ACHTUNDDREISSIG - Niemandskrone

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ACHTUNDDREISSIG


Kaum war ich am nächsten Tag aufgewacht, stand Mon vor meiner Tür und Damon war verschwunden. Er teilte mir mit, dass ich noch eine Stunde Zeit hatte, um das Badezimmer zu benutzen und dann würden wir aufbrechen.

Als er das gesagt hatte, drehte er sich um und liess mich alleine zurück. Um mich zu waschen, meine Haare zu bürsten und zumindest halbwegs auszusehen, brauchte ich keine Stunde. Dafür hatte ich viel zu wenige Utensilien.

Nachdem ich schliesslich fertig war, stand Mon wieder vor meiner Tür. Er lehnte an der Wand, als ich die Tür öffnete. Sein Blick verlor sich irgendwo in der Ferne, während er seine Finger nacheinander knacksen liess.

Das Quietschen der Angeln liess ihn zusammenzucken. Er richtete sich auf, als er mich sah,  und nickte kurz.

„Wir werden unten erwartet", sagte er kurzangebunden und drehte sich zur Treppe.

Ich folgte ihm mit hinter dem Rücken verschränkten Armen.

„Hast du gut geschlafen?", fragte ich unsicher.

Er wirkte nicht sonderlich ausgeruht und irgendwie schien er gestresst. Dabei sollte er doch genauso gut drauf sein wie alle anderen, die sich freuten, endlich wieder zuhause angelangt zu sein. Doch ich erinnerte mich daran, dass er sich nie zu Damons Volk gezählt hatte. Vielleicht war das hier auch nicht sein Zuhause, wobei er es selbst so betitel hatte.

Mon drehte sich nicht zu mir um, als er mir antwortete.

„Das Bett war zu hart."

Ich nickte langsam. „Ja, da hast du recht."

Mon brummte kurz zustimmend, sagte jedoch nichts mehr. Also schwieg ich ebenfalls. Wir trafen im zweiten Stock Jaren und Imma, die weitaus besser gelaunt waren, als Mon.

Imma erzählte uns, dass sie, sobald wir in der Hauptstadt gekommen waren, einen Mann namens Lu aufsuchen würde. So wie es sich anhörte, war es ihr Verlobter und sie freute sich riesig auf das Wiedersehen. Obwohl sie mich auf der gesamten Reise mehrheitlich ignoriert hatte, strahlte sie mich heute an, als wäre sie die Sonne höchstpersönlich.

Jaren trottete hinter ihr her und verdrehte bei jedem Wort die Augen. Anscheinend sprach sie schon, seit sie aufgestanden war, von nichts anderem. Von Mon erhielt sie nichts weiteres, als ein Schnauben.

Als wir einen Stock hinuntergingen, stiess mich Jaren mit hochgezogenen Augenbrauen an.

„Ich habe gehört, der König hat dich gestern Abend aufgesucht", flüsterte er mir zweideutigem Ton zu. „Hast du nun offiziell Maure ersetzt? Ich nehme an, diese Neuigkeit wird sie nicht gerade begeistern."

Augenblicklich lief ich rot an und warf ihm einen genervten Blick zu.

„Es schickt sich nicht, mit einer Frau über solche Dinge zu sprechen, Jaren", entgegnete ich.

Jaren lachte kurz auf und zuckte mit den Schultern.

„Das weiss ich, aber ich dachte, es wäre besser, wenn du mir die Gerüchte bestätigst, als wenn ich nicht weiss, ob ich ihnen Glauben schenken soll."

„Gerüchte sind Gerüchte", murmelte ich und dachte, das Thema wäre beendet, als Aurel gefolgt von einigen Soldaten auf uns zukamen.

Doch Jaren dachte nicht daran, das einfach dabei beruhen zu lassen. Nachdem wir die Männer begrüsst hatten und Aurel mir einen tödlichen Blick zugeworfen hatte, fuhr er  weiter fort.

Seidenfaden - ein Reich aus Asche und BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt