Kapitel 7 (3)

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Zusan Walsh

Sie rannte durch den Wald. Ihr Atem ging rasseln und ihr Herz raste. Sie hasste es einfach, nicht als Wolf zu rennen. Es dauerte immer so kurz, bis sie schon nach Luft schnappte.

Doch der Hass auf den Ort, den sie nun abstrebte, ließ sie alles andere vergessen.

Jedes Mal, wenn sie von dort nach Hause zurückkehrte, schwor sie sich, ihn nicht wieder aufzusuchen. Trotzdem war sie nun auf dem Weg zu diesem Ort.

In den letzten Stunden war zu viel passiert. Sie müsste zuhause sein und sich um Caitlin kümmern. All das ging viel zu schnell. Gestern war ihre Freundin noch völlig normal gewesen, aber jetzt schien alles anders.

Sie kam nicht mehr mit. Am liebsten hätte Zusan einfach die Zeit angehalten und versucht, nach und nach alles zu begreifen. Doch das ging eben nicht.

In der Ferne sah sie bereits die kleine Hütte. Hinter einem der Fenster sah Zusan ein kleines Licht flackern. Sebastian war also zuhause. Es wäre so viel einfacher gewesen, wenn er weg wäre.

Für einen kurzen Moment spielte Zusan mit dem Gedanken wieder wegzulaufen.

Sie sollte nicht hier sein.

Wenn ihr Vater es wüsste, würde er ausflippen und Xaver...sie versuchte diesen Namen aus ihrem Kopf zu verdrängen, doch er kehrte immer wieder zurück. Er wäre enttäuscht – nein, mehr als nur das. Wahrscheinlich würde es einen Teil von ihm zerstören.

Zusan kam dem Haus immer näher.

Die Tür bestand aus dunklem Holz. Tief atmete sie ein und aus. Nur noch dieses eine Mal, dann war es vorbei – für immer.

Dieses Mal stand ihr Entschluss fest!

Falls sie überhaupt jemals das hier vergessen können wollen würde, müsste sie damit aufhören.

Zögerlich klopfte sie an. Das Geräusch klang seltsam dumpf und zugleich so schrecklich vertraut. Wie oft war sie hier gewesen im letzten Jahr? Sie konnte es nicht mehr sagen. Anfangs hatte sie nur diese eine Sache wissen wollen, doch mit jedem Besuch hatte er sie weiter in seinen Griff genommen.

Im Inneren des Hauses waren Schritte zu hören.

Die Tür wurde langsam geöffnet – es war zu spät, um einfach umzudrehen.

„Zuzu", grinsend blickte Sebastian auf sie hinab.

In der Nacht wirkte er mit seiner dunklen Haut wie ein Schatten. Selbst seine Augen und Lippen wirkten finster.

„Komm rein, Kleine", er öffnete die Tür weiter.
Zusan trat hinter ihm ein. Sie hasste es, wie gut sie diesen Ort kannte.

Im Haus war es heller, auch wenn nur vereinzelt Kerzen brannten, deren qualmiger Geruch deutlich zu riechen war.

„Hast du mich vermisst?", fragte er, wobei Schalk in seiner Stimme mitschwang.
Am liebsten hätte Zusan geschnaubt, doch sie verkniff es sich.
„Ich brauche deine Hilfe."

„Mal wieder, also", murmelte Sebastian und drehte sich langsam zu ihr hinab.
Hinter Zusan fiel die Tür zu.
Kaum merklich zuckte sie bei dem Geräusch zusammen.

„Um was geht es dieses Mal?"
„Officer Zheng."
„Du willst, dass ich bei einem Polizisten einbreche?"
„Ich will, dass du sie nach ihrem Mann befragst."

Er hob seine schmalen Augenbrauen: „Wieso."
„Ihr Mann ist gestorben. Also noch nicht offiziell. Bisher wissen nur die Werwölfe davon."

„Oh, traurig. Willst du etwas trinken? Ich hab Whiskey da."
„Nein."

„Na gut", wieder erschien dieses dreckige Grinsen auf seinen Lippen, „ich wollte nur höflich sein. Was genau soll ich denn machen? Oder willst du, dass ich einfach nur fragte, wie es ihrem Mann geht?"

„Du sollst vorgeben, nach ihm zu suchen. Am besten erwähnst du auch noch Patrik?"
„Den Toten?"
„Es gibt keinen anderen im Dorf."

Sebastian zuckte mit den Schultern: „Ich wollte nur sichergehen. Aber lieb, dass du damit zu mir kommst."

„Du bist der einzige Vampir, den ich kenne, der Verbindungen spüren kann."
„Du machst meinen Dank kaputt", schnaubte er, „trotzdem ist es immer schön, dich wiederzusehen."

„Ja, auf Wiedersehen, Sebastian", sie wandte sich um.
Im Stillen schickte sie ein Stoßgebet zum Himmel, dass er sie einfach gehen lassen würde, doch ein einziges Wort, machte alles zunichte.

„Zusan."
Sie drehte sich um.
„Du kennst das Spiel."
„Zu gut."

Am liebsten wäre sie losgerannt, doch zugleich wusste sie, was passieren würde, wenn sie es täte. Sebastian war nicht dumm – nur eben ein Arsch.

Hätte sie all das nicht damals angefangen, würde sie sich nun nicht jedes Mal schlecht fühlen, wenn Xaver sie anblickte.

Sebastian kam weiter auf sie zu.

Xaver hatte jemand besseres verdient und nicht sie, die so oft hier herkam. Manchmal wünschte Zusan sich, Xaver hätte sie geirrt. Das sie einfach an einem Tag aufwachen würde, an dem er ihr seine wahre Seelenverwandte vorstellte.

Zugleich zerriss dieser Gedanke sie.
Zusan liebte ihn. Es hatte lange gedauert, bis sie es sich eingestanden hatte, doch dann war es schon zu spät gewesen.

Sebastian schloss seine feste Hand um ihr Gelenk.

Schlagartig verzog er das Gesicht: „Kannst du bitte aufhören, an ihn zu denken. Das ist wirklich widerlich klischeehaft."
Sie wollte etwas antworten, doch er stieß bereits seine Reißzähne in ihre Haut.

Zusan wehte sich nicht. Das hier war die Bezahlung. Nur wenige Male hatte er sich weiter getraut und sie geküsst – aber nur zwei Mal. Danach nie wieder. Sie würde es auch nicht mehr zulassen.

Dass ihr Blut verunreinigt war, reichte ihr schon, um sich immer zu schämen, wenn sie Xaver unter die Augen trat.
Aber sie hatte sich auf diesen Kompromiss eingelassen – nun lag es an ihr, auch die Konsequenzen dafür zu tragen.

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