XXI. Anders Lieben

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23. Juni 1976

Wir waren gerade beim Abendessen und ich saß wie immer am Gryffindor-Tisch, als ich es einfach nicht mehr aushielt, dass Marlene mich so blöd von der Seite ansah.

„Was ist?", fragte ich sie genervt.

„Wieso fragst du mich so blöd?", keifte sie mich beinahe an, weswegen ich auf den Tisch haute und aufstand.

„Marlene, ich schwöre dir. Du kommst jetzt entweder freiwillig mit und wir klären das hier oder ich schleif dich an deinen blöden Haaren hier raus!", zischte ich sie an und nicht einmal James traute sich auch nur ansatzweise noch etwas zu sagen.

„Was ist hier denn los?", hörte ich die Stimme von Professor McGonagall hinter uns, doch Marlene beruhigte sie und stand dann eingeschüchtert auf, strich sich ihre dunkelblonden Haare hinter Ohr und stellte sich schließlich dem Gespräch, welches gleich von statten gehen sollte.

Zusammen gingen wir auf die Mädchen-Toilette. Unser Schritt war etwas hastig und keiner von uns sagte auch nur einen Ton auf dem Weg dort hin.

„Was soll der Mist?", grummelte ich sie sauer an.

„Was soll was?", fragte sie schnippisch, was mich noch wütender machte, als ich es ohnehin schon war.

„Ich hab dir nie irgendwas getan und dass Sirius sich ständig von dir trennt hab ich auch nicht verursacht!", schrie ich sie jetzt an und das obwohl ich mir nicht einmal sicher war, ob Sirius sich wirklich ständig von ihr trennte und der Vorschlag nicht doch von ihr kam.

„Was wenn doch?", schrie sie im gleichen Ton zurück.

„Wie kommst du darauf? Bis vor ein paar Tagen haben Sirius und ich uns noch gehasst!", brachte ich sie auf den Boden der Tatsachen zurück.

„Ach Unsinn! Das stimmt überhaupt nicht, es kümmert euch sehr wohl immer noch wie es dem anderen geht.", stellte sie fest, was mich kurzzeitig etwas aus der Bahn warf.

Stimmte es? Ich überlegte ob es mir wirklich wichtig war, wie es Sirius ging oder ob Marlene durch ihre Gefühle gerade einfach irgendwelche Sachen erfand. So wirklich Unrecht hatte sie nicht aber vollkommen die Wahrheit war es auch nicht. Ich glaubte mich nicht sonderlich darum zu kümmern wie es Sirius ging aber ich wollte auch definitiv nicht, dass ihm etwas passierte.

„Warum bist du so zu mir?", fragte ich sie dann etwas ruhiger, da mich meine Gedanken weiterhin beschäftigten.

Marlene antwortete mir jedoch nicht.

„Sag es mir doch endlich!", versuchte ich sie dann doch wieder etwas lauter zum Reden zu bringen.

„Weil ich Angst hab allein zu sein und du allein mit deiner Anwesenheit den ganzen Plan kaputt machst!", gestand sie mir endlich, was mich einige Male blinzeln ließ.

„Welcher Plan denn? Du bist doch nicht allein, Marlene! Du hast wunderbare Freunde, die für dich durch's Feuer gehen würden und sogar ich wäre für dich da, ganz egal wie mies du mich behandelst.", versuchte ich sie dann vom Gegenteil zu überzeugen, während sie sich auf die Stufe vor dem Waschbecken setzte.

Kurz überlegte ich aber setzte mich dann zu ihr und es herrschte für etwas längere Zeit Stille, in der wir beide nachzudenken schienen.

Irgendwann merkte ich, dass Marlene leicht zu weinen begonnen hatte und legte deswegen eine Hand auf ihre Schulter, bevor sie mir auf einmal etwas gestand, was mich komplett aus der Bahn warf:

„Ich bin lesbisch."

„Was?"

Erneut wurde es wieder ruhiger, bis Marlene laut zu schluchzen begann und deswegen etwas zusammen sackte.

Wortlos nahm ich sie daraufhin in den Arm und beruhigte sie für einige Minuten.

„Nicht weinen, ist doch alles gut.", murmelte ich leise, während ich ihr durch die blonden Strähnen strich.

Langsam aber sicher beruhigte sie sich daraufhin wieder und als ich mir fast sicher war, dass sie nicht wieder in Tränen ausbrechen würde, traute ich mich auch wieder zu reden.

„Warum das mit Sirius?", fragte ich sie dann vollkommen ruhig.

„Er hat mich eigentlich nur gedeckt.", gestand sie mir mit zitternder Stimme.

„Er weiß es also?", vergewisserte ich mich verwundert und sie nickte.

Ich atmete einmal tief durch, bevor ich ihr Gesicht in meine Hände nahm und ihre Tränen mit meinen Daumen wegwischte.

„Hör mir genau zu, Marlene! Du bist perfekt wie du bist. Ganz egal wen du liebst, du bist genug.", redete ich auf sie ein und sagte die volle Wahrheit.

Ich war nur froh, dass wir das hier endlich geklärt hatten und sie endlich aufhören konnte mich grundlos zu hassen.

Marlene sah mich erstaunt an und ich fragte sie was los sei.

„Ich habe eine andere Reaktion erwartet.", erklärte sie mir.

Ich versicherte ihr, dass ich hinter ihr stand, egal was war.

„Weiß es deine Familie?", fragte ich sie vorsichtig.

„Nur mein großer Bruder Martin weiß es. Marcus, Marissa und meine Eltern wissen es noch nicht. Ich habe einfach Angst.", gestand sie mir und ich nickte verständnisvoll.

„Ich hoffe, du schaffst es irgendwann die Sache zu klären mit deinen Eltern. Selbst wenn sie darauf schlecht reagiert, Sirius und ich sind zu hundert Prozent für dich da.", erklärte ich ihr und sie umarmte mich erneut, bevor ich langsam aufstand.

„Komm', lass uns zurück gehen.", meinte ich und reichte ihr die Hand, um sie hochzuziehen.

Als wir beide zur Tür gingen murmelte sie ein „Danke" und atmete erleichtert durch. Auf ihren Lippen lag ein sanftes Lächeln.

Wir umarmten uns noch einmal und ich murmelte währenddessen in ihr Haar: „Aber bitte sei nie wieder so gemein zu mir, ohne zu sagen, was los ist!"

„Es tut mir leid", entgegnete sie dann und sah mich entschuldigend an.

Da wischte ich ihr noch einmal die Tränen weg und erklärte währenddessen wieso ich das tat:

„Nicht dass sie denken, ich hätte dich verprügelt!"

Da lachten wir beide los und gingen dann gemeinsam zurück zur großen Halle, wo unsere Freunde uns bereits sehnsüchtig erwarteten.

„Ist alles okay?", fragte Sirius besorgt und Marlene und ich sahen uns an, bevor wir nickten.

„Alles bestens. Wir haben uns vertragen.", gestand Marlene und James klatschte einmal aufgeregt in die Hände.

„Merlin sei Dank! Endlich!"

THE LIES || s. blackWhere stories live. Discover now