"Ist das hier real?" Eine wundersame Passage

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Sie stand vor einer langen und verwinkelten Passage aus hunderten von kleineren und größeren Ständen, denen bunte Sonnensegel als Dächer dienten.

An einem Stand zu ihrer linken wurden goldene und blaue Flüssigkeiten in dickleibigen Flaschen angeboten. Auf ihnen stand in verschnörkelter Schrift:

Eine Priese Nordwind

und:

Wunder! 20% Rabatt

Chris sah sich weiter staunend um.

Die meisten Menschen in dieser wundersamen Passage trugen Kleidung, die ihr fremd erschienen: Lange, kunstvoll verzierte Mäntel, die bis zu den Knöcheln reichten und meist über eine Kapuze verfügten. Auch gab es einige Männer, welche eine eiserne Rüstung mit einem langen Schwert am Gürtel trugen.

„Beeindruckend. Nicht wahr?", fragte eine männliche Stimme neben ihr.

Aus ihren Gedanken gerissen, drehte Chris sich um und blickte in das Gesicht des Mannes aus dem Teegeschäft. Auch er trug nun eine Rüstung und ein Schwert, dessen Griff bei näherem Betrachten unbekannte Zeichen aufwiesen.

Seine Haare wirkten auf einmal heller und sein Gesicht weniger faltig.

„Wo sind wir?", fragte Chris verunsichert und ließ ihren Blick über die Stände und ihre Angebote wandern. Sie sah zu einem Verkäufer, der in diesem Moment in ihr Blickfeld geriet und musste feststellen, dass diese Passage mehr als nur verwunderlich war.

Ein junger Mann, welcher hinter seinem himmelblau gestrichenem Stand saß, hatte blonde Haare. Seine Ohren liefen spitz zusammen und eine Maske aus blauen Schuppen ersetzte die Haut um seine Augen.

„Ich bin nicht die richtige Person um dir all das zu erklären. Doch du wirst es noch früh genug erfahren", antwortete der Mann.

Chris beschlich das Gefühl, dass alles nur ein Traum war, aus welchem sie jede Sekunde erwachen würde. Doch sie wollte nicht aufwachen, nicht jetzt, wo ihr Bruder jeden Moment kommen könnte.

Glaubst du an Wunder?", hatte Nik in dem Brief geschrieben und sie hatte zuerst nicht gewusst, was er meinen könnte.

Keine der Vorstellungen, die ihr in den Sinn gekommen waren, reichten an das heran, was sie gerade sah. Niemals hätte sie gedacht, dass es so etwas wie diese Passage jemals geben könnte.

Sie sah zu dem Teeverkäufer hinauf und fragte: „Ist das hier real? Ich meine, das hier ist so unglaublich!" „Das Alles ist so real wie deine Welt", antwortete er.

„Und mein Bruder ist wirklich hier?", zweifelnd sah Chris sich erneut um und suchte zwischen den Menschen und Wesen nach dem Gesicht ihres Bruders.

„Sie dir noch einmal den Brief an", sagte er nur. Nicht wissend worauf er hinaus wollte, zog sie den Brief aus ihrer Tasche. Doch statt eines schwarzen Umschlags, zog sie nun einen pastellblauen hervor und das Siegel, dass vorher noch blau gewesen war, hatte nun einen goldenen Schimmer. Auch die weiße Tinte, war nun nicht mehr länger weiß, sondern golden.

„Wie ist das möglich?", fragte Chris, als sie den schwarzen Brief in ihrer Tasche nicht finden konnte. „Diese Frage stellt sich nicht angesichts dieses Ortes. Findest du nicht auch?", meinte der Verkäufer nur und ließ seinen Blick über die vielen Stände schweifen. Sie tat es ihm nach und musste zugeben, dass er recht hatte. Sie faltete den Brief auseinander und bemerkte, dass weitere Wörter hinzugekommen waren.

P.S.: Zweifele nicht!

Dies ist mehr als nur ein Traum.

Ich warte in der Mitte.

Chris war der Rätsel müde. Sie wollte doch nur ihren Bruder wiedersehen.

Sie sah sich erneut suchend um: „Gibt es so etwas wie ein Zentrum hier?"

„Folge mir", sagte der Verkäufer und lief zielsicher in die Menge der Menschen hinein. Chris hatte Schwierigkeiten mit ihm Schritt zuhalten und konnte nur einen flüchtigen Blick auf die ganzen Stände erhaschen. An einem lila gestrichenem Stand hing ein Schild mit der Aufschrift:

Sandalamare: 3,- Talehn

Ein himmlisch, süßer Duft stieg aus drei großen, kupferfarbenen Kesseln hervor. Bevor Chris herausfinden konnte, was sich in ihnen befand, musste sie sich beeilen, um den Verkäufer nicht aus den Augen zu verlieren. Ihr Weg führte sie durch größere und kleinere Gassen und Menschenmengen, bis sie schließlich die Orientierung verlor.

Nach einigen Minuten teilten sich die Stände und gaben den Blick auf einen großen Platz frei. In der Mitte stand eine haushohe Phönix Statue, die in goldenen und roten Tönen schimmerte. Für Chris sah es so aus, als würde die Statue in Flammen stehen, doch dies rückte in den Hintergrund, als sie sah, wer am Fuße dieser auf sie wartete.


~Blue

Die Welt des AnderenWhere stories live. Discover now