Das Ritual

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Ronan lag aufgeregt atmend auf dem Rücken, streckte sich durch, schaute hoch in die Sterne und kämpfte gegen seine Neugier. Winfrid hatte zwar mit keinem Wort erwähnt, ob der Bursche ihm hinterherschauen durfte oder nicht, aber irgendetwas sagte ihm, dass ihn eine Überraschung erwartete und dass es schade wäre, sie zu verderben. Er kannte seinen Ritter gut genug, um zu wissen, dass er nicht lange warten müsste und um zu hoffen, dass es nichts mit Latein zutun hätte. Mit Blick in den Nachthimmel horchte er, ob ihm seine Ohren etwas verraten würden, doch nur das Knistern der Holzscheite und das ruhige Schnauben der Pferde weiter weg war zu hören. Was auch immer der blonde Ritter tat, es geschah lautlos.

Eine Sternschnuppe zog ihre Bahn am Firmament, als Winfrid zurückkam und weil Ronan eben noch in den Nachthimmel geschaut hatte, brauchten seine Augen einen Augenblick, bis sie erkannten, was es im rötlichen Schein des Feuers zu bestaunen gab. Sein Liebster war auf der Brust sowie an den Armen mit blutroten Zeichen bemalt wie Ronan sie noch nie zuvor erblickt hatte. Das mussten magische Runen sein, Symbole des alten Rituals, das der Ritter hier vollziehen wollte. Es waren Blitze, Speere oder auch Spiralen dabei und sie betonten ganz offenkundig die imposante Statur des Mannes mit ihren wohldefinierten Muskeln. Überdies schimmerten diese golden, die Flammen reflektierten in seinen Augen und seine mächtige Erektion verlieh ihm etwas Animalisches. Dem jungen Knappen verschlug der Anblick regelrecht die Sprache und das, obgleich er gewiss nicht auf den Mund gefallen war. Doch das hier war kein Moment für Scherze.

Wortlos, aber mit begehrlichem Blick auf Ronan gerichtet, erreichte ihn der Mann und ließ sich bei ihm nieder, nur um sogleich rittlings auf seine Schenkel zu steigen. Der Bursche hielt spannungsvoll den Atem an, da huschte für den Bruchteil eines Wimpernschlags ein Lächeln über die Gesichtszüge seines Geliebten, wie eine Bestätigung, dass er es war und nicht irgendeiner ihrer heidnischen Götter in Menschengestalt. Sodann ergriff jener eine von Ronans Händen und legte sie sich auf seine bebende Brust. Ronan atmete endlich, als er den pulsierenden Herzschlag darin spürte. Mit den Fingern der anderen Hand begann er, fasziniert die Zeichnungen auf Winfrids erhitzter Haut nachzufahren. Ein paar wurden davon verwischt, doch das scherte keinen der beiden. Langsam, aber sicher beugte sich der Blonde vor, wobei seine und Ronans Härte aneinanderstießen, was dem einen wie dem anderen ein lustvolles Seufzen entlockte. Winfrid schien auf etwas zu warten, ein Zeichen des Einverständnisses möglicherweise, weshalb Ronan entschied, ihn ganz unmissverständlich aufzufordern. Er hob sich ihm entgegen, legte seine Hände in den langen, noch feuchten Schopf des bemalten Ritters und zog ihn für einen hungrigen Kuss zu sich hinunter.

Wie zuvor verschmolzen ihre Lippen fest miteinander, ihre Zungen umspielten sich in leidenschaftlicher Gier und der Geschmack des anderen berauschte ihre Sinne. Ronan suchte den Blick seines Liebsten, um ihn wissen zu lassen, dass er bereit war, in dem Augenblick war dieser auch schon mit einem beherzten Vorstoß in ihn eingedrungen und schob sich voran. Ein wohliges Ziehen und Schauern durchfuhr Ronans Leib und der Bursche suchte irgendeinen Halt mit den Füßen am Boden, fand aber keinen. Der nächste Schub ruckte und ging bereits so tief, dass Ronan erzitterte und laut aufstöhnte. Winfrid wusste genau, wo er ihn stoßen musste, um ihm ein wonniges Beben zu bereiten und er zögerte nicht. Um ihn für ihr wildes Liebesspiel zu halten, schob er ihm einen Arm von hinten um die Schultern, den anderen stütze er neben ihm auf. So ging es los. Jeder einzelne von Winfrids Stößen versetzte Ronan einen zweifachen Reiz, der seine Erregung gnadenlos steigerte. Nicht nur, dass sich der Mann immer wieder in sein Innerstes trieb und dabei einen gewissen Punkt berührte, auch rieb sich der feste Leib des Ritters an der Erektion seines Knappen. Beides und dazu ihre heißen Küsse überreizten seinen Körper, sodass er glaubte, vor Lust zerspringen zu müssen. Er wand sich und wimmerte, doch Winfrid war ein stürmischer Liebhaber wie kein Zweiter und ließ weder nach noch ab. Stattdessen steigerte er seinen Rhythmus, beendete jedoch ihren Kuss, um Ronan in die Augen zu schauen. Dieser erwiderte den Blick so gut er es vermochte, vollkommen unfähig, klar zu sehen und seinen körperlichen Empfindungen gänzlich ausgeliefert. Das Blut in seinen Adern kochte. Dann, mit einem Mal, war es so weit.

Wie ein angespannter Bogen bäumte sich Ronan seinem Liebsten entgegen und kam ungezügelt zwischen ihren schweißnassen Leibern. Winfrids Name kam ihm über die Lippen und ihm war, als zerfließe sein ganzer Körper wie Wachs. Der Blonde hielt ihn umso fester, stieß ihn weiter, bis endlich auch seine Erlösung kam. Wieder spannte sich Ronan unwillkürlich an und hob sich, während er spürte, wie Winfrids Hitze sich in ihm ergoss. Er rang nach Luft, warf seinen Lockenkopf zurück und lachte erschöpft, aber glücklich auf. Seinem Prinzen musste es genauso ergehen, denn auch er begann atemlos zu glucksen, bevor er halb auf, halb neben ihm niedersank. Ronan hielt ihn noch immer am Schopf, begann nun aber damit, seine Finger zu lockern und liebevoll durch die blonden Strähnen gleiten zu lassen. Für eine kleine Weile lagen sie so und genossen das Nachglühen ihres brünstigen Liebesaktes und die anschließende Leichtigkeit. Ronan verteilte kleine, zärtliche Küsse auf Winfrids Scheitel und streichelte ihm über die Schultern, während dieser ihn einfach umfangen hielt. Schließlich hob der Ritter den Kopf und lächelte.

„Wie geht es dir, mein Rabe?", fragte er leise mit rauer Stimme.

Ronan lächelte zurück. „Ich liebe dich. Und ich frage mich, was das eben war."

„Das weißt du doch."

„Du Wilder hättest mich vorwarnen können."

„Und dir die Überraschung verderben?"

„So nennst du das?"

Winfrid lachte. „Hast du eine bessere Idee?"

Ronan tat, als überlege er. „Wenn ich das laut sage, kommt das Einhorn ganz sicher nicht."

Der Blonde lachte auf. „Wenn es uns gesehen hat, ist es jetzt wohl auf der Flucht."

„Wenn hier einer der Einhorn-Schreck ist, dann du."

Wie um seine Worte zu unterstreichen, fuhr Ronan mit zwei Fingern über eines der noch nicht verwischten Zeichen und leckte sich die Farbe ab.

„Was machst du?"

„Das ist kein Blut. Und es schmeckt gut, nach Himbeere."

„Ach wirklich? Ich habe die Farbe von meinem Bruder."

„Godwin, dem Hexenmeister? Und da hast du sie nicht probiert?"

„Nein, warum? Ich wollte mir Runen aufmalen, nicht dich füttern. Und Godwin bevorzugt den Titel Medicus."

Neugierig leckte sich der Blonde nun über einen Blitz auf seinem Oberarm.

„Das ist wirklich Himbeere und süß."

„Sag ich doch. Wir sollten dich sauber lecken, Hirschtöter."

Winfrid lachte. „Ich werde dich nicht aufhalten!"

Ronan lachte auch und machte sich ans Werk.

Winfrid hatte offenkundig Mühe, still zu halten, denn seine Brustmuskeln zuckten und er kicherte, kaum dass der Lockenkopf eine besonders empfindliche Stelle mit der Zunge gefunden hatte.

„Du kitzelst! So geht das nicht!", rief er aus und küsste seinen Knappen, um ihn aufzuhalten. „Komm, wir waschen das lieber im Wasser ab."

„Dafür müsstest du von mir runtersteigen, mein Prinz."

„Wie kannst du Bursche nur immer so frech sein?", brachte der Blonde im Scherz heraus und kaum war dies ausgerufen, da ging alles plötzlich schneller als Ronan für möglich gehalten hätte. Im Nu war der Ritter auf den Beinen und zog ihn erst hoch, um ihn dann auf seine starken Arme zu nehmen.

„Lass mich, was hast du vor?"

Es half nichts, sein Prinz war schon mit ihm auf dem Weg in den See. 

Die erste Nacht des SommersWhere stories live. Discover now