Kapitel 7 (1)

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Caitlin

Ich trat nach Zusan in ihr Zimmer ein. Draußen näherte sich die Sonne dem Horizont. Lange Zeit hatten wir unten gesessen und gesprochen. Sie hatten mir alles – soweit das eben ging - erzählt, was ich wissen musste. Schweigend hatte ich zugehört. Wirklich glauben konnte ich nicht, was sie versuchten mir weis zu machen. Das war doch Quatsch! Und trotzdem war es genauso passiert. In der letzten Stunde hatte ich mich oft gefragt, ob ich nach der OP vielleicht doch gestorben und das alles noch ein Traum war, aber dafür fühlte es sich zu real an.

Allein mein rasendes Herz verriet mir, dass es eben kein Traum war. Mit einer unergründlichen Hoffnung hatte ich darauf gewartet, dass Tristan wiederkam, aber das hatte er nicht getan. Stattdessen hatte ich mit Mr Walsh und Raul unten gesessen.

Neugierig trat ich an Zusans Schreibtisch, der übersäht von Zeichnungen war. Grinsend hob ich eine hoch: „Ist das etwa Xaver?"

Sie fuhr wie von der Tarantel gestochen zu mir herum.

Überrascht starrte Zusan die Zeichnung an: „Das..."

Natürlich war er es. Die Ähnlichkeit war nicht zu übersehen.

„Er ist oft hier", erklärte meine Freundin eilig, „und wenn er ohne Pause redet, beginne ich oft zu zeichnen. Der erzählt ja so viel Schwachsinn..."

„Mhmm...", bemerkte ich. Mein Grinsen wurde stetig breiter. Es war lustig ihr zuzusehen, wie sie versuchte, sich aus der Sache raus zu reden.

„Caity, hör auf! Er ist halt einfach die einzige Person – jetzt mal abgesehen von Donna – bei der man gar nicht zu Wort kommt."

Ausreden, dachte ich schmunzelnd, sprach es aber nicht aus, sondern nickte nur grinsend.
„Verstehe, deshalb hast du ihn auch vierzehn...nein...warte, sechszehn Mal gemalt."
„Es heißt gezeichnet in dem Fall, aber wie gesagt, er ist oft hier."

„Er schläft hier?"
„Wie bitte?", Zusans Stimme klang mehr wie ein Piepsen. Sie schluckte.
Ich zeigte ihr einen Zettel. Darauf war Xaver deutlich zu erkennen, wie er an Zusans Bettende – wie mir jetzt erst auffiel – lehnte, die Augen geschlossen und seine Arme hinterm Kopf verschränkt hatte. Aus meiner Sicht war er nicht so heiß in Echt, aber das lag ja im Auge des Künstlers.

„Das kann nicht dein Ernst sein, Caity, lass einfach meine Zeichnungen."
„Warum hast du mich nicht gemalt?", empörte ich mich lachend.
Mir entging nicht, wie erleichtert sie darüber schien, dass ich das Thema wechselte.

„Du hast nie gefragt. Außerdem redest du nicht ohne Punkt."
„Donna hast du auch gemalt."
„Wie gesagt, sie redet ja ebenfalls durchgehend."

„Weiß sie eigentlich, dass..."
Schnell schüttelte Zusan den Kopf: „Niemand weiß, was ich wirklich bin...naja...außer das Rudel eben."
„Gibt es Hexen?"
„Ja."

„Ist Mrs Gaday eine?"
Sie lachte auf: „Nein, zumindest nicht, dass ich wüsste."
„Schade, das hätte für mich logisch geklungen", ich legte die Zeichnungen beiseite.

„Also, dass hier soll schließlich eine normale Übernachtung sein. Was machen wir? Filme gucken? Nägel lackieren? Hast du Klatschzeitschriften? Wir könnten so ein Quiz machen, ob wir beste Freundinnen sind. Irgend so einen scheiß eben, aber ein Film, wäre ein Anfang."

„Auf was hättest du denn Lust?"
Ich kletterte neben ihr auf das Bett: „Wie wäre es mit Twilight?"
Wortlos hob Zusan ihre Augenbraun.

„Okay, okay...Teen wolf?"
„Teen wolf entsprich rein gar nicht der Realität."
„Doch schon."

„Wer von uns ist seit siebzehn Jahren ein Werwolf?"
Ich kicherte: „Du hast Recht. Vampire Diares?"
„Ne, lass gut sein. Auf Vampire hab ich keinen Bock."

„Avatar?"
„Von mir aus", sie stand auf und ging zu ihrem Regal hinüber, indem sie DVDs sammelte. Wenn ich sammelte sagte, meinte ich nicht, zwanzig, nein, das ganze Regal war beinahe voll davon.

„Vielleicht sollten wir doch besser..."
Ruckartig drehte sie sich herum: „Sag jetzt keinen Werwolf oder Vampire Film!"
„Na gut..."

Mit einer DVD in der Hand kam sie zu mir zurück.
„Auf die altmodische Weise?"
„Das nennst du altmodisch? Soll ich ein paar Kassetten aus dem Keller holen?"

„Habt ihr überhaupt einen...", das Klicken der Türklinke ließ mich verstummen.
Jemand öffnete die Tür – aber nicht nur einen Spalt. Er stieß sie direkt ganz auf.

Zusan schnaubte: „Wieso kann in diesem Haus niemand klop..."
Abrupt verstummte sie, als der Ankömmling deutlicher wurde. Raul stand im Türrahmen. Sein Gesicht war bleich. Unruhig trat er von Fuß zu Fuß.

„Benjamin schickt mich", sagte er.
„Warum?", fragte ich.
Was druckste der denn so herum?
Zusan schien nun auch angespannt: „Spuck es aus, Raul, was is?"
„Sie haben einen Wolf geschossen!"

„Aber es durfte doch niemand in den Wald!"
„Es ist möglicherweise gar kein Rudelmitglied. Wir wissen noch nicht einmal, ob es ein Werwolf war. Als Förster darf dein Vater ihn sich ansehen, aber wir haben keinen Namen."

„Wann wird er ihn sehen?"
„Er ist schon auf dem Weg. Ich sollte euch das nur sagen. Macht einfach mit dem weiter, was ihr macht."
Meine Freundin verdrehte die Augen: „Denkst du echt, wir gucken jetzt entspannt einen Film?"

Sein Blick glitt zu der DVD. Sofort verzog er das Gesicht: „Avatar? Ernsthaft jetzt?"
„Es ist besser für dich, wenn du schweigst!", ermahnte ich ihn, „die andere Variante wäre Twilight gewesen."

„Besser als das! Ich check nicht, wieso sie Edward gewählt hat."
„Du hast Twilight gesehen?"
„Ich bin ein Werwolf. Das gehört halt dazu und..."

„Was machen die anderen?", unterbrach Zusan ihn.
"Wir warten unten auf seine Rückkehr."
„Gut, wir warten mit euch. Lasst uns hoffen, dass es keiner aus dem Rudel war."

[Sorry, dass es so spät kommt, aber naja...besser spät als nie. Irgendwie passiert in dem Kapitel nicht so viel. Ich hoffe, es gefällt euch trotzdem <3]

NOT MY HEART | ✓Where stories live. Discover now