𝘦𝘭𝘧 [IN ÜBERARBEITUNG]

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»Ja?«, meldet sich die hohe, bekannte Stimme von Les.

»Hi. Ich bin's. Page«, sage ich, etwas unsicher, weil ich auf Lautsprecher telefoniere, schliesslich ist das ein Teil der Bedingungen für den Anruf gewesen. Ausserdem ist es merkwürdig, mich so bei Leslie vorzustellen.

»Page? Von wo rufst du mich an? Handys sind nicht erlaubt.«

Leslie kling überrascht und irgendwie total verwirrt.

»Ich...ein...«, setze ich an, doch dabei unterbreche ich mich selbst. Ich kann den Typ an der Rezeption nicht verraten. »Wo bist du?«, frage ich also und stelle mich dabei ahnungslos, doch ich kann genau hören, dass sie ihr Handy gerade ebenfalls auf Lautsprecher hat und auf der Autobahn ist. Das Rauschen der Strasse, ihr unterdrücktes Fluchen und der Lärm, wenn ein anderes Auto sie überholt.

»Ich bin nicht mehr dort.«

Ach nee. Wäre mir nicht aufgefallen. Ich unterdrücke ein Schnauben.

»Wieso hast du mir nicht die Wahrheit gesagt? Über die Party?«

Leslie lacht gezwungen auf.

»Du hättest einfach kurz auf deinem Computer nachsehen können, so wie sonst immer auch. Ihr zwei seid doch unzertrennlich. Du schreibst oder liest ständig irgendetwas und sonst machst du weiss Gott was auf dem Teil. Ich habe gedacht, dass du es gewusst hast. Und dass du dich endlich einmal richtig entschieden hast.«

Was zur Hölle ist mir Leslie los? Ich wechsle einen verwirrten Blick mit dem Typ, der mir das Handy gegeben hat, auch wenn er wahrscheinlich nicht viel versteht.

»Erklärst du dir damit den Beutel mit meiner Kleidung? Oder die Tatsache, dass du dich den ganzen Abend von mir ferngehalten hast, bevor du praktisch spurlos verschwunden bist? Und wieso überhaupt?«

»Weil Meggie schon seit einer Ewigkeit immer weiter zwischen uns kommt. Du bist immer nur mit ihr. Du machst immer nur Dinge, die sie will. Ich bin bei allem immer an letzter Stelle, weil sie zwischen uns steht«, brüllt Les mich regelrecht an, worauf ich zusammenzucke.

Aber anstatt das ich Angst gekriegt habe, ist mir jetzt tatsächlich ein wenig der Kragen platzt. Leslie kann über sich selbst entscheiden, aber sie sollte sich nicht bei mir einmischen. Wenn ich mit Meggie befreundet bin, dann ist das meine Sache. Ich habe sie niemals zu einer Freundschaft gezwungen und ich hätte es auch nie getan. So bin ich nicht und jetzt ist sie ... was genau? Eifersüchtig?

»Du lässt mir nicht einmal eine Wahl. Was genau versprichst du dir von der ganzen Sache, Leslie?«, erkundige ich mich bei meiner besten Freundin, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob ich ihr diese Sache jemals verzeihen werde. Meggie zählt auf mich. Und ich? Ich lasse sie unabsichtlich im Stich. Verdammte Scheisse aber auch.

»Dass wir beide endlich wieder alleine sind. Keine Meggie, kein Abschaum von irgendwelchen Menschen. Keine Störgeister und endlich Ruhe. Wir können endlich wieder machen, was uns gefällt. Das ist, was wir uns versprochen haben. Wir zwei, immer und überall. Nur wir zwei.«

Ich umklammere die Steinplatte vor mir so gewaltvoll, dass meine Knöchel weiss hervortreten. Ich glaube, dass mein Herz vor Verdruss noch nie so schnell geschlagen hat.

»Nur um eine Sache hier klarzustellen, Leslie. Du möchtest meine Freundschaft, aber nicht Meggies? Du möchtest nur mich? Nein, verdammt. Ich mag Meggie und ich würde sie niemals aufgeben, nur weil du egoistisch und eifersüchtig bist. Wenn ich ihre Vorstellung verpasse, dann ist es fertig mit dir und mir. Falls das nicht schön längst der Fall ist. Hast du eine Ahnung, wie unangenehm es für mich mit Brexon gewesen ist? Für was? Dafür, dass du deinen dummen Plan ausleben kannst? Damit du endlich zufrieden bist, egal um welchen Preis? Das ist krank, Leslie, und es tut mir verdammt leid, dass du das nicht selber sehen kannst. Falls du wieder zu deinen Sinnen kommst, kannst du dir ja überlegen, ob die ganze Sache wirklich so lohnenswert gewesen ist.«

Und damit lege ich auf, bevor ich mich bei dem armen Kerl bedanke. Schliesslich hat er nicht nur Ärger riskiert, sondern uns auch beim Streiten zugehört und dabei total geduldig gewirkt. Er wirft mir nur einen mitleidigen Blick zu und winkt ab. Das fasse ich als Zeichen auf, verschwinden zu können.

Ich nehme die Papiere, die Hotelkarte und die Tasche mit meinen Sachen. Leslie hat übertrieben. Sie hat das Ganze zu weit getrieben und ich weiss, dass Menschen Fehler machen, aber so etwas ist einfach nur unverschämt. Ich hätte jetzt am liebsten Meggie angerufen, doch die schläft wahrscheinlich bereits und ich werde sie jetzt bestimmt nicht wecken, nur um ihr zu sagen, was für eine Enttäuschung ich bin. Dass ich sie im Stich lasse, einfach weil ich der falschen Person vertraut habe.

Ich gehe einfach wahllos in eine Richtung, in der Hoffnung, den einfühlsamen Blicken des Rezeptionisten zu entkommen und gleichzeitig meine Wut auslaufen zu können. Das funktioniert teilweise eben doch noch. Was für ein tolles Wunder. Nur jetzt eben momentan nicht. Es würde nicht einmal helfen, wenn ich einen Boxsack malträtieren könnten, denn in mir sitzt nicht nur die Wut wie verankert fest.

Enttäuschung, Ungläubigkeit und das Gefühl, verraten worden zu sein, sind die tollen Kompanen heute. Und als ich meine Zimmertür im fünften Stock dann doch noch irgendwann aufstosse und mein Blick über das Himmelbett, den Schminktisch und den kleinen Fernseher fällt, wird mir bewusst, dass ich heute nicht einfach so einschlafen können werde. Ich brauche eine gute Runde Alkohol. Dafür habe ich ja jetzt die Münzen. Schon ironisch, dass diese ausgerechnet von Leslie stammen.

Ich habe ja schon lange gewusst, dass sie waghalsig, aktionsreich und ein wenig verrückt ist. Aber das? Das ist eine ganz andere Nummer. Ich meine, was zur Hölle hat sie sich bitte dabei gedacht? Einfach einmal eine Runde so tun, als könnte sie bestimmen, welche Freundschaft mehr Wert für mich hat? Wen von den beiden ich wählen würde oder gewählt hätte? Und dass ich überhaupt wählen muss.

Der einzige Weg, wie ich beide Freundschaften retten könnte, wäre wenn ich es zu Meggies Vorsingen morgen schaffen würde. Aber ich komme hier nicht weg. Keiner tut-...moment mal. Leslie ist gegangen und Brexon hat sie gehen lassen.

Wie schwer kann es da schon sein, ebenfalls von dieser Party verschwinden zu können? Ich muss ihm in den nächsten vier Stunden einfach genügend auf die Nerven gehen, um gehen zu dürfen. Und da er mich jetzt schon hasst, wird das wahrscheinlich schon nicht so schwer werden.

Hmmm...was Page da wohl plant? Irgendwelche Vermutungen?

Lasst eure Meinungen gerne in den Kommentaren da, das nächste Kapitel kommt dann irgendwann im Verlauf der Woche 😊

Rock Me Maybe  [IN ÜBERARBEITUNG]Where stories live. Discover now