Kapitel 2

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«Jungkookie!» Spät abends klopfe ich an seine Zimmertür.

Ich habe mich dazu entschieden, dass ich Jungkook  am ehesten überzeugen kann, morgen mit in die Schule zu gehen. Mit etwas Glück werden es ihm die anderen nachmachen. Mein Plan hängt nur davon ab, dass sie Mitleid mit mir empfinden.

Meine Chancen stehen hoch, dass dies der Fall sein wird, da ihre Persönlichkeiten, die sie der ganzen Welt zeigen, nicht ausgedacht und gelogen sind, sondern der Wahrheit entsprechen. Jedoch schlummert in ihnen eine düstere Seite, die nur ausgewählte Menschen zu Gesicht bekommen. Und ich bin eine davon.

Bis heute verstehe ich nicht, wie alle sieben eine solch ausgeprägte Dualität besitzen können. Manchmal zeigen sie ihre dunkle Seite auf der Bühne, lassen die Düsterheit in ihren Tanzstil und ihre Gesichtsausdrücke einfließen. Armys, lieben es und verlieren ihren Verstand. Ich. Ich bin Army.

BTS fasziniert mich. Sie scheuen sich nicht den Auslöser einer Pistole abzudrücken, doch gleichzeitig könnten sie niemals Unschuldige, Schwangere, Kinder oder Armys auch nur ein Haar krümmen. Es hat eine lange Zeit gebraucht, bis ich verstand, dass sie zwar Mafia Bosse sind, allerdings für die richtige Seite stehen.

Als ich nach dem dritten Klopfen an Jungkooks Tür nichts höre, entscheide ich mich, einfach hinein zu gehen. Die anderen Member haben zwar keinen Schlüssel für Jungkooks private Räume, doch ich habe von alle sieben Schlüssel sowie die Erlaubnis hineinzutreten. Dies macht mich zu der einzigen Person auf der ganzen Erde, die die uneingeschränkte Erlaubnis besitzt, in die privaten Gemächern von allen BTS Membern zu gehen.
Neidisch? Ich wäre es.

Als ich die Tür aufschiebe, dringt leise das Geräusch von plätscherndem Wasser zu mir. Kurz darauf erklingt eine harmonische, engelsgleiche Stimme, die vor sich dahin singt, während das Wasser prasselt. Augenblicklich leuchten meine Augen auf. Ich könnte ihm ewig lauschen.

Das Verlangen, zu ihm in die Dusche zu gehen, schwappt über mich wie eine einbrechende Welle. Das einzige was mich davon abhält, ist mein Plan. Wenn ich Jungkook überzeugen will, dann muss ich verletzt und traurig wirken.
Verdammt sei mein Plan.

Gerade als ich einen Schritt auf die Badezimmertür zugehe, ist Jungkooks Lied beendet und das Geräusch der aufprallenden Tropfen verklingt. Enttäuscht sacken meine Schultern herunter. Leise seufze ich und schlurfe zu seinem großen, weichen Bett, auf das ich mich lege.

Um meine verletzte Rolle überzeugend rüber zu bringen, ziehe ich seine Decke über meinen Körper, der nur durch ein dünnes Seidentop, unter dem ich keinen BH trage, und viel zu kurzen Shorts bedeckt ist.

Nachdem ich eine gemütliche Position gefunden habe, schweifen meine Gedanken zu meiner Familie, die mehrere Stunden mit dem Flugzeug von mir entfernt ist – der einzige Aspekt, der mein geniales Leben etwas weniger genial macht. Zwar boten die Member an, meiner Familie eine schöne Wohnung in der Gegend von ihrer Villa zu kaufen, jedoch verneinten meine Eltern dieses Angebot.

Ich schreibe und telefoniere zwar täglich mit ihnen, aber das ist nicht dasselbe. Besuchen kann ich sie nur selten, selbst wenn mir ein Privat Jet zur Verfügung steht. Ich habe mir hier in Seoul ein neues Leben aufgebaut und habe daher kaum freie Zeit. Ich gehe zu einer renommierten Schule, deren Ansprüche sehr hoch sind, und habe auch eine kleine Freundesgruppe, mit denen ich mich des Öfteren verabrede.

BTS verbittet mir zwar mich mit Jungs zu verabreden, allerdings lassen sie mir einen gewissen Freiraum und haben nichts gegen weibliche Freunde einzuwenden. Ich bin schließlich nicht ihr Besitz, selbst wenn sie sich manchmal so benehmen.

Und die Zeit, die ich nicht in, bzw. mit der Schule beschäftigt bin, oder mit Freunden verabredet bin, verbringe ich mit meinen sieben Daddys.
Mit Abstand die beste Zeit des Tages.

Als ich mir überlege, was meine Familie gerade so macht, ganz ohne mich, treten mir heiße Tränen in die Augen, lassen meine Sicht verschwimmen. Ob sie gerade an mich denken? Ob sie mich genauso vermissen wie ich sie? Die erste Träne kullert, bahnt sich ihren Weg über meine rosige Wange, hinterlässt eine klebrige, warme Spur des Leidens.

Mehrere Tränen strömen meine Wangen herab, als ich daran denke, welche Personen ich zurückgelassen habe. Nicht nur meine Eltern, sondern auch meine Freunde und meinen Kindheitsschwarm. Ein Schluchzen dringt aus meiner trockenen Kehle, mein Körper erzittert und mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen.
Gott, wie ich sie vermisse!

«Y/N?», erklingt Jungkooks Stimme und reißt mich aus meinen Gedanken. Abrupt hebe ich meinen Kopf, erblicke ihn und vergesse auf einmal, wie man atmet.
In Boxershorts, entblößten Bauchmuskeln und mit nassen Haaren, die an seiner feuchten Stirn kleben, lehnt er am Türrahmen. Das Licht fällt auf seinen Körper, der noch mit einer dünnen Wasserschicht bezogen ist, und lässt seine Muskeln hervortreten und schimmern.

Als er sich durch seine tropfenden Haare fährt, ist es endgültig um mich gestehen. Ich presse meine Schenkel eng aneinander, versuche angestrengt die feuchte Hitze zwischen meinen Beinen zu ignorieren.

Unzählige Male habe alle Member entblößt gesehen, aber jedes Mal aufs Neue weicht mir die Luft aus den Lungen und mein Herz droht zu explodieren. Das Verlangen nach ihnen ist überwältigender als nach Schokolade; sogar überwältigender als der Drang eine geöffnete Chips Tüte bis zum letzten Chip zu essen.

Sie sind wahrlich Engel. Oder doch eher Teufel?

Hastig wische ich mir meine Tränen fort, tue so, als wäre es mir peinlich, dass er mich erwischt hat. Ein letztes, gebrochenes Schluchzen dringt über meine bebenden Lippen.

Mit großen Augen, in denen sich Sorge spiegelt, eilt er auf mich zu, packt mich vorsichtig unter den Achseln, hebt mich hoch, als wäre ich ein Leichtgewicht, wobei seine Muskeln sich anspannen und Sehnen heraus treten. Nun setzt er sich auf die Bettkante und platziert mich auf seinen Schoß.

Er schlingt seine muskulösen Arme um mich, drückt mich an sich, so dass meine Brüste gegen seine definierte Brust gedrückt werden. Seine warme Hand streichelt über meinen Rücken, während die andere Hand auf meinem Po verweilt. Ich vergrabe mein verheultes Gesicht in seiner Halsgrube, atme seinen himmlischen Duft ein und lasse mich von seiner Körperhitze ummanteln.

Nachdem sich mein Atem und mein Herzschlag beruhigt haben, drückt er mich etwas von sich weg, so dass er mir in die Augen sehen kann. Er legt seine warme Hand auf meine Wange, streichelt über sie. Ein Zittern erfasst mich. Seine Berührungen gehen mir unter die Haut, lassen mein Herz höher schlagen.
Obwohl alle sieben einen Platz in meinem Herzen haben, stelle ich schon seit einiger Zeit fest, dass es mich immer wieder zu Jungkook zieht; dass er mein sicherer Ort, mein Zuhause ist.

Ich wohne schon Monate lang hier, habe stets achtgegeben, niemanden mein Herz zu schenken – jedoch bin ich auf bestem Wege dahin.

Ich bin nicht naiv. Ich weiß, für sie bin ich nur jemand, der ihnen Vergnügen bereitet. Ständig ermahne ich mich selbst und sage mir, dass ich für sie nichts weiter als Spielzeug bin.  Irgendwann werden sie genug von mir haben und sich jemand neues suchen, der ihnen bereitwillig zur Verfügung steht. Die Konkurrenz ist enorm.

Bis heute verstehe ich nicht, wieso sie ausgerechnet mich wollten. Wahrscheinlich bot es sich einfach an. Ich will mich auch gar nicht beschweren. Ich führe dank ihnen hier mein bestes Leben. Ich schulde ihnen sehr viel mehr als das Louis Vuitton Hemd.

Mit einem intensiven, sorgenvollen Blick, der mir den Atem raubt, sieht mich Jungkook an. Bei diesem Blick könnte man fast schon meinen, ich wäre mehr als ein Spielzeug für ihn – aber nur fast. Ich erwische mein Herz dabei, wie es höher schlägt.
Dämliches Herz.

Jungkooks Babe Where stories live. Discover now