Kapitel 2 - verkohlt

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Die restliche Stunde folgte ich Herr Parkers Unterricht aufmerksam. Als es zum Ende der Stunde klingelte, strömten meine Klassenkameraden zügig aus dem Raum. Mein Blick fiel auf Herr Parker der auf seinem Pult saß und von zwei Mädchen unter Beschlag genommen wurde. Er lächelte und erwiderte etwas, dass ich durch den Tumult nicht verstand. Ich schenkte meinem Schreibtisch wieder volle Aufmerksamkeit und packte meine Unterlagen zusammen.

„Ich geh schon mal vor.", sagte Nora mit einem Lächeln und zwinkerte mir zu.

„Okay, wartet ihr draußen auf mich?", fragte ich und stoppte für einen Augenblick.

„Klar. Ich suche schonmal Kathie." Ihr Lächeln verzog sich zu einem schiefen Grinsen. „Und viel Spaß", säuselte sie. Dabei stupste sie mich an und verschwand auch schon aus dem Klassenzimmer. Ich schaute ihr noch einen Moment hinterher, bevor ich die letzten Blätter grob in meine Tasche stopfte und zum Lehrerpult ging. Ich hatte es noch nicht einmal erreicht, da schaute Herr Parker auf und lächelte. Erleichterung lag in seinen Ausdruck. Er war wohl froh, die Blutsauger von sich loszubekommen.

„Entschuldigt, aber ich muss einmal mit Charlotte sprechen. Wir verlegen unsere Unterhaltung auf ein anderes Mal.", beendete er das Gespräch.

Die Lockenpracht des größeren Mädchens wippte, als sie den Kopf zu mir drehte. Ich hatte Cloeys Haare schon immer beneidet. Cloeys grüne Augen strahlten, doch als ihr Blick meinen traf, verdunkelten sie sich kaum merklich und wurden abweisend. Doch es dauerte keine Sekunde, da strahlten sie wieder und ein Lächeln legte sich über ihre vollen Lippen.

„Ich freu mich schon drauf...", für einen Moment zögerte sie, dann wurde ihr lächeln breiter. „David."

Eine meiner Augenbrauen zuckte überrascht. Wie konnte jemand nur so unhöflich sein und einen Lehrer mit seinem Vornamen ansprechen? Doch etwas lag in ihren Augen, dass mich noch mehr überraschte. War sie etwa... eifersüchtig? Ich strich den Gedanken sofort aus meinem Kopf und wartete einige Meter entfernt auf die Antwort von Herr Parker.

Herr Parkers lächeln verebbte. Streng blickte er sie an. „Für dich, Cloey, immer noch Herr Parker und jetzt lasst uns allein."

Autsch. Das tat ihrem Ego sicherlich weh. Ich ließ ein unschönes Grunzen von mir und schlug mir augenblicklich die Hand vor den Mund. Selbst sie hatte diesen Korb nicht verdient, doch vielleicht sollte man ihr öfter mal Respekt beibringen. Auch wenn ich mein Lachen unterdrücken konnte, grinste ich hinter meiner vorgehaltenen Hand, doch wie es schien gelang mir das wohl nicht so gut, wie ich gehofft hatte, denn Cloey funkelte mich entrüstet und sichtlich wütend an. Ich presste meine Lippen fester zusammen. Ihre Augen verengten sich zu schmalen schlitzen, dann machte sie auf dem Absatz kehrt und verließ mit schnellen Schritten das Klassenzimmer. Ihre Freundin folgte ihr rasch.

Herr Parker blickte ihnen noch einen Augenblick hinterher, dann stieß er einen langen Seufzer aus. Wie gerne würde ich ihn einmal David nennen, doch das würde nur in meinen Träumen geschehen.

Seine Augen zuckten, dann entspannte sein ganzes Gesicht und wurde wieder so sanft, wie sonst auch. „Charlotte, wie geht es dir? Du hast dein Referat noch nicht eingereicht."

„Ich weiß und es tut mir wirklich leid,", entschuldigte ich mich, „aber ich bin damit noch nicht fertig geworden." Ich wich seinen markanten Augen aus, doch ich spürte sie deutlich auf mich gerichtet. Ein unangenehmes Gefühl breitete sich in meinem Bauchraum aus und fraß sich langsam durch meinen Körper. Ich hasste es. Es kam immer dann, wenn ich mich schuldig fühlte. Schuldig einer zeitlichen Vorgabe nicht gerecht zu werden. Doch ich konnte ihm schlecht sagen, dass meine Schwester krank war und ich mich um sie kümmern musste. Herr Parker wusste zwar über die Situation bei uns zuhause Bescheid, jedoch wollte ich das nicht als Ausrede nutzen. Sonst hatte ich es auch immer geschafft.

Charlotte - tödliches VerlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt