VI. Schokolade

1.5K 92 7
                                    

11. Oktober 1975

Es war ungefähr eine halbe Stunde nach dem Essen und somit circa eine Stunde her, seit ich Sirius ins Gesicht geschlagen und Remus mir das Felix Felicis überlassen hatte. Ich war gerade dabei ein Buch im Gemeinschaftsraum zu lesen, als ich im Augenwinkel Severus vorbei schleichen sah.

„Was genau denkst du, was das hier werden soll?", fragte ich meinen Cousin, welcher genervt aufseufzte und stehen blieb, um sich zu mir zu drehen, ohne dass ich auch nur meinen Blick von den Buchstaben vor mir hob.

„Was ist?", zischte er mich beinahe an, was mich dazu brachte mich aus den Zeilen loszureißen.

„Ich finde es unhöflich, wenn du mich nicht einmal begrüßt.", erklärte ich ihm beleidigt.

„Gibt Schlimmeres.", grummelte er und wollte wieder gehen, jedoch hielt ich ihn mit einer Aussage erneut auf: „Ich hab da was für dich."

„Was denn?", fragte er immer noch genauso genervt wie gerade.

Grinsend hielt ich das kleine, im Zaubertränke-Unterricht erworbene Fläschchen, hoch und Severus Augen wurden groß. Schnell drückte ich es ihm in die Hand, während er murmelte: „Felix Felicis..."

„Danke, du bist die beste Cousine, die es auf der großen weiten Zaubererwelt gibt.", legte ich ihm die Wörter in den Mund und griff mein Buch, um in den Schlafsaal zu gehen, doch er hielt mich auf.

„Ich kann das nicht annehmen, Ani.", murmelte er, doch ich entgegnete ihm lediglich: „Und ich werde es sicherlich nicht zurück nehmen."

Anschließend lief zur Treppe Richtung Schlafsaal, als er mich erneut aufhielt: „Danke, Ani."

„Kein Problem, Sev.", waren meine letzten Worte, bevor ich die Treppen hinaufging.

Oben angekommen, traf ich zwei aufgeregte Freundinnen an, welche sich gerade fertig machten.

„Was ist denn hier los?", fragte ich Narcissa und ihre Freundin Sarah, welche aufgrund meiner Aussage wie angewurzelt stehen blieben und sich aber wieder entspannten, als sie mich erkannten.

„Heute steigt eine geheime Party im Raum der Wünsche.", erklärte mir Cissy, während ich mir fast sicher war, dass sie nicht geheim war und Dumbledore sie lediglich duldete, beziehungsweise einfach ignorierte.

„Wieso bist du noch nicht fertig?", fragte Sarah.

„Weil ich, wie immer, nicht hingehen werde.", murmelte ich, doch Narcissa ließ dies nicht als Antwort gelten und redete schließlich so lange auf mich ein, bis ich nachgab und mich ebenfalls fertig machte.

Weniger als eine Stunde später waren wir drei dann auch schon auf dem Weg zu besagtem Raum.

„Ich hab gehört, dass Remus und du Klassenbeste waren bei Slughorn.", meinte Sarah schließlich, als wir fast da waren. Ich bejahte es.

„Glückwunsch, dann gibt es bestimmt bald auch eine Einladung in den Slug-Club.", meinte sie freundlich und zwinkerte mir zu.

Der Slug-Club war ein von Slughorn gegründeter Club in den er alle Schüler seines Kurses einlud, die er für in Zukunft sehr erfolgreich hielt. Bis jetzt war ich dieser Ehre nicht zu Teil geworden aber vielleicht war es dieses Jahr endlich so weit.

Als sich die Türen zum Raum der Wünsche öffneten, staunte ich nicht schlecht. Es waren so gut wie alle Schüler der Stufen 5 aufwärts hier und somit ziemlich viele.

Schnell erkannte ich einige bekannte Gesichter, unter anderem Remus, welcher mich grüßte, genauso wie Peter, als auch Alice, welche etwas verloren an der Bar stand und sich umsah, weswegen ich schnell zu ihr ging, nach einer kurzen Verabschiedung von den Mädels aus meinem Schlafsaal.

Mit Alice unterhielt ich mich schließlich einige Zeit über die Schule und ihren älteren Freund Frank Longbottom, welcher gerade dabei war mit einigen seiner Freunde ein Trinkspiel von Muggeln zu spielen, bevor wir schließlich unterbrochen wurden.

Es war Remus, welcher sich in meinen Arm krallte. Verwundert sah ich ihn an, nur um festzustellen, dass dieser bereits in zehn verschiedene Richtungen blickte und somit zu tief ins Glas gesehen hatte.

„Wie viel hast du bitte getrunken?", fragte ich ihn, nachdem ich Alice einen entschuldigenden Blick zugeworfen hatte.

„So ein...zwei... Vielleicht auch neun oder zehn, aber das tut hier gar nichts zu Sache. Ich will dir etwas anderes erzählen!", lallte er mich an und wurde zum Ende seiner Aussage hin energischer, weswegen ich ihn aufforderte zu sprechen oder für immer zu schweigen.

„Weißt du? Vielleicht will heiße Schokolade ab und zu auch einfach mal nur hübsche Schokolade genannt werden.", brabbelte er und erst blickte ich ihn einige Momente entgeistert über seine Aussage an, bevor ich ihm antworten konnte.

„Verzeihung, dass ich jetzt nicht mit heiterer Begeisterung reagiere, aber ich habe riesengroßen Hunger.", murmelte ich.

„Siehst du! Hättest du mal Schokolade gehabt!", meinte Remus dann und dachte doch ernsthaft seine Worte würden gerade Sinn machen, weswegen ich mich erneut bei Alice entschuldigte, bevor ich mit Remus los trottete um einen seiner Idioten-Freunde zu finden, die ihn dann bemuttern sollten.

Erst sah ich Sirius, welchen ich aber gar nicht erst ansteuerte als ich Marlene an ihm kleben sah. Wahrscheinlich hätte ich ihn in einer anderen Situation ebenfalls ignoriert, aber das war glaube ich mittlerweile allen Anwesenden bewusst. Ich seufzte angesäuert auf, während ich weiter suchte. Wieso tat Marlene das schon wieder? Vor einigen Tagen sagte sie noch, dass sie bereits einen neuen Jungen im Blick hatte.

Dann suchte ich Peter, den ich aber nicht fand, wie schon so oft. James war dabei mit Lily zu sprechen, weswegen ich wohl keine andere Wahl hatte, als Remus selbst an die frische Luft zu bringen.

So schlichen wir also Arm in Arm durch die Gänge, während ich Angst hatte, dass Remus sich jeden Moment auf mich übergab.

Als wir es ohne Aufmerksamkeit auf uns zu lenken nach draußen schafften, setzte ich ihn auf eine kleine Wiese, mit Blick auf eine kleine Hütte, ab und wartete einige Minuten, bis Remus auf einmal meinte: „Der Mond ist fast voll."

Erst blickte ich auf meine Armbanduhr, auf der ich sah, dass es bereits eine Viertelstunde her war, seit Remus und ich hier saßen. Dann sah ich den Mond an. Wüsste ich es nicht besser, hätte ich gesagt, dass heute Vollmond wäre.

Wieder merkte ich, wie Remus zu schwitzen begann.

„Alles okay?", fragte ich zur Sicherheit.

„Ja, ich reagiere und sehr stark auf den Mond, weißt du?", brabbelte er und wirkte schlagartig wieder etwas nüchterner. Irgendetwas schien ihn sehr zu beschäftigen.

„Ich kann bei Vollmond auch nie schlafen.", murmelte ich müde und legte schließlich, als ich mir sicher war, dass Remus Magen sich nicht umdrehen würde, meinen Kopf auf seine Schulter, da ich sehr müde war.

Remus lachte milde auf.

Hätte ich gewusst, dass es nur noch wenige Tage dauern würde, bis ich herausfand, was Remus meinte, hätte ich mich wahrscheinlich für meine Aussage etwas geschämt...

THE LIES || s. blackWhere stories live. Discover now