11. Mittwoch

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Als alle aus dem Haus waren, stand ich auf und machte mich fertig für den Tag. Eine Stunde später kam ich runter und Nadine saß mit Andy zusammen am Frühstückstisch. Ich gesellt mich zu ihnen und machte mir ein Brot an dem ich mittlerweile seit 20 Minuten rum kaute. Ich hoffte sie würde es nicht bemerken, aber Nadine sah mich irgendwann aufmunternd an. „Ich kann es verstehen, das du vor dem Termin nichts runter bekommst." Erleichtert legte ich mein Brot auf den Teller und schob es von mir. Andy zwinkerte mir zu, mehr platz fürs Mittagessen. „Ich mach heute Gulasch mit Nudeln."

Ich musste leicht lächeln, da ja alle wussten wie es um seine Kochkünste bestellt war. „Wir freuen uns drauf. So lange es nicht angebrannt ist." Flüsterte sie hinterher und zwinkerte mir zu. Andy verdrehte die Augen und grinste mich an. Nadine erhob sich. „Wir sollten langsam los." „Okay." Mein Magen schnürte sich noch mehr zusammen und wie auf Autopilot zog ich meine Schuhe an, folgte ihr in den Bulli und bekam von der Fahrt kaum etwas mit. Zu tief in meinen Gedanken versunken, um auch nur auf einen Gesprächsansatz von Nadine eingehen zu können. Bei der Polizei übernahm sie das reden, bis wir im Befragungsraum saßen und ich nun sprechen musste. Sie stellten ähnliche Fragen wie im Krankenhaus, wenn ich nicht detailliert genug antwortet, wurde mir die Frage später noch mal gestellt. Es fühlte sich furchtbar an, mir brummt der Kopf, mein Magen rebellierte und es gab keinen Ausweg. Nadine strich mir immer wieder aufmunternd über den Arm und versuchte sich von Zeit zu Zeit an einem aufmunterten lächeln, um mich zum weiter reden zu animieren. Ich wurde mit neuen Erkenntnissen konfrontiert, unter anderem was sie in meinem Zimmer gefunden hatten und was Katja ihnen geschildert hatte.

Nach 2,5 Stunden saßen wir wieder im Auto und ich war durchgeschwitzt und mit den Nerven am Ende. Ich warf Nadine während der Fahrt einen Blick zu. „Na weißt du nun genug über mich!?" Es klang aggressiver als gewollt. Sie verzog das Gesicht und ich konnte Schmerz in ihren Augen sehen. Prompt tat es mir leid, sie so angefahren zu haben. „Entschuldige bitte..." Sage ich kleinlaut. „Es ist nur...ich weiß auch nicht....es fühlt sich an wie..." Sie nahm ihren Hand von der Schaltung und griff nach meiner. „Als würdest du alles noch mal durchleben müssen, als würdest du erneut vergewaltigt." Ich starre sie an. Schockiert über ihre Worte, die so ins schwarze trafen. Ich brachte nur ein nicken zustanden und ein leises. „Ja." Auch sie nickt. Im Radio lief leise 'Dirty Diana' von Michael Jackson, ich drehe es lauter und ließ mich in den Sitz sinken. Das nächste Lied war ruhiger. Nichts was ich jetzt gebrauchen kann, um mit meinen aufgestauten Emotion klar zu kommen. Ich drehe das Radio leiser. „Den mag ich auch." Bemerkt Nadine leise, ich erwider nur ein nicken und starre aus dem Fenster. Am Wohnhaus angekommen wartete ich bis Nadine aufgeschlossen hat, feuere meine Schuhe in den Schrank und sprinte fast schon die Treppe hoch. Mir fiel der Boxsack ein. „Ich geh in den Freizeitraum." Rief ich runter und bin schon fast da. Die Handschuhe schmeiße ich in die Ecke und prügel mit bloßen Fäusten darauf ein. Ich weiß nicht wie lange. Schweiß brennt mir in den Augen oder sind es Tränen, auch das kann ich nicht sagen, es ist nicht wichtig. Andy öffnete die Tür und sieht mich an. Er hebt die Hand um mich zum stoppen zu bringen. Ich sehe ihn leicht genervt an.

>Ich will nicht reden<

Er nimmt meine Hände in seine und sieht sie an. Meine Knöchel sind stark gerötet. Er verzieht kurz das Gesicht, hebt die Handschuhe auf und zieht sie mir kommentarlos an. Ich bin leicht irritiert, lasse es jedoch zu. Er stellt sich hinter den Boxsack und hält ihn fest. „So jetzt schlag richtig zu!" Fordert er mich auf. Ich löse mich aus meiner Starre und machen die ersten Schläge. Er korrigiert meine Haltung und gibt mir Anweisungen. Fordert mich fester und schneller zu schlagen. Es raus zu lassen. Es fühlt sich seltsam an, aber es hilft. Teilweise schreie und brülle ich dabei unverständlich, aber es ist mir egal und Andy scheinbar auch.

>Pure Aggression sprudelt aus mir<

Irgendwann kann ich nicht mehr und taumel nach hinten in den Raum und lasse mich auf eine der Matten fallen. Ich atme heftig, aber die Tränen sind versiegt. Ich habe gar nicht bemerkt das Andy weg war, bis er plötzlich mit einem Handtuch vor mir steht und mir die Handschuhe auszieht. Er lässt sich neben mich fallen und atmet ebenfalls durch. Ich spüre erst jetzt wie meine Kleidung schweißnass an mir klebt und wie gut es getan hat.

ChanceWhere stories live. Discover now