4. Glück zum Unglück

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Weston war los gesprintet.

Die kühle Luft und Sonne belebten seine Sinne, als er die Straße lang lief. Die Bullen verfolgten ihn, aber er wusste, dass sie keine Chance hatten. Die Städte waren Westons Gebiet. Dort tobte er sich aus.

"Bleib stehen!", rief einer der Bodyguards, aber Weston ignorierte ihn und bog in eine Seitenstraße. Es war eine Sackgasse, aber er sprang leichtfüßig auf eine der Mülltonnen und kletterte über die Mauer.

Geschmeidig landete er auf seinen Füßen und rannte weiter. Ein Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus, als er die frustrierten Schreie seiner Verfolger hörte. Trotzdem behielt er das Tempo und machte keine Pause.

Seine verbundenen Hände bereiteten ihm kleine Schwierigkeiten. Irgendwo musste er sie loswerden, dachte sich Weston und übersprang die Stufen einer Treppe. Er dämpfte den Sprung mit einer Rolle und kam dann schnell wieder auf die Beine.

Die Sonne stand schon am wolkenklaren Himmel und ließ ihn schätzen, dass es gegen fünf Uhr morgens war. Nicht viele Menschen waren wach, geschweige denn auf der Straße. Als Weston sicher war, dass er die beiden Männer abgehängt hatte, rannte er ausversehen in jemanden rein.

Die beiden kamen auf den harten Boden an, mit Weston auf dem Fremden. Kurz stöhnte er schmerzerfüllt auf und setzte sich schnell auf. "Tut mir leid!-" als er das Gesicht der Person sah, stockte ihm kurz der Atem. Der Mann, der sich langsam aufrappelte, war göttlich schön. Seine hellen Haare reflektierten die Sonne und es ließ sie wie flüssiges Gold aussehen. Einige seiner gelockten Strähnen fiel ihm ins Gesicht und umrahmte es.

"Da hat es jemand ja eilig", sagte der Gott und lachte leicht. Weston stand schnell auf und reichte ihm die Hand. Naja, eher Hände, denn sie waren immer noch gefesselt. "Warum bist du gefesselt?", fragte dieser und ließ sich hochziehen.

Wieso hatte er so verdammt weiche Hände?

"Lange Geschichte...", murmelte Weston. "Tut mir nochmal wirklich leid, dass ich dich umgerannt hab..." Die männliche Aphrodite winkte ab. "Schon gut, ist ja nichts passiert" Weston lächelte kurz und ging dann weiter. Er bemerkte jedoch nicht den Blick des Fremden, der ihm hinterher sah. Er wollte jemandem von seiner Situation berichten, aber er hatte Angst dass man ihm nicht glauben würde, oder er wieder ausgeliefert wird.

In einem Fleischerladen ließ Weston sich die Fesseln durchschneiden und ignorierte den verwirrten Blick des Fleischers. Als er das lästige Stück Seil entfernt bekam, seufzte er erleichtert auf und drehte seine Handgelenke um sie zu entspannen.

Der scheiß Strick hatte tiefe Abdrücke hinterlassen, welche blutig wurden durch das ständige aufeinander reiben seiner Haut und dem Seil. Weston drehte sich zum Fleischer, welcher ihn leicht verstört ansah.

"Junge, woher kommst du?" Das durfte er nicht verraten. Lüg Weston, denk dir irgendwas aus! "Uh...Aus der...Türkei. Ich bin auf Urlaub hier...Und die Fesseln, die kommen von einem Spiel" Gut gemacht.

"Hm..." Der Kerl schien nicht ganz überzeugt zu sein. "Dürfte ich mir ihr Telefon ausleihen? Ich müsste dringend telefonieren und habe meines leider vergessen" Der Fleischer nickte kurz und überreichte ihm ein altes Handy.

Westons Herz fing an schneller zu schlagen. Er könnte es wirklich schaffen und war nur ein Anruf davon entfernt. Mit vor Spannung zitternden Händen tippte er die Telefonnummer seiner Eltern ein. "Haben wir dich!"

Weston zuckte erschrocken zusammen und ließ das Handy fallen. Wirklich jetzt Weston?!

Am Eingang standen Evelin und ihre Untertanen. Sie zielte mit einer Pistole auf ihn und sah wirklich erbost aus. Das sah nicht gut für ihn aus. Weston hob das Handy auf und schritt langsam nach hinten. Im Augenwinkel sah er eine Hintertür, die seine einzige Möglichkeit wäre. Aber wenn er nicht schnell genug wäre, könnte er sein Leben riskieren und er war sich sicher, dass Evelin nicht zögern würde abzudrücken. Naja, vielleicht nicht riskieren, sie brauchten ihn immerhin lebend.

Weston sah Evelin genau in die Augen, während er langsam zur Seite schritt. "Weston ich warne dich!", sagte sie hysterisch und entsicherte die Waffe.

Der Angesprochene ignorierte sie und rannte los, als ein ohrenbetäubender Schuss ertönte. Weston verlor die Kontrolle über seinen Körper und kam auf den Boden auf. Diese Schlampe hatte ihm ins Bein geschossen. "Ich hab dich gewarnt! Nehmt ihn."

Es tat höllisch weh. So einen Schmerz hatte er noch nie gespürt. Weston wollte auf den grünen Anrufknopf drücken, als ihm der eine Bodyguard auf die Hand trat. Weston schrie vor Schmerz auf und verzog sein Gesicht. Sein Bein jedoch fühlte sich durch das Adrenalin plötzlich taub an. Der Schmerz würde sicherlich noch früh genug wieder eintreten.

Sie fesselten wieder seine Hände, während Weston auf dem Bauch lag. Dieser windete sich wie ein Fisch an Land. Es war so frustrierend machtlos zu sein. Ihm traten Tränen in die Augen, welche er versuchte wegzublinzeln.

Hätte er nur früher auf den Knopf gedrückt verdammt. Dann würden seine Eltern das Handy orten können. Leider konnte er nicht verhindern, dass ihm eine Träne die Wange runterlief.

Evelin bemerkte das und tätschelte seine Wange. "Aw, nicht weinen kleiner Weston. Aber da bist du selber schuld.", sprach sie arrogant aus und Weston drehte seinen Kopf zur Seite, damit sie ihn nicht mehr anfasste. "Bringen wir ihn zum Boss."

~

Der Boss. Weston fürchtete sich jetzt schon vor der Begegnung. Wäre er schlimmer als Evelin? Müsste er wieder in einer winzigen Zelle übernachten? Zurzeit saß Weston in einem Raum voller Sofas und Sessel. Es sah aus wie ein Warteraum. Nachdem sie den Millionärssohn wieder gefangen nahmen, brachten sie ihn in die große Villa am Hügel der Stadt, an der sie vor der Flucht angehalten hatten.

Weston sah aus dem Fenster und war froh das Meer von hier aus betrachten zu können. Mittlerweile stand die Sonne im Zenit und auch sein Magen erinnerte ihn daran, dass es Mittag war. Nicht dass es einen Unterschied machte, er hatte seit zwei Tagen nichts gegessen oder getrunken. Wenigstens wurde sein Bein behandelt und zwar halbwegs gut. Sie haben die Wunde praktisch nur verbunden, obwohl die Kugel noch drin war und ihm war durch den Blutverlust leicht schwindelig, aber ansonsten ging es ihm dadurch auch nicht mehr scheiße als vorher.

Nach einer Weile, was sich anfühlte wie eine Ewigkeit, kam Evelin ins Zimmer. Sie hatte einen roten Abdruck auf ihrer Wange und sah Weston genervt an, welcher nur einen unwissenden Blick aufhatte. "Bringt ihn zum Boss...", murmelte sie und legte ihre leicht zitternde Hand auf ihre Wange. Na toll. Es war so weit und Weston war in keinster Weise bereit. Wenn so eine Frau wie Evelin Angst hatte, was sollte dann nur aus ihm werden?

Die for me (bxb)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt