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Als Clara dazugestoßen ist, haben wir das Thema wieder gewechselt, um sie nicht ständig damit zu konfrontieren. Beim Gespräch während des Essens höre ich aber auch nur mit halbem Ohr zu.

Gedanken daran, ob es das richtige wäre, Eren meine Gefühle zu gestehen, plagen mich durch und durch.

Selbst wenn ich es ihm gestehen würde - Was würde ich ihm gestehen? Ich weiss selber nicht einmal, was ich von ihm halte und ob das alles nicht einfach wieder eine Täuschung ist.

Nach dem Essen sind wir nicht mehr allzu lange geblieben, da Clara bald schon ins Bett muss, da es ja noch mitten in der Woche ist. Wir verabschieden uns und haben uns Zuhause direkt schlafen gelegt.

Den nächsten Morgen brachte ich sie zum Kindergarten, hab sie alleine reingehen lassen, gearbeitet und Eren in einem separaten Büro arbeiten lassen.

Dann hole ich Clara ab, wir essen etwas und gehen schlafen. Alles wird zur Routine, alles spielt sich genau gleich ab - Jeden Tag.

Das einzige worauf ich mittlerweile noch warte, ist der Anruf, Elio geboren ist und eine einfache Nachricht von Eren, dass wir wenigstens wieder ins Gespräch kommen. Doch es kommt nichts. Wochenlang.

Wochenlang mache ich mir etliche Gedanken über meine Zukunft, über meine Gefühle und alles was damit zusammenhängt. Und jedes Mal spüre ich in meinem Herzen einen Stich, der von Tag zu Tag nur tiefer geht und härter schmerzt.

An einem Morgen regnet es stark und ich habe eine Tüte mir Regensachen für Clara dabei, die im Kindergarten gelassen werden soll.

Ihre Gruppe macht heute einen Ausflug in den Wald und da ich genaue Abholzeit und genauen Abholort verplempert habe, muss ich nach langer Zeit wieder mit rein in den Kindergarten.

Wir klingeln an, stehen unter einem Regenschirm vor der Tür und werden von Claras Erzieherin herein gebeten. Sie nennt mir nochmal genaue Infos zum Ausflug und dann gehe ich zu Clara und helfe ihr, in ihren weinroten Regenanzug zu schlüpfen.

"Darf ich damit auch in Pfützen springen?", fragt sie mich, als ich ihr in die Gummistiefel helfe und ich nicke etwas.

"Pass bitte trotzdem auf und fall mir nicht hin, okay?", bitte ich sie und sie nickt lächelnd und drückt mir einen Kuss auf die Wange.

"Geht es dir besser?", fragt sie und ich runzele die Stirn.

"Besser?"

"Ja. Du warst die letzten Tage so traurig", meint sie und ich seufze.

"Alles gut, Mäuschen. Papi ist nur von der Arbeit erschöpft...", meine ich, was garnicht so gelogen ist.

Alleinerziehend zu sein, habe ich dann doch sehr unterschätzt. Du hast wirklich keine freie Minute für dich, kannst dein Kind nicht eben dem Partner geben. Und deine kinderfreie Zeit verbringst du dann im Büro, wo du dich tot arbeitest.

"Die Kinder der Mäusegruppe stellen sich bitte schonmal im Hof in einer Zweierreihe auf", ertönt die Stimme von Claras Erzieherin.

Kurz nehme ich meine Maus nochmal in den Arm, küsse sie und dann stehe ich schnell auf.

Zu schnell, denn unter meiner mangelnden Ernährung leidet auch mein Kreislauf und vor Schwindel halte ich mich reflexartig am Nähstgreifbaren fest.

Zeitgleich spüre ich einen Arm an meinem Rücken, der mir zusätzlichen Halt gibt und erst als die schwarzen Punkte vor meinen Augen verschwinden, realisiere ich, was ich gerade eigentlich tue.

Schnell blicke ich zur Seite, lasse mit meiner Hand ab und erkenne erst jetzt, dass ich mich mit vollster Kraft an Eren festgehalten habe.

An dem Eren, den ich seit einigen Wochen nicht mehr gesehen habe. Im Kindergarten meide ich ihn, schaue nie zu ihm. Auf der Arbeit wies ich ihm ein eigenes Büro zu und bringe nun seine Aufgaben noch vor Schichtbeginn zum Schreibtisch.

Der Eren, nach dem ich mich die ganzen Wochen so unfassbar sehr sehnte, wie ich mich noch nie nach jemandem gesehnt habe. Ich wollte es mir nicht eingestehen, aber jeder Tag ohne ihn war wie ein Trampeln auf mein brüchiges Herz und jeder Gedanke an ihn machte die Sache nur schlimmer.

"Sorry...", flüstere ich nur und schaue zum ersten Mal seit langem in seine grünen Augen. Sie haben an Glanz verloren, sind immer noch von Augenringen unterzeichnet und das alles wegen mir. Noch nie habe ich mich wo mächtig und schrecklich zugleich gefühlt.

Mein Starren scheint nicht zu enden und auch Eren geht seit der ersten Sekunde auf dieses ein. So intensiv, dass ich kaum bemerke, wie sich der Flur nach und nach leert.

In seinem Grün sehe ich alles wieder - Wie ich ihn kennengelernt habe, wie unser erster Kuss einige Anläufe brauchte, wie Eren während der Arbeit auf meinem Schoß saß. Unser Sex, so leidenschaftlich und sinnlich, wie gut ich neben ihm einschlafen konnte und wie ich seinem rasenden Herzschlag lauschen durfte.

Und aufeinmal sehe ich, wie ihm Tränen in die Augen steigen und auch ich muss hart schlucken.

Einen kurzen Augenblick schauen wir uns an, dann dreht Eren sich von mir weg, um seine Tränen zu verstecken.

Ich seufze. Doch als ich umdrehe und den Kindergarten mit schnellen Schritten durch den mittlerweile leeren Flur verlassen will, werde ich plötzlich am Handgelenk gepackt und mitgezerrt.

Ich habe kaum Zeit, um zu reagieren.

Ich stehe in einer dunklen, kleinen Kammer, neben mir einige Eimer und Putzmittel und das wichtigste: Vor mir Eren, der mich an meinen Handgelenken gegen die geschlossene Tür der Abstellkammer drückt und dessen Griff sich so in meine Haut presst, dass ich sicherlich rote Abdrücke davon tragen werde.

Ich blicke auf, schaue wieder in die grünen Augen Erens, die ich nur schwach wegen dem wenigen Licht, das von einem schmalen Fenster aus geht, erkennen kann.

Erens Hände lassen meine Handgelenke los, lassen wieder Blut in meine Hände fließen.

Stattdessen legen sie sich an meine Wangen. Ich lege ebenfalls eine Hand an seine Wange und streiche sanft eine Träne weg, die er nicht mehr unterdrücken konnte.

Und plötzlich explodiere ich, denn nach Wochen darf ich wieder seine Lippen auf meinen spüren.

Überrumpelt, doch mit voller Zufriedenheit muss ich leise aufstöhnen, presse jeden Millimeter meines Körpers an seinen und ziehe ihn an dem Stoff seines Pullovers enger an mich.

Der leidenschaftliche Kuss wird immer wilder und er lässt seine Zunge in meinen Mund gleiten, bevor wir uns für eine Sekunde lösen, ohne jedoch die Gesichter voneinander zu entfernen.

"Mein Herz rast...", hauche ich gegen seine heißen Lippen, die ich mit meinem Blick fixiere.

"Meins auch...", entgegnet er und dann verbinden wir unsere Lippen zeitgleich wieder miteinander, als würde es um Leben und Tod gehen. Als wären wir einander die Droge, die für's Überleben notwendig ist. Vielleicht ist das garnicht so falsch...

Meine Hände legen sich an seinen Hintern und ziehen ihn näher an mich, als er wieder zu einem Zungenkuss einlädt. Ich drücke leicht hinein, was ihn etwas aufstöhnen und mich grinsen lässt.

Nach einer Weile, in der die Zeit scheint stehengeblieben zu sein, lösen wir uns wieder voneinander, behalten die Augen geschlossen und lehnen die Stirne aneinander.

Mit seinem Daumen streichelt Eren meine Wange und wandert an meinem Kiefer etwas hinab zu meinem Hals über meine Bartstoppel, die ich heute morgen nicht mehr rasiert habe.

"Levi Ackerman lässt sich wegen mir gehen...", höre ich ihn leise schmunzeln und muss leise auflachen.

"Stimmt doch garnicht!"

Wir beide öffnen die Augen, bauen direkt wieder Blickkontakt auf und geben uns so einen kurzen, hauchzarten Kuss.

"Wer's glauben mag...", grinst er und wir strahlen uns gegenseitig an.

Liaison ; Ereri [AU]Where stories live. Discover now