3 - Doncaster

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Nachdem ich die letzten Gäste kassiert und die komplette Bar sauber gemacht hatte - was sich leider zwei Stunden in die Länge zog - schloss ich nun endlich die Türen zu „Doncaster Brewery & Tap" ab. Ich arbeitete jedes zweite Wochenende und unter der Woche zwei, drei Abende in der Bar. Die restliche Zeit nutzte ich für mein letztes Studienjahr und lernte parallel für die Abschlussprüfungen.

Ich lebte erst seit gut vier Monaten mit meiner Schwester in Doncaster und besuchte aktuell das letzte Semester meines Management Studiums. Als unsere Eltern vor einem halben Jahr bei einem Autounfall starben, beschloss ich zu meiner Schwester nach Doncaster zu ziehen und mein Studium hier zu beenden. Es war das beste für uns beide - so musste keiner von uns alleine sein nach diesem Schicksalsschlag. Da Sam hier ihre eigene kleine Boutique aufgebaut hatte, war direkt klar, dass es mich aus unserer ehemaligen Heimat Liverpool nach Doncaster zog. Claire entschied sich übrigens auch vor gut zwei Monaten in die Stadt zu ziehen und gleich meine Beziehung zu sabotieren. Aber dazu gehören ja immer zwei und darüber wollte ich nun wirklich nicht länger nachdenken.

Sam war bereits vor fünf Jahren nach Doncaster gezogen - ursprünglich für ihren Freund, aber das hielt nicht lange, dennoch blieb sie hier. Denn mit dem Ende ihrer Beziehung startete ihre Karriere als Designerin. Ziemlich schnell baute sie sich ihre Boutique auf und verkündete uns, dass sie nicht - wie geplant - zurück nach Liverpool kommen würde. Damals war sie gerade Anfang 20 und unsere Eltern hatten große Bedenken, aber die waren unbegründet. Jetzt lebte meine Schwester mit gerade mal 26 Jahren ihren Traum und verdiente auch nicht unbedingt schlecht. Dies war aber kein Wunder, sie bewirkte wahre Wunder und zauberte die schönsten Sachen aus einem Stück Stoff. Egal für welchen Anlass, Sam schneiderte alles wunschgetreu.

Ich hingegen war mit meinen 22 Jahren froh, wenn ich einen Tag ohne hinzufallen überstand. Leider habe ich absolut nichts von der Geschicklichkeit meiner Schwester abbekommen - sie scheint alles davon für sich beansprucht zu haben, sodass ich sogar manchmal aus den Schuhen falle, wenn ich stillstehe. Gut, ist vielleicht nur einmal passiert, aber war das denn normal? Oder gerecht? Das fand ich zumindest nicht. Das schlimmste daran war, dass ich nicht EIN Praktikum beendet habe. Jedesmal wurde ich vorzeitig entlassen, weil niemand - wirklich niemand - sich mit meiner Tollpatschigkeit abfinden konnte. Das Problem daran? Ohne ein absolviertes - erfolgreich abgeschlossenes - Praktikum würde ich mein Abschlusszeugnis nicht bekommen. Vollkommen egal, wie gut meine Prüfungen laufen...

Es war schon ein Wunder, dass ich bisher noch nicht bei „Doncaster Brewery & Tap" gefeuert wurde. Und da habe ich leider auch schon einige Gläser und Teller zu Bruch gebracht. Ich durfte allerdings mittlerweile nur noch die Bestellungen aufnehmen sowie Tische abkassieren - im größten Notfall noch abräumen, aber wirklich nur, wenn kein anderer Zeit hat - und ansonsten verbrachte ich die meiste Zeit hinterm Tresen. Aber immerhin hatte ich den Job nach zweieinhalb Monaten immer noch. So lang hab ich nicht einmal eins meiner Praktika durchgehalten und da habe ich nur ab und zu mal eine Kaffeetasse gebracht und ansonsten eigentlich nur am Schreibtisch gesessen.

Ein Rascheln machte mich auf einen Busch aufmerksam. Ein wenig orientierungslos sah ich mich um, bis mir auffiel, dass ich mittlerweile schon in unserer Straße stand. Kopfschüttelnd wandte ich mich von dem Busch ab und lief die letzten Meter durch die schwachbeleuchtete Straße, bis ich vor dem Mehrfamilienhaus stand, in dem meine Schwester und ich wohnten.
„Pssst"
Ein wenig paranoid sah ich mich erneut um. Hörte ich mittlerweile Gespenster? Ich beeilte mich etwas, meinen Schlüssel aus der Tasche zu kramen.
„Hier drüben", flüsterte es nun energischer.
Ich riss meinen Kopf herum und sah auf eine Gestalt, die neben der Treppe im Dunkeln kauerte.
„Lass mich", murmelte ich und drehte schnell den Schlüssel im Schloss um, um in das Haus zu gelangen und die Tür hinter mir zuzuziehen.
Doch die Person war schneller und drückte die Tür mit der Hand wieder auf. Bevor ich reagieren konnte, huschte sie rein und schloss die Tür dann selbst.

Ich war kurz davor um Hilfe zu schreien, als das Flurlicht auf die unbekannte Person fiel und ich IHN erkannte. Ich rieb mir die Augen, um sicherzugehen, dass ich nicht schon längst träumte - denn das hier konnte nicht real sein. Doch er verschwand nicht, genauso wenig wie sein unschuldiges Grinsen.
„Was machst du denn hier?", rutschte es mir schließlich raus.
„Ich bin eventuell jemandem entbüxt und brauche nun für die Nacht Unterschlupf", erwiderte der Brünette stets mit einem unschuldigen Grinsen.
„Ach ja? Und ich bekomme dafür keinen Ärger? Woher wusstest du überhaupt, dass du mich hier findest?", stellte ich eine Frage nach der anderen.
„Lass das mal meine Sorge sein. Außerdem wusste ich nicht, dass du hier wohnst. Ich habe dich auf dem Weg gesehen, du warst wohl ziemlich in Gedanken versunken.. Ich hab mich auf jeden Fall versteckt, bis du zu dem Haus hier kamst", er zuckte lediglich mit den Schultern.
„Du hast mich erkannt?"
Der Junge verdrehte die Augen: „Können wir die Fragerunde jetzt bitte mal überspringen? Ich will schlafen."
Ich seufzte und ging die Treppen hoch, mit dem Wissen, dass er mir folgen würde.

Wenig später schloss ich die Tür zu Sams Wohnung auf und bedeutete dem Jungen hinter mir, leise zu sein.
„Du kannst auf der Couch pennen, aber wehe ich bekomme eine Vorladung zum Gericht oder eine Geldstrafe wegen „Festhalten eines Weltstars", grummelte ich leise.
„Wirst du schon nicht, danke."
Während der „Weltstar" sich bereits auf dem Sofa ausbreitete, ging ich in mein Zimmer und holte ein Kissen und eine Wolldecke, die ich ihm zuschmiss. Dann verschwand ich im Bad und machte mich bettfertig. Mittlerweile hatten wir es halb drei und Sam schlief sicher schon seit einigen Stunden...
Als ich das Bad verließ, lag unser Gast schon ruhig atmend auf der Seite und hatte die Augen geschlossen. Ich unterdrückte den Drang, seine Decke zu richten, und verschwand schnell in meinem Zimmer, um ebenfalls bald einzuschlafen - mit dem letzten Gedanken, dass ich gerade Louis Tomlinson Zuflucht gewährt hatte und damit sicher nicht so einfach davonkommen würde.

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Das auf dem Bild ist Sam - wer hätte es gedacht, sie sieht Liz ziemlich ähnlich

7 Minuten mit Louis Tomlinson (One Direction FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt