fehlende Stücke - Überarbeitet

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Er sah mit brennendem Blick zu ihr hinunter und Hermine sah die hellen Flecken in seinen silbergrauen Augen, so nah war er ihr gerade. Sie liess seinen Arm los und wandte den Kopf. «Wir sollten zurückgehen.»

Er nickte zustimmend und lief voran. Nachdenklich folgte ihm Hermine, hatte Mühe mit seinen Schritten mitzuhalten. Seine Wechsel zwischen dieser unglaublichen Anziehung und seiner Distanz waren anstrengend. Hatte sie einmal das Gefühl, ihn zu verstehen, liess seine nächste Reaktion sie noch unwissender zurück.
Sie hatte zu ihm aufgeholt und sie gingen nebeneinander her. Als das Hotel näherkam und sie einige Gäste abreisen sahen, ergriff er das Wort: «Wann wirst du abreisen?»

Sie sah ihn nicht an: «Ich habe noch kein Rückflugticket gebucht.»

Er wandte ihr sein Gesicht zu: «Gut.»

Sie wusste nicht, wann sie beide stehen geblieben waren und sich ansahen. Als er sich näher zu ihr herabbeugte, zögerte sie leicht. «Draco, wir...»
Sie konnte nicht zu Ende sprechen. Sein Kuss war nüchtern, direkt und ehrlich. Hermine vergass, dass sie praktisch neben dem Hotel standen, ihr Körper übernahm das Denken und sie liess sich in seinen Kuss fallen. Als er sich von ihr löste, keuchte sie atemlos.

Dracos Blick ging zurück zum Hotel: «Hast du Hunger?»

Das Essen verlief ohne besondere Ereignisse. Sie unterhielten sich wenig und nur über harmlose Themen. Selbst da fiel Hermine aber wieder auf, wie ein angenehmer Gesprächspartner Draco war. Intelligent und scharfsinnig. Hermine hörte ihm plötzlich nicht mehr zu, als sie zufällig ins Foyer hinaussah. Ginny stand zusammen mit Harry an der Rezeption, ein bisschen weiter weg warteten George, Neville und Luna. Nur Ron entdeckte Hermine nirgends. Ihre Kehle wurde eng, als sie die Gruppe betrachtete, wie sie sich in die Arme fielen und voneinander verabschiedeten. Mit leerem Blick sah sie die Tür an, die sich hinter ihren Schulkameraden geschlossen hatte und kämpfte um ihre Fassung.
Seine Finger strichen leicht über ihre Hand und sie löste sich aus ihrer Starre. Sein Blick war weich und verständnisvoll und ihr wurde klar, dass auch er die Gruppe gesehen hatte. «Du solltest zu ihnen gehen», meinte er leise.

Hermine schüttelte den Kopf: «Nein... es ist im Moment besser so.»

Er akzeptierte ihre Antwort stumm. Hermine dankte dem Kellner, der sie auf die Dessertkarte aufmerksam machte und nach einer weiteren Flasche Wein fragte. Hermine kam Draco zuvor und verneinte.

Draco

Sie hatte sich im Restaurant alle Mühe gegeben, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Doch er erkannte die Traurigkeit in ihrem Blick, als sie die Anderen beobachtete. Draco hatte sich schuldig gefühlt, seinetwegen hatte sie die Zeit nicht mit ihren Freunden verbringen können, seinetwegen hatte sie sich mit Ron gestritten.
Er hatte sie nicht aufgehalten, als sie auf ihrem Stockwerk stumm zu ihrem Zimmer gegangen war. Er hatte gespürt, dass sie ihre Ruhe brauchte und liess sie gehen. Er telefonierte in seinem Zimmer mit Blaise. Er hatte in aller Frühe heute Morgen ausgecheckt. Jetzt wirkte er abgelenkt und gestresst zu sein und es war der falsche Zeitpunkt, um ihm von Hermine zu erzählen. Ausserdem konnte er sich vorstellen, was er dazu sagen würde. Er hielt das Gespräch kurz und stand dann unschlüssig im Zimmer.
Draco hatte sich eine Zeitung gegriffen, die er aus dem Restaurant mitgenommen hatte und überflog lustlos die Artikel. Die Müdigkeit überrollte ihn langsam und nach einer Weile döste er weg.

Er schreckte aus dem Sessel hoch und sah sich mit wirrem Blick im Raum um. Erst langsam wurde ihm wieder bewusst, wo er war. Und, nach einem Blick in die dunklen Ecke des Zimmers, dass er alleine war.
«Nur ein Traum. Es. War. Nur. Ein. Traum.»
Sein Blick wanderte fast sehnsüchtig in Richtung der kleinen Minibar, doch Draco zwang sich, sitzen zu bleiben. Das war keine Lösung. Einatmen. Ausatmen. Sein rasendes Herz beruhigen. Und nicht mehr darüber nachdenken. Er hatte seit Ewigkeiten keine traumlose Nacht gehabt. Nur wenn er zum Alkohol gegriffen hatte, sich fast an den Rand des Komas getrunken hatte, dann war sein Schlaf traumlos.
Das Klopfen an seiner Tür liess ihn zusammenfahren. Er verharrte, bis das Geräusch sich wiederholte und er Hermines leise Stimme hörte. «Draco?»

Langsam öffnete er die Tür und sah ihr in die braunen Augen. Sie war in Jogginghose und T-Shirt und trat nervös von einem Fuss auf den anderen. «Ich habe ein schlechtes Gewissen wegen vorhin. Sollte es den Eindruck gemacht haben, dass ich dir dafür die Schuld gebe, wollte ich das nicht. Ich gebe dir nicht die Schuld, Draco.»
Sie sah ihn an und als sie sich auf die Lippe biss, betrachtete er sie fasziniert. Sie hatte eine unglaubliche Wirkung auf ihn und ihre Gegenwart beruhigte ihn sofort. Dann fiel ihm ihre gemeinsame Nacht wieder ein. Am nächsten Morgen hatte er sich so ausgeruht gefühlt wie seit Wochen nicht mehr. Und er hatte nicht geträumt.

Er antwortete, bevor er die Idee zu Ende gedacht hatte: «Kommst du rein?» Hermine warf einen Blick neben ihm in das Zimmer und er fügte hinzu: «Ich fände es gut, wenn du einige Zauber wieder auffrischst. Ich habe dir den Zauberstab entwendet, ohne dass du überhaupt einen Zauber ausgesprochen hast.»

Ihr Blick wechselte von neugierig zu verschlossen und er bemerkte, wie sie sich weiter in den Flur zurückzog. «Nein, lieber nicht.»

«Bitte Hermine.»

Sie sah ihm in die Augen, überrascht von dem Flehen in seiner Stimme, und nickte schliesslich. «Gut, du kannst mich abfragen. Ich werde aber nicht zaubern.»

Das Zimmer war düster, die Vorhänge waren zugezogen. Hermine fiel sein müdes Gesicht auf, als er die Vorhänge beiseiteschob und ihn erhellte. Dann sah sie den Zauberstab auf seinem Bett liegen und Draco folgte ihrem Blick. Bevor er sie fragen konnte, meinte Hermine: «Den brauche ich nicht.»

«Wieso weigerst du dich, zu zaubern?»

«Muggel haben auch keine Magie, um sich zu schützen.»

«Du bist aber kein Muggel! Sondern eine hervorragende Hexe, Hermine», er warf ihr ein schiefes Grinsen zu: «Zugegeben, früher hätte ich das nie zugegeben, aber es stimmt. Du warst die beste aus unserem Jahrgang.»

«Draco ich bin ein Halbblut. Und ich mag das einfache Leben der Muggel. Sie besuchen Selbstverteidigungskurse und nicht Unterrichtsstunden in Verteidigung gegen die dunklen Künste. Ihr Leben erscheint mir so viel sorgloser.»
Draco öffnete den Mund, um etwas zu erwidern und schloss ihn wieder. Dann schüttelte er ergeben den Kopf: «Aber ich darf dich einige Zauber abfragen? Zur Sicherheit?»

«Wenn es unbedingt sein muss.»

In der nächsten Stunde fragte sie Draco über jegliche Zauber ab und Hermine bemerkte erschrocken, wie lange sie oft überlegen musste, bevor sie die richtige Antwort fand. Oder wie vieles sie komplett vergessen hatte. Als ihr dieser Gedanke durch den Kopf schoss, fühlte sie sich plötzlich so, als würde ein grosser Teil von ihr fehlen.
Draco bemerkte die veränderte Stimmung nicht und als er seine Frage wiederholte, stand Hermine ruckartig auf. «Das reicht. Es ist zu viel, ich kann das nicht.»

Draco erhob sich ebenfalls: «Ich möchte nur, dass du dich verteidigen könntest.»

«Gegen wen denn?», fuhr sie ihn aufgebracht an und rieb sich über die Arme. Eine Gänsehaut hatte sich gebildet, das Zimmer kam ihr plötzlich kalt vor. «Ich sollte gehen.»

Seine Stimme liess sie stoppen, mit der Hand auf dem Türgriff drehte sie sich zu ihm um. «Ich wollte dich nicht so unter Druck setzen. Es tut mir leid, dass ich dich überredet habe. Es ist nur...» Er brach ab.

Hermine wandte sich im vollständig zu, blieb jedoch an der Tür stehen. Hermine wurde das beklemmende Gefühl nicht los, dass Draco sie vor ihm selbst warnte. Schliesslich schien er immer noch zum Teil ein Todesser zu sein. Und wie hatte er es gesagt? Todesser waren es nicht des Males wegen, sondern wegen ihren Überzeugungen. Wieviel von ihm war damals von seinem Vater beeinflusst gewesen und wieviel nicht?
Sie verwarf diese Gedanken entschlossen.
«Ich habe jahrelang lang wie ein Muggel – wie meine Eltern – gelebt und ich habe es genossen. Das Leben ist vielleicht weniger bequem als mit Magie, aber für mich war es immer echter. Weniger gefährlich. Magie kann man nicht aufhalten, Macht verändert Zauberer mehr als sich viele eingestehen wollen. Ich mag meine Situation im Moment so wie sie ist. Und jetzt stehst du hier und mit dir kommen all diese Erinnerungen wieder, die ich vergessen wollte und gleichzeitig vermisse, ich...»
Sie schluchzte auf und bemerkte überrascht, dass ihre Wangen von ihren Tränen feucht waren.

Draco durchschritt den Raum und nahm vorsichtig ihr Gesicht in seine Hände.
«Es war nicht meine Absicht, alte Wunden wieder aufzureissen. Ich hätte auch nicht mit dir schlafen sollen, aber – Fuck, Hermine ich war betrunken und du hast mich überrascht. Vielleicht wollte ich mir auch selbst beweisen, dass ich mich genauso stark verändert habe wie du, wie alle auf diesem verdammten Ball. Es tut mir leid.»

Hermine sah ihm in die Augen und nickte schwach. Als sie nach deinen Händen griff und sie von ihrem Gesicht zog, spürte sie sein zögern, dann gab er nach. «Auf Wiedersehen, Draco.»

Dann fiel die Tür hinter ihr ins Schloss. 

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