Das Mal

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Voldemort schritt auf Draco zu und hob seinen Zauberstab. Der blonde Malfoy begann zu zittern und drückte Dianas Hand. Nun war er an der Reihe. «Komm zu mir, Draco, und erfüll deine Bestimmung.» Voldemorts kalte Stimme hallte durch den grossen Saal und der dunkle Lord winkte Draco mit seiner weissen Hand zu sich hin. Langsam löste der Junge seine Hand aus der seiner Schwester. 'Jetzt bloss keinen Ton machen, sonst war's das.' Draco beschwor sich selbst, ruhig zu bleiben, als er auf Lord Voldemort zuging und ihm langsam seinen linken Unterarm hinhielt. Voldemort strich mit seinem knochenartigen Stab auf seinen Arm und begann, die verschiedenen Formeln und Sprüche zu murmeln. Der blasse Unterarm des jungen Malfoys wurde rot und ein brennender Schmerz schoss durch seine Venen. Beinahe hätte er aufgeschrien, doch er konnte sich gerade noch rechtzeitig zusammenreissen. Mit aller Kraft unterdrückte Draco den in deiner Kehle aufsteigenden Schrei und biss die Zähne zusammen. Voldemort bewegte den Stab langsam hin und her und murmelte weitere Sprüche, diesmal jedoch auf Parsel. Langsam formte sich ein Totenkopf, aus dessen Mund eine Schlange quoll, auf seinem Arm. Die schwarzen Linien bewegten sich und brannten sich wie mit einem Brandeisen in das Fleisch. Die ganze Prozedur dauerte etwa fünf Minuten, doch es fühlte sich an wie eine halbe Ewigkeit. Obwohl Draco höllische Schmerzen hatte und ihm Tränen über sein leichenblasses Gesicht liefen, gab er keinen Mucks von sich. Er hielt durch, für Diana. Dann, endlich, liess der dunkle Lord von Draco ab und grinste. «Du bist um einiges tapferer als einige meiner Todesser. Offenbar hat Lucius doch etwas aus dir gemacht. Gut gemacht Draco.» Voldemort tätschelte seine Schulter und machte einen Schritt zurück. «Nun, der zweite Malfoyspross. Wenn ich bitten dürfte?» lachte der dunkle Lord gehässig und streckte seine Hand nach Diana aus. Hinten in der Menge konnte Draco viele Leute lachen hören und er erkannte auch die Stimme seines Vaters. Ekel durchflutete seinen Körper, er hasste diesen Mann so sehr. Er misshandelte seinen Sohn und lachte wenn seine Tochter von einem Wahnsinnigen gleich gefoltert werden würde. Mit Tränen in den Augen trat Diana vor und streckte diesem psychopatischen Mann ihren Arm hin. Er schaute sie einen Moment an und begann dann, dasselbe mit ihr zu machen wie zuvor schon mit Melanie Lockwood, Alan Nolan und Draco. Doch im Gegensatz zu ihrem Bruder konnte sie ihre Schreie nicht unterdrücken. Sie schrie ihren ganzen Schmerz heraus, und der war gewaltig. Einige Male wollte Diana ihren Arm einfach wegziehen, doch Lord Voldemort hielt sie fest in seinem Griff. Für Draco waren die Schreie seiner Schwester die schlimmsten Laute, die er jemals gehört hatte. Es quälte ihn beinahe körperlich, sie so zu sehen. Es waren die längsten fünf Minuten für beide der Malfoykinder.

Als Voldemort von Diana abliess, sackte sie augenblicklich zusammen. Sie war eine der jüngste neuen Todessern und verkraftete mit zarten 15 Jahren keine solchen Qualen. Für Draco war es zwar auch schlimm, doch sein Vater hatte ihn schon früh an Schmerz gewöhnt. Doch Diana konnte das nicht. Sie war nicht dafür geschaffen, sosehr Lucius auch behaupten mochte, sie sei zu nichts anderem geboren worden. Das war sie nicht. Draco stürzte auf seine halb ohnmächtige Schwester zu und nahm sie schützend in den Arm. «Diana, komm du musst aufstehen. Komm weg von hier, komm mit mir mit...» flüsterte er in ihr Ohr. «Dray, bitte...Ich kann nicht...» schluchzte die Gryffindor und rollte sich auf Dracos Schoss zusammen. Vorsichtig wollte er aufstehen und Diana in ihr Zimmer bringen, doch sein Vorhaben wurde von seinem Erzeuger verhindert. «Diana! Steh sofort auf, du undankbares Stück Dreck! Wie kannst du es nur wagen, dich vor dem dunklen Lord so aufzuführen!» herrschte Lucius seine Tochter an, doch nur Sekunden später fand er Dracos Zauberstab nur Zentimeter von seinem Gesicht entfernt vor. «Wie kannst du es nur wagen!» schrie Draco das Familienoberhaut an. «Was geht eigentlich in deinem kranken Hirn ab?! Du lässt uns hier vorführen wie auf einem Viehmarkt, Brandmarkst uns und hast dann auch noch die Blösse, deine halb tote Tochter so anzuherrschen?!» Dracos Stimme wurde immer lauter. Seine Hand mit dem Zauberstab zitterte und er atmete schwer. Lucius' Augen wurden dunkel. « In mein Arbeitszimmer. Sofort, und keine Widerrede!» Auch Lucius hatte begonnen zu schreien. Er funkelte seinen Sohn an und wenn Blicke töten könnten, dann wäre Draco jetzt tot. «Ruhe!» tönte da ein hoher und kalter Ruf. Sofort verstummten alle Gespräche, jedes Gelächter erstarb und man konnte nur noch Dianas leises weinen hören. «Du!», rief Voldemort und zeigte mit einem langen Finger auf Lucius. «Schweig! Augenblicklich! Wie könnt ihr es wagen, alle beide, euch vor mir so zu benehmen? Lucius, ich will dich nicht mehr sehen, verschwinde! Noch nie gab es bei einer Zeremonie solche Probleme und das zeigt deutlich, wer hier die Schuld trägt. Narzissa, schaff deine verweichlichte Tochter von hier fort und dank dem Himmel, dass ich Draco nicht töte!» Voldemort war wütend, sehr wütend. Er drehte sich um und ging zu dem bereitgestellten prunkvollen Stuhl und liess sich darauf nieder. Er rief seine Schlange Nagini zu sich und strich ihr nachdenklich über den Kopf.

Draussen war es stockdunkel. Draco war gerade aus dem Zimmer seiner Schwester gekommen, wo er ihr Diptam gegeben, ihre frischen Wunden rund um das Mal versorgt und sie etwas beruhigt hatte. Nachdem Diana lange geweint hatte, war sie schliesslich in seinen Armen eingeschlafen, doch Draco hatte sie noch lange gehalten und mit Augen voller Liebe angesehen. Jetzt merkte er aber seine eigene Müdigkeit und seine eigenen Schmerzen. Vorsichtig legte er Dianas Kopf auf ihr grosses Kissen und schlich aus dem Zimmer hinaus auf den Gang. Er schloss leise die Tür, drehte sich um und sah direkt in das Gesicht seines Erzeugers. Dieser flüsterte nur drei Worte: «Unten, Büro. Sofort.» Dann drehte er sich um und rauschte den Gang entlang, um eine von Draco so gefürchtete kleine Truhe zu holen. Plötzlich brach der junge Mann in kalten Angstschweiss aus. Sein Unterbewusstsein steuerte die ihm so höllisch bekannt Szene und wählte, ohne zu zögern, den Gang ins Büro von Lucius Malfoy. Draco wusste, dass ihn dort Schmerzen erwarteten, doch weglaufen konnte er nicht. Als er zehn war hatte er einmal diesen Fehler begangen und er würde es nie wieder tun, denn die Folgen, die diese Aktion nach sich gezogen hatte, waren absolut grausam gewesen. Das war es nie und nimmer ein zweites Mal wert. Also schritt er, so furchtlos und mutig wie er eben erscheinen konnte, in den hohen, dunklen Raum. Kaum hatten seine Füsse die Türschwelle überschritten, leuchteten der Reihe nach Fackeln in edlen Metallhaltern auf. Ihr Feuer warf Schatten in den Raum und trafen auch den grossen, aus Drachenleder gefertigten Sessel, der hinter einem Holztisch aus dem besten Palisanderholz, das in ganz England zu finden war. In diesem Ledersessel lehnte Lucius Malfoy und sah seinen Sohn aus stechend grauen Augen an. «Komm hierher, Draco. Du sollst mir zuhören und antworten, wenn ich dich etwas frage, hast du verstanden?» sagte er mit bedrohlicher Stimme. Da Draco wusste, dass man mit Lucius in solchen Situationen nicht spassen sollte, nickte er einfach nur. «Gut so. Ich werde dir nun beibringen, wie man sich in der Anwesenheit des Dunklen Lords zu verhalten hat.» begann Dracos Vater. Er stand auf und kam langsam um den Tisch herum. «Damit dir diese Lektion im Gedächtnis bleibt, » fuhr er fort und ging an seinem Sohn vorbei, sodass Draco sich nach ihm umdrehen musste, «Damit du dir alles merkst und mich nie mehr so beschämst wie gerade eben, werden wir heute eine spezielle Lektion einlegen.» Draco spürte, wie ihm bei diesen Worten ein kalter Schauer den Rücken hinablief und sich auf seinem Körper ausbreitete. Das konnte nichts Gutes heissen. Hastig erhob sich der junge Malfoy und machte einige Schritte rückwärts. Er wollte auf keinen Fall in Reichweite sein, falls sein Vater beschloss, seine neue Idee in die Tat umzusetzen. Lucius drehte sich mit gehässigem Lachen zu seinem Sohn um und kam mit schnellen Schritten auf ihn zu. «Du bleibst stehen und ich will keinen Mucks von dir hören, sonst...»

Eine qualvolle Stunde später lag Draco endlich auch in seinem Bett. Alles tat ihm weh und er konnte kaum eine bequeme Schlafposition finden, bis es schliesslich nach Mitternacht war und er endlich einschlief. Doch er träumte einen Traum, der seine Gefühle verrücktspielen und ihn den ganzen Schmerz vergessen liess:
Ihr lockiges Haar hüpfte ihr über die zarten Schultern und umrandete ihr kindliches Gesicht. Ihre kleinen Zähne schimmerten im Sonnenlicht und sie lachte, als Draco anfing, sie über die grosse Wiese in Richtung eines hübschen Hauses zu jagen. Aus dem Haus trat eine wunderschöne Frau. Auch sie trug ihr lockiges, aber weitaus ordentlicheres Haar offen und rief zwei Namen. Die Namen ihrer Liebsten: «Draco, Emilia, kommt! Das Essen ist fertig!» Sofort lief das kleine Mädchen an Dracos Seite los und rannte an ihrer Mutter vorbei über die hölzerne Terrasse zum bereits gedeckten Tisch und setzte sich ordentlich auf ihren Stuhl. Der blonde junge Mann strahlte seine Frau an und strich über den leicht gewölbten Bauch. Ein weiteres Kind und ein weiteres Geschenk, das er von seiner unglaublichen Hermine erhielt.

A L O H O M O R A : open up to loveWhere stories live. Discover now