenn es nicht sein sollte?

Er fuhr sich durch die Haare und seufzte.

In diesem Moment wurde die Tür aufgestoßen und ein frischer Wind wehte herein, brachte einen neuen Duft mit sich. Und einem ihm bekannten Duft. Langsam sah er auf. Und da war sie. Er erkannte sofort die Silhouette und schließlich trat sie ein. Als sie erkannte, dass er es war, der auf dem Bett war, stürmte sie auf ihn zu.

Ihre warmen, braunen Augen sahen ihn so voller Liebe an, dass sich seine Brust schmerzhaft zusammenzog.

„Amelia...“, flüsterte er und sie zog ihn näher.

„Schh, sag jetzt nichts, Noah. Das ist unser Moment, unser alleine.“, sie legte ihre Hand an seine Wange und küsste ihn sanft. Ihre Lippen waren weich und voll und in Noah’s Bauch kribbelte es. Er erwiderte automatisch, ohne nachzudenken den Kuss. Sie war ihm so vertraut.

Als sie sich voneinander lösten, begann Noah erst zu realisieren, was wirklich geschehen war. Sie war hier, sie war da, bei ihm! So leichtsinnig und doch war Noah ihr unendlich dankbar dafür.

„Warum nur bist du so ein Risiko eingegangen, Amelia? Du weißt, wie gefährlich es ist. Wenn dich mein Vater erwischt, dann...“

„Macht es das nicht gerade aufregend? Es ist mir egal, ob dein Vater mich hasst, Noah. Es ist mir egal, wer uns nicht zusammensehen möchte. Es ist mir alles egal, was wichtig ist, bist du! Und nur du!“

Noah schüttelte leicht den Kopf, wie konnte er nur vorher daran gedacht haben, alles zu vergessen? Warum hatte er Amelia vergessen wollen? Sie war das Beste, was ihm je passiert war. Und sie hatte ja Recht. Er interessierte sich auch nicht für die anderen, er hatte nur Angst. War besorgt, um sie. Amelia kannte seinen Vater nicht so gut, wie er. Sie verstand das nicht, verstand seine Sorge nicht.

„Amelia, du... Es ist gefährlich!“

Sie rückte näher. „Hörst du mir nicht zu? Es ist mir egal. Wir beide, das fühlt sich richtig an, das kann nicht falsch sein! Egal, was meine oder deine Eltern sagen. Wir gehören zusammen, du spürst das doch auch?! Ich kann mir das doch nicht einbilden!“

Ihr Ton wurde flehender und Noah wurde weich. Wie konnte er so einem engelsgleichen Geschöpf nicht nachgeben? Er spürte wie ein leises Lächeln sich auf dem Gesicht ausbreitete.

„Oh nein, du bildest dir das nicht ein. Ich fühle es auch, Amelia. Und es zählt nicht, was andere denken. Heute Nacht ist unsere Nacht. Du und ich, das ist das Wahre, das ist die Realität.“, wisperte er ihr leise ins Ohr und zog sie nah an sich, sodass sie nun beide, eng aneinander geschlungen, im Bett lagen.

Eine Weile genossen sie die Stille, hörten nur den Herzschlag des jeweils anderen und zum ersten Mal seit langem fühlte Noah etwas. Es breitete sich langsam in seinen Körper aus und kribbelte. Es war Hoffnung, sie gab ihm Hoffnung, erleuchtete die Dunkelheit mit ihrem hellen Licht. So lange war er unsicher gewesen, hatte nicht gewusst, was richtig war, wie sie das schaffen sollten. Aber jetzt hatte sich etwas getan. Noah hatte sich entschlossen, hatte es eingesehen. Egal was auch passieren würde, er würde für Amelia da sein und sie für ihn. Sie waren Seelenpartner, sie verstanden einander vollkommen, so war es zumindest für Noah. Und er war sich sicher, dass Amelia dasselbe fühlte. Und das Liebespaar würde alles überwinden, alles schaffen, für die Liebe. Es war alles für die Liebe. Es zählte nichts anderes, als der Andere. Nur die Liebe, die Nähe und die Vertrautheit. Sie verstanden einander vollkommen.

Als Noah das realisierte, pochte sein Herz nur noch stärker und er lachte leise und befreit auf. Amelia blickte ihn sanft an und fragte: „Was ist so lustig, Liebster?“

Erheitert sah Noah sie an: „Mir ist nur gerade etwas klar geworden.“

„Und das wäre?“, neugierig grinste sie ihn nun an und Noah beugte sich vor. Er küsste sie und murmelte zwischen den Küssen etwas.

„Ich liebe dich, ich liebe dich und ich liebe dich.“

Amelia intensivierte den nächsten Kuss als Antwort und das nächste was Noah fühlte, war pures Glück.

Seine Hände fuhren sanft durch ihre Haare und ihre hatten sich um seinen Hals geschlungen.

„Und weißt du was?“, fragte sie ihn nun neckisch. Ihre Fingerspitzen fuhren nun seine Hand nach, die  nun auf der dunkeln Bettdecke lag.

Mit einem schiefen Grinsen blickte der Junge seine Liebe an.

Ihre Stimme wurde etwas dunkler vor Leidenschaft: „Es ist mir vollkommen egal, was andere denken oder sagen. Es ist mir egal, ob ich dabei sterbe, aber ich liebe dich. Das ist was zählt, ich liebe dich so sehr, mehr als alles andere. Ich würde alles für dich tun und alles für dich sein. Du bist mein Leben und du bist mir mehr wert, als meines. Ich könnte mich niemals an einen anderen binden, denn du wärst immer in meinem Gedanken. Du bist immer in meinem Herzen. Es springt und lacht, wenn es dich sieht. Keiner ist so wunderbar wie du, aber du bist alles für mich. Ich liebe dich, Noah, ich liebe dich.“

Noah schloss die Augen. So etwas hatte er nicht erwartet und doch freute ihn es so ungemein. Es zeigte, dass sie beide dasselbe fühlten. Sein Herz schlug nur noch schneller und sein ganzer Körper prickelte vor Glücksgefühl. Ein leises, kleines, aber ehrliches Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus und erreichte seine Augen. Es war kein falsches, wie sooft vor seinen Eltern, nein, es war ein Wahres. Eines voller Liebe und Glück.

„Amelia. Du bist mein ein und alles, du bist meine Zukunft.“

Und dann küssten sie sich. Und in diesem Moment erfuhr Noah was wahre Liebe und wahres Glück wirklich bedeutete.

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