*kuroken II - i hope your soul is in heaven

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Kuroo lag auf seinem Bett, den Blick an die Decke gerichtet, traurige Bässe drangen durch seine Kopfhörer in seine Ohren. Wie die letzten Tage schon, lag er einfach nur da und dachte nach.

Sein Zimmer war nicht dunkel, wie man es vielleicht vermuten könnte. Die Fenster waren offen, der Raum hell erleuchtet. Das war allerdings seiner Mutter zu verdanken, die immer noch dachte, dass sie ihren Sohn damit zum Aufstehen bewegen könnte.

Jedoch hatte wohl auch sie langsam damit abgeschlossen. Zumindest hatte sie aufgehört, ihn dazu zu drängen, zur Schule zu gehen. Er selbst sah sowieso keinen Sinn mehr darin.
Als ob er sich auch nur einen Moment auf irgendwelche irrelevanten Matheaufgaben konzentrieren könnte oder seine Zeit mit schon längst verstorbenen Personen vergeuden müsste.

Er stockte. Dann seufzte er. Etwas in seiner Brust fing wieder an zu schmerzen. Er fühlte sich erbärmlich. Und schon wieder glitten seine Gedanken zu dem kleinen blonden Jungen, der ihn von Grund auf verändert hatte.

Sie hatten sich schon vor der Schule gekannt, da sie in der gleichen Straße wohnten. Doch erst als auch der Kleinere dann auf die Nekoma-Oberschule kam, wurden sie richtige Freunde.

Kuroo war ziemlich unerträglich gewesen, bevor sie sich richtig kennen gelernt hatten.
Er rauchte, trank Alkohol und hatte fast jede Woche eine neue Freundin. Obwohl er keine von ihnen als seine „Freundin" anerkannt hatte. Sie waren ihm egal. Er wollte einfach nur einen Zeitvertreib und dazu hatten sie gereicht. Es war nur wichtig, dass er jemanden hatte und nicht allein dastand.
Doch das änderte sich an dem Tag, an dem er das erste mal mit dem kleinen Puddingkopf sprach.

Kuroo schmunzelte leicht.
Als er den Blonden das erste mal in der Schule erblickt hatte, wusste er sofort, dass er sich irgendwann einmal in ihn verlieben würde. Aber natürlich hatte er dieses Gefühl zu der Zeit noch nicht einordnen können, schließlich hatte er ihn noch nicht gekannt und glaubte fest daran, auf Frauen zu stehen.

Jedenfalls ging er zu dem Kleineren aus der ersten Stufe und sagte so etwas wie:
„Hey, wir kennen uns doch, oder? Wohnst du nicht in der Nähe von mir? Wir könnten ja vielleicht zusammen nach der Schule nach Hause laufen?"

Daraufhin hatte er nur die Augen verdreht, seine Kopfhörer in die Ohren gesteckt und war weggegangen. Kuroo stand noch einige Sekunden verwirrt und bewegungslos einfach so da. So etwas war ihm ja noch nie passiert.

Doch am nächsten Tag wartete der Blonde früh bereits schon vor der Tür der Tetsuros und als Kuroo zu ihm trat, nahm er sogar seinen linken Kopfhörerstöpsel heraus.

Ab diesem Tag hatte Kuroo keinen einzigen Gedanken mehr an irgendein Mädchen verschwendet.

Nach einigen Monaten waren der Schwarzhaarige und der Puddingkopf recht gute Freunde geworden und Kuroo fing langsam an, seine Gefühle deuten zu können.

Nach weiteren Wochen musste er sich dann endlich eingestehen, dass er Gefühle für den Anderen hatte, dass er doch nicht hetero war.

Es folgten Monate der Ungewissheit. Kuroo konnte seinem, nun schon besten Freund, einfach nicht von seinen Gefühlen erzählen, es ging bei bestem Willen nicht. Was sollte er denn tun, wenn er zurückgewiesen werden würde?
Und mal ganz abgesehen davon, was sollte er tun, wenn der Andere das Gleiche empfinden sollte?
Wie sollte er eine Beziehung mit einem Jungen führen können?

Jetzt konnte Kuroo nur lächelnd den Kopf über sein früheres Ich schütteln. Er hätte einfach viel früher etwas sagen sollen, dann wäre den beiden wahrscheinlich wenigstens etwas mehr Zeit verblieben.

Als er sich dann endlich dazu durchringen konnte, dem Kleineren von seinem Geheimnis zu erzählen, bekam er zu seiner Verwunderung keine Abfuhr. Er schien dem Jüngeren wohl auch etwas mehr zu bedeuten. Es dauerte nicht lange und sie kamen zusammen.

Es war die glücklichste Zeit in Kuroos Leben, auch wenn seine Hauptaktivität darin bestand, Videospiele zu spielen, Filme zu gucken oder einfach nur im Bett zu dösen. Das Entscheidende war einfach nur, dass er das alles zusammen mit seinem Freund machte. Und das machte sein Zimmer für Kuroo zum Paradies auf Erden.

Doch kein Paradies kann lange existieren. Ein Paradies ist dazu verdammt zu zerbrechen. Das haben sie so an sich, es gibt nichts, was perfekt ist. Und alles, was sehr nahe dran ist, hat nicht die Erlaubnis zu bestehen. Das ist eben die Sache mit fast perfekten Sachen.

Und so fing auch Kuroos Paradies an zu bröckeln, als er es am wenigsten erwartete. An einem Samstagmorgen in dem gleichen Bett, in dem er genau in diesem Moment auch lag. Doch damals hatte er noch seinen Freund in den Armen gehalten, als ob ihn jemand hätte stehlen wollen. Doch es war niemand geringer als der kleine Puddingkopf selbst, der sich dem Schwarzhaarige entzog.

An diesem Sonntag morgen fing er an, das Paradies zu zerstören, unwillentlich, aber er tat es.
„Ich will sterben", hatte er gesagt. Einfach so. Kuroo hätte reagieren sollen, hätte ihm vielleicht helfen können, doch er entschied sich dafür es zu ignorieren, zu vergessen, einfach unter den Teppich zu kehren, wie Dreck, der es nicht einmal wert war, dass man einen Handfeger und ein Kehrblech holte.

Die Welt drehte sich weiter. Das Leben wurde dadurch nicht pausiert und zumindest Kuroo bemerkte nicht, wie die Blumen des Paradieses leise verwelkten.

Der kleine Blonde war noch nie ein wirklich emotionaler Mensch gewesen, hatte nicht unnötig viel gelacht oder geweint, und Kuroo hätte auch gedacht, dass sich das in dieser Zeit nicht geändert hatte, andererseits war er auch nicht dabei, wenn der Jüngere unter Tränen im Bad zusammenbrach oder leise wimmernd die Klinge an seiner Hüfte ansetzte.

So verging wieder einige Zeit. Die Augenringe des Kleineren wurden dunkler, die Sätze kürzer, so wie auch die Zeit, die die beiden miteinander verbrachten.
Kuroo dachte sich nichts dabei, Dreck unter dem Teppich.
Und so lebten sie mehr oder weniger weiter.

Doch irgendwann war der Platz unter dem Teppich aufgebraucht.
Als Kuroo die Narben sah, war es soweit.
Eigentlich konnte man nun wirklich nicht mehr verleugnen, dass es dem Kleinen nicht gut ging, eigentlich, doch Kuroo schaffte es irgendwie.
Er konnte der Wahrheit einfach nicht ins Gesicht blicken.
Die Ausrede, dass die Narben am Körper seines Freundes nur Kratzer seiner Katze waren, glaubte er jedenfalls ohne zu zögern.

Jetzt hasste Kuroo sich dafür. Er wusste nun, wie wichtig es für den Kleineren gewesen wäre, dass ihn jemand da rausholt.
Rausholt aus dem tiefen Loch, in dem er sich befand.
Es war so, als ob Kuroo mit einer Leiter die ganze Zeit neben der Öffnung im Boden saß und seinem Freund nur von Zeit zu Zeit zu winkte oder sich mit ihm unterhielt, jedoch niemals auch nur auf die Idee gekommen wäre, ihm heraus zu helfen, auch wenn er alle nötigen Mittel dazu besaß.

Ja, das fasst es so ziemlich zusammen. Kuroo hatte sich selbst dazu gezwungen, die Wahrheit zu ignorieren. Er hatte gewusst, dass er damit selbst nicht klar kommen würde. Und ihm war auch ziemlich bewusst, wie egoistisch die ganze Sache war.

Und mit der Zeit wurde das Loch immer tiefer. Irgendwann hätte selbst Kuroo mit der Leiter nichts mehr ausrichten können. Davon war allerdings sowieso nie die Rede.
Schließlich fing die Erde an, von Rand der Grube abzubröckeln und in die dunkle Tiefe zu fallen. Berieselte den Blonden.

Und begrub ihn später unter sich. Erstickte ihn.

Im echten Leben war das Ganze natürlich etwas anders abgelaufen.
Der Kleinere hatte immer mehr ungesunde Anzeichen aufgezeigt, welche jedoch gekonnt ignoriert wurden, zumindest von Kuroo.
Natürlich gab es noch andere Personen, die sich Sorgen um den Jüngeren machten, diese wurden allerdings auch ignoriert, von beiden.

Und irgendwann fand Kuroo nur noch das Schächtelchen neben dem Bett, die Schlaftabletten fehlten.

Kuroo rollte sich auf seinem Bett zusammen und rückte seine Kopfhörer wieder zurecht.

Wo er jetzt wohl war?
Zumindest seine Seele musste doch in irgendeiner Form noch existieren. Auch wenn Kuroo Atheist war, hoffte er inständig, dass sich sein Freund, Kenma, nun im Himmel befand.
Doch werden dort auch Seelen aufgenommen, deren Körper Selbstmord begangen haben?

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:(

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