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Ich öffnete ihn und konnte meinen Augen nicht glauben:

Hey,

ich weiß, dass es dafür eigentlich schon zu spät ist. Nach 16 Jahren. Ich weiß, dass du Antworten suchst. Das schulde ich dir. Aber bitte hör auf mich zu suchen. Es bringt dich nur selbst in Gefahr. Wenn die Menschen, die dir das angetan haben, keine Gefahr mehr für dich darstellen, werde ich kommen. Ich werde dir alle Fragen beantworten. Es gibt nur eine Bedingung. Du darfst diesen Brief nicht deinen Freunden zeigen und auch nicht von dem Ort, wo er geöffnet wurde wegbewegen. Dort ist ein Tracker drin, der merkt das sofort. Du darfst ihnen sagen, was darinstand, nur ihn ihnen nicht geben. Das ist wichtig, sonst werden viele Menschen sterben. Du musst mir vertrauen, auch wenn dir das wahrscheinlich sehr schwer fallen wird.

Dad.

Ich konnte es immer noch nicht glauben. Er hatte mir schrieben. Er hatte Kontakt aufgenommen. Aber warum? Warum ausgerechnet jetzt? Am liebsten wollte ich es direkt erzählen, aber es war mitten in der Nacht und wem konnte ich es hier schon erzählen. Ich versuchte zu schlafen, aber es war unmöglich. Ich war zu aufgeregt. Ich musste mich bewegen. Der Arzt hatte es mir zwar nicht erlaubt, es aber auch nicht untersagt. Ich legte meine Beine sanft und vorsichtig auf eine Seite und stellte mich auf das komplett gesunde Bein. Mich überkam ein Schwindelgefühl, welches ich aber auf das lange Liegen zurückschrieb und somit nicht weiter beachtete. Ich setzte das andere Bein auf den Boden und verlagerte langsam mein Gewicht. Es tat weh. Ich ignorierte den Schmerz. Ich ging zwei Schritte. Drei Schritte. Vier Schritte. Dann wurde um mich alles schwarz. Mein letzter Gedanke war: ‚Hätte ich den Schwindel nur ernst genommen...'

Man konnte einen lauten Schlag hören. Eine Krankenschwester des um die Uhr besetzten Krankenhauses ging in die Richtung, aus der sie es gehört hatte. Als sie die Tür öffnete rief sie umgehend den zuständigen Arzt. Hannah lag auf dem Boden. Ihre Augen waren geschlossen. Sie lag auf dem Rücken. Hoffend, dass sie sich durch ihre dumme Aktion nicht noch mehr Verletzungen zugezogen hatte, hob der Arzt sie vorsichtig wieder auf das Bett. Er schloss sie an verschiedene Geräte an. Eines maß ihren Herzschlag und Blutdruck. Ein anderes die Sättigung. Da von außen keine zusätzlichen Verletzungen zu erkennen waren, wurde sie in die Radiologie gebracht. Da Hannah immer noch nicht wach war, mussten die Ärzte noch warten, ihr die Ergebnisse mitzuteilen. Ob sie gut oder schlecht waren, hing von einem Faktor ab. Ob Hannah vorher schon leichte Verletzungen hatte oder nicht. Zur Sicherheit rief der Arzt den Kontakt an, der in ihrer Akte als Notfallkontakt angegeben war. Zu seinem Glück, war die Person in der Navy, wodurch sie zwar verschlafen klang, aber dennoch bereit war auf direktem Wege ins Krankenhaus zu kommen. Warum es ausgerechnet diese Nummer war, wusste niemand. Eine viertel Stunde später kam er im Krankenhaus an. Nachdem er am Empfang seine Daten abgegeben hatte und sich nach der Zimmernummer erkundigt hatte, rannte er los. Ihm lag schon jetzt an Hannah mehr, als es zugeben wollte. „Mr. Baker. Es ist gut, dass sie so schnell herkommen konnten. Ich hoffe wir haben sie nicht zu sehr gestört. Wir wissen leider nicht, warum genau sie aufgestanden war, aber sie hatte kurz davor einen Brief bekommen. Aus datenschutzrechtlichen Gründen dürfen wir ihn weder öffnen, noch ohne ihre Erlaubnis ihn jemand anderem geben. Wir vermuten aber, dass dieser Brief sehr wichtig gewesen sein muss, denn ihr Herzschlag ist jetzt um einiges schneller." „Können sie mir sagen, was genau sie hat?" „So halb. Sie wurde umgehend geröntgt. Falls es notwendig ist, werden wir sie später auch nochmal ins CT bringen. Die Ergebnisse sind schon da. Sie hatte ja, als sie von der Mission zurückgekommen sind, die Schussverletzung am Oberschenkel, bei der sie überraschend viel Blut verloren hat. Dazu weiß ich leider noch nichts Genaueres, nur dass irgendetwas ihr Blut gerinnen lassen hat. Aber durch den erneuten Sturz hat sie sich zwei Rippen gebrochen und das Schulterblatt geprellt. Wie genau das passieren konnte, ist noch nicht ganz klar, da sie eigentlich nicht so weit gefallen ist. Wie sie bestimmt wissen, können wir bei dem Bruch nicht viel machen, außer ihr schmerzlindernde Medikamente zu verschreiben. Wegen der Schulter müssen wir nochmal schauen. Es wäre gut, wenn sie hierbleiben würden, denn obwohl dies eigentlich nicht gestattet ist, da sie kein Familienmitglied sind, muss es sein. Der Brief scheint Hannah sehr aufgewühlt zu haben, da ist es gut, wenn jemand da ist, den sie kennt und dem sie vertraut." 

"Von der Schüchternen zum Verbrecherziel"Место, где живут истории. Откройте их для себя