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Wie schon befürchtet wurde der nächste Arbeitstag die Hölle. Ich hatte die Nacht über kaum ein Auge zugemacht; stattdessen lag ich stundenlang wach, hatte mich ausgeweint und über den Streit mit Sasuke nachgedacht. War ich zu hart gewesen? Hatte ich ihm Sachen vorgeworfen, die ich vielleicht im Nachhinein bereuen sollte? Ich konnte meinen Gefühlsausbruch so oder so nicht mehr zurücknehmen, das war mir bewusst. Ausgesprochene Worte ließen nie einen Rückzieher zu. Ich hatte Schuldgefühle, ja. Aber auf der anderen Seite hatte ich alles, was ich ihm seit dem Abschied an den Kopf werfen wollte, immer für mich behalten. Er hatte mir nie die Möglichkeit gegeben, mich auszusprechen. Gestern Abend war es nun geschehen und ich konnte es nicht mehr zurücknehmen. Ich wollte es auch nicht. Schließlich entsprach alles der Wahrheit, auch wenn es hart klingen mochte. Mein Körper würde es nicht ein zweites Mal schaffen, einen solchen Abschied mühelos hinzunehmen. Es wäre unfair von ihm, dies zu erwarten. Schließlich hatten wir die engste Freundschaft aufgebaut, dann verschwand er spurlos, kam wieder, nur um dann wieder zu gehen? Nein, das wäre herzlos. Andererseits wäre dies typisch Sasuke - die Gefühle der Anderen scheinen ihm meistens egal zu sein.

Kurz hatte ich überlegt, mich heute tatsächlich krankzumelden. Dies kam so gut wie nie vor, da ich meinen Job über alles liebte und ich genügend Praxiserfahrung für das Studium sammeln wollte. Doch die wenigen Stunden erholsamen Schlafes hatten an mir gezerrt wie sonst nie. Die Augenringe konnte ich mit etwas Make-Up überdecken, doch meine müden Augen und die allgemeine Körpersprache zeigten deutlich die Auswirkungen der Auseinandersetzung. Zudem wollten die Mädels heute zu mir kommen und davor graute es mich am Meisten. Ich hatte die Befürchtung, dass ich einen weiteren emotionalen Zusammenbruch erleiden würde, wenn Ino und der Rest über meine Schwelle treten würde. Andererseits konnte ich dies heute vielleicht genau gebrauchen - keinen Zusammenbruch, aber einen ausgelassenen Abend unter Freundinnen, wo ich mich regelrecht auskotzen konnte. Würde mein Körper nur mitspielen.

Ich schluckte eine Aspirin herunter und trank hastig etwas Wasser, um diese runterzuspülen. Ich hoffte so meine Kopfschmerzen wenigstens zu bekämpfen. "Du wirkst heute nicht wirklich fit, Sakura." bemerkte Tsunade, welche das Krankenhaus leitete. Ihr besorgter Blick glitt an mir herunter und ließ mich gezwungen lächeln. "Schon okay, ich habe einfach nicht gut geschlafen." Leider konnte man sie nur schwer täuschen, was ihre erhobene Augenbraue auch verdeutlichen sollte. "Vielleicht solltest du heute früher Feierabend machen." beschloss sie kurzerhand. "Es bringt weder dir, noch den Patienten etwas, wenn du wie ein Geist herumläufst." Sah ich wirklich so schrecklich aus?

"Aber Tsunade..."

"Kein Aber. Los, ab ins Bett mit dir. Wir sehen uns Montag wieder." Nach diesen Worten ließ sie mich einfach stehen und verschwand im nächsten Gang. Etwas perplex blieb ich stehen, bis ich ergeben seufzte und in den Mitarbeiterraum ging, um meinen Kittel aufzuhängen. Wahrscheinlich war es gar keine so schlechte Idee, früher nach Hause zu gehen. So konnte ich noch einmal versuchen, etwas zu schlafen, bevor es heute Abend weiterging.

Gesagt, getan. Tatsächlich schaffte ich es, noch ein paar genüssliche Stunden in das Land der Träume abzudriften, bevor ich gegen späten Nachmittag wieder erwachte. Bis die Erste auftauchen würde, hatte ich noch genügend Zeit, um unter die Dusche zu springen und mich frisch zu machen. Mit neuer Kleidung und etwas Make-Up fühlte ich mich schon wesentlich besser und bereit, den Abend zu starten. Ich bereitete gerade ein paar Schüsseln mit Snacks zu, als die Tür klingelte. Du schaffst das, Sakura. Tief durchatmend setzte ich mein bestes Lächeln auf und öffnete die Tür, damit man in den Hausflur treten konnte. Schon von Weitem hörte ich das aufgeregte Geplapper meiner besten Freundin.

Als sie oben mit Hinata ankam, zog sie mich für wenige Sekunden in eine Umarmung, bevor sie auf Abstand ging und skeptisch drein schaute. "Was ist passiert?" So ein Mist.

Verräterisches HerzWhere stories live. Discover now