Du und Ich

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Und auf einmal sah ich ihn.

Unbemerkt blieb ich stehen. Es traf mich wie ein Schlag - so unerwartet.
Ich spürte, wie die Leute hinter mir anfingen zu drängeln und genervte Bemerkungen machten, aber das war mir egal.

In diesem Moment blieb meine ganze Welt stehen.
So oft hatte ich mir vorgestellt, wie es wäre, wenn ich "zufällig" auf ihn treffen würde und nun stand er tatsächlich vor mir. Genau dann, wo ich es am wenigsten erwartete.

Jedes Mal, wenn mir jemand sagte, er wäre so sehr in den Bann eines anderen Menschen gezogen worden, dass er alles andere um sich herum vergaß, musste ich lachen. Ich konnte mir das nie vorstellen.

Bis jetzt.

Allein seine Präsenz hat mich dermaßen aus dem Konzept geworfen.
Ich stand hier und konnte nicht weitergehen, zu gefangen war ich von seinem Anblick. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie ein junger Mann neben mir den großen, leuchtenden Knopf drückte, damit sich die Türen öffneten.
Vor wenigen Minuten war mein einziger Gedanke noch, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen. Hoffentlich verspätet sich der Zug nicht, sodass ich den Bus verpasse und auf den nächsten warten muss.
Aber in diesem Moment war mir das total egal. Ich blieb wie angewurzelt in der Mitte der Tür stehen und konnte nicht aufhören zu starren, so sehr ich es auch wollte.
Mit einem Schlag wurde ich wieder in die Vergangenheit zurückgeworfen.

Normalerweise stieg ich immer in der vordersten Tür aus, damit ich schneller am Bus war, so auch diesmal. Ich hatte heute ausnahmsweise früher Schluss gemacht, um eine meiner vielen Überstunden abzuhängen. Das letzte woran ich dachte, war ihn zu sehen. Hier.
Ich konnte einfach nicht anders, als ihn anzusehen. Meine Augen musterten seinen ganzen Körper. Er trug eine schwarze eng anliegende Trainingshose, was auch sonst. Dazu einen Hoodie und eine dicke Winterjacke. Über die Schulter trug er seine große Nike Sporttasche. Das Handy in der Hand und die Air Pods im Ohr. Ich habe den sportlichen Look immer an ihm geliebt.

Sobald der Zug zum stehen kam blickte er von dem leuchtenden Display auf. Sein Blick traf sofort meinen. So als wüsste er, wo er hinsehen müsste. Ich stand da, wie vom Blitz getroffen.
Die Zugtüren öffneten sich mit einem lauten quietschen. Ohne sich zu bewegen, ohne den Blick zu senken oder ihn abzuwenden, standen wir da. Er, draußen, bereit in das Stadtzentrum zu fahren und Ich, immer noch in dem Zug, auf dem Weg nach Hause.

Dieser Moment, dieser eine Blick von ihm direkt in meine Augen brachte mich zurück. Alle Erinnerungen, Momente, Berührungen und Gefühle sind auf einen Schlag wieder da. Und das ist nicht das erste Mal.

Es ist zwei Jahre her. Zwei Jahre, seitdem wir Kontakt hatten und er mein Leben auf eine Weise verändert hat, die ich niemals beschreiben könnte. Jeder von uns würde sagen, dass es keine Liebe war, aber wir brauchten einander. Für den Moment.
Damals waren wir füreinander da, als es kein anderer war. In so kurzer Zeit, in der wir Kontakt hatten, hat sich etwas so intensives entwickelt. Ich gebe zu, wie du hat mich vorher noch keiner behandelt, auf eine positive Weise. Und BOOM. Von heute auf morgen war es einfach vorbei. So, als wäre nie etwas gewesen.
Ich gebe zu, es war meine Schuld. Auch, wenn mir das erst sehr spät klar geworden ist.
Ich habe dir nicht mehr geschrieben und nicht auf deine Nachrichten geantwortet, obwohl du es versucht hast. Ich bin schuld, dass es mit uns so abrupt geendet hat und es tut mir leid. Ich dachte du wärst nur einer meiner Phasen, auch wenn das blöd klingt. Du warst nur ein kleines Kapitel in dem Buch meines Lebens. Vielleicht hätte man die Freundschaft retten können, hätten wir es versucht.
Ich habe dich als Freund so sehr geschätzt, auch wenn ich nie die Gelegenheit hatte, dir das persönlich zu sagen.

Die letzten zwei Jahre waren für mich unglaublich. Ich habe mich persönlich so sehr weiterentwickelt und verändert. Dazu hast du einen so großen Teil beigetragen, auch wenn du es nicht weißt. Ich wünschte, ich könnte dir sagen, wie viel und was mir unsere gemeinsame Zeit damals bedeutet hat und warum es so lief, wie es lief. Aber im Endeffekt ist alles so viel komplizierter gewesen, als es jetzt hier dargestellt wird und als es bei dir ankam. Es war nicht immer leicht und oft auch verdammt scheiße, aber es war unsere Zeit zusammen. Unsere Zeit war so besonders. Ich würde nichts ändern, gar nichts.

Ich habe einen Weg für mich gefunden, damit Stück für Stück abzuschließen.  Ich habe viel an  mir gearbeitet und war bereit, dieses Kapitel endgültig zu schließen. Jedenfalls dachte ich das.

Alle Fahrgäste um mich herum waren bereits ausgestiegen. Wir standen uns gegenüber wie angewurzelt. Es war fast so, als könnten wir selbst nicht glauben, uns genau in diesem Moment zu sehen. Diese direkte Konfrontation überwältigte mich komplett. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen, geschweige denn etwas sagen. Wir haben seit zwei Jahren nicht mehr persönlich miteinander gesprochen, wenn überhaupt, dann nur über kurze Text Nachrichten. Da schien mir ein einfaches 'Hey' eher unangebracht. Nicht, dass ich es sowieso nicht rausbekommen hätte.

Ich spürte, wie mir die Hitze durch den ganzen Körper schoss.

Während ich realisierte, dass die ersten Fahrgäste wieder einstiegen, senkte ich den Blick. Genug. Langsam setzte ich einen Fuß vor den anderen. Er blieb draußen stehen und wartete, bis ich an ihm vorbei gegangen war. Ich konnte an nichts anderes denken, als an ihn. An alles, was mit uns passiert war. Wie eine Endlosschleife liefen alle Momente vor meinem inneren Auge ab.

Ich konnte seinen Blick auf mir spüren, als ich an ihm vorbei ging. Er musterte mich, genau so, wie ich es zuvor bei ihm getan hatte.
Auf einmal fragte ich mich, wie meine Haare wohl aussehen würden. Am Morgen hatte ich sie zu einem schnellen Dutt frisiert. Im Laufe des Tages sind sicherlich ein paar Strähnen herausgefallen... Da meldete sich meine innere Stimme: es sollte mir mittleriweile egal sein, was er von mir hält.

Als ich neben ihm stand, blickte ich auf.
Meine Augen schauten direkt in seine. Man hätte die Spannung förmlich greifen können. Mit einem Mal wurde mir klar, dass es so nicht weitergehen könnte. Irgendwann muss es ein Ende haben. All die Momente, in denen ich mich über ihn aufgeregt habe, wegen ihm traurig war oder geweint habe, schossen vor mein Auge. Ich räusperte mich, wendete den Blick ab und ging mit schnellen Schritten in Richtung Busbahnhof.

Ich wusste, damit war die Sache nicht abgeschlossen.

Solche Begegnungen wärmen den Brei seit zwei Jahren immer wieder auf.

Ich fühle mich jedes verdammte Mal wie in einer Endlosschleife, aus der ich keinen Ausweg finde. Suche ich überhaupt?

Ich würde nichts anders machen, auch wenn es nicht gut geendet hat.



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"Phases" von ALMA und French Montana passt übrigens unfassbar gut zu der Story bzw. auch dem background


Nach langer Zeit mal ein etwas anderer OS. Im Gegensatz zu allen anderen ist dieser real passiert. Es ist wirklich so unglaublich viel passiert in letzter Zeit.

Anders als die anderen ist dieser auch nicht an ein bestimmtes 1D Mitgleid gekoppelt, sondern kann wirklich jeden verkörpern.

Unfassbar, dass ich vor 5 Jahren angefangen habe OS auf Wattpad zu schreiben.

Vielen Dank an alle, die mich seitdem unterstützt haben!!

Schreibt mit gerne eure Meinung und/ oder Feedback in die Kommentare :)



One Direction one shots boyxboyDove le storie prendono vita. Scoprilo ora