♛ Neun ♛

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Der Mond stand hoch am Himmel. Es war kein Vollmond, aber kurz davor. In ein paar Tagen, würde es wohl soweit sein. Er erhellte ihr Zimmer, da sie die Vorhänge nicht zugezogen hatte, bevor sie ins Bett gegangen ist.

Ein kalter Windhauch fegte pfeifend durch ihr Zimmer. Nachts ließ sie das Fenster oft angelehnt, damit frische Luft herein kommen konnte und da ihr während des schlafens häufig warm wurde.

Adela konnte nicht schlafen. Bereits seitdem sie um kurz nach zehn ins Bett gegangen ist, wälzte sie sich unruhig hin und her.

Es war dieselbe Unruhe, welche sie befallen hatte, die sie schon des öfteren verspürt hat, seitdem sie in dem kleinen Dorf in New Zealand wohnte. Unfassbar, dass ihr Einzug in dieses Haus erst fünf Tage her war. Sonntag Abend waren sie hier angekommen und nun war bereits Donnerstagnacht. Morgen war Freitag und Samstag würde sie bei Jordana übernachten. Aber seit Sonntag war schon so viel
passiert – sie hatte in Jordana eine echte Freundin gefunden. Zwar würde sie Sara niemals ersetzen können, aber sie kam nah dran. Außerdem wurde sie in der Schule von dem Jungen "überfallen", den sie zu dem Zeitpunkt für Verrückt gehalten hat und für den sie jetzt schwärmte. Sie war auf dem besten Weg dahin, Gefühle für ihn zu entwickeln, wenn sie nicht sogar schon dabei war. Noch etwas unfassbares – dass sie sich anscheinend so schnell verlieben konnte.
Außerdem, hatte ihre Mutter einen neuen Job gefunden und ihr Auto wurde geliefert.

Es gab also bis jetzt nur positive Entwicklungen. Naja, wenn die Geschichte mit ihren Gefühlen für Eleisha so positiv war. Sicher war sie sich nicht, aber sie wollte es herausfinden.

Abermals drehte sie sich in ihrem Bett und suchte eine andere Position zum liegen, aber egal wie, alles schien unbequem zu sein. Dabei wollte sie doch nur schlafen.

Ein Gähnen entfloh ihren Lippen und ihre Augen fielen für einen Moment zu. Sie wusste nicht für wie lange, aber als sie durch ein Geräusch geweckt wurde, kam es ihr so vor, als wären es nur ein paar Minuten gewesen.

Aufmerksam lauschte Adela in die Dunkelheit. Die Müdigkeit war verflogen und ihr Herz pochte ihr bis zum Hals.

Wolfsgeheul durchschnitt die Stille der Nacht wie rasiermesserscharfe Klingen.

Überrascht riss sie die Augen auf, doch dann pulsierte Angst durch ihren Körper und sie umklammerte die Bettdecke fester mit beiden Händen.

Als das Wolfsgeheul ein zweites oder drittes Mal – immerhin war sie dadurch wieder wach
geworden – erklang, sprang sie hektisch aus dem Bett und lief zu ihrem Fenster.

Sis wusste, dass es bullshit war, immerhin konnte ein Wolf wohl kaum auf ihren Balkon springen oder klettern, aber dennoch umschlossen ihre Finger den Knauf und sie schloss das Fenster wieder. Direkt fühlte sie sich etwas sicherer und besser.

Aber als sie sich umdrehen und zurück in ihr Bett schlüpfen wollte, verharrte sie in ihrer Bewegung. Ihr Körper schien zu Stein erstarrt worden zu sein. Ihre Augen vor Panik weit aufgerissen und ihr Herz schlug so schnell, dass sie Angst hatte, es würde aus ihrer Brust springen und davon laufen.

Langsam, ganz langsam drehte sie sich zu dem Fenster um und starrte in die Dunkelheit. Zwischen den Bäumen und Büschen des Waldrandes, welcher direkt an den Garten ihrer Großmutter grenzte, blitzten sie ein funkelndes Augenpaar an.

Für einen Moment hielt sie den Atem in ihren Lungen gefangen und blieb wieder stocksteif stehen. Dann bewegte sie sich nach links und nach rechts, trat wieder zurück auf ihren Ausgangspunkt. Sie hob beide Arme und ließ sie schließen wieder fallen.

Schreiend sprang sie näher an das Fenster und riss die Gardinen davor, sodass sie weder raus, noch dieses Ding in ihrem Garten reinschauen konnte.

Sie war sich sicher, nein sie wusste, es hatte jede ihrer Bewegungen genauestens verfolgt und sie glaubte sich einzubilden, dass es sie auch jetzt noch sehen konnte.

Zitternd vor Angst kletterte sie zurück in ihr Bett und verkroch sich unter ihrer Bettdecke.

Sie konnte sich noch genau an den Ausdruck in den Augen von dem Tier erinnern. Es hatte sie angesehen, als wäre sie seine Beute. Es musste ein Tier gewesen sein. Eine andere Erklärung dafür fiel ihr gar nicht ein. Gut, sie kannte auch kein Tier, dessen Augen in der Dunkelheit leuchteten, ohne dass sie von Licht angestrahlt wurden, aber es war immer noch logischer zu denken ein Tier war dort draußen, als dass es ein Mensch gewesen sein könnte. Immerhin hatte sie kurz vorher einen Wolf gehört, vielleicht gehörten die Augen ja zu diesem.

Eins war jedenfalls sicher, in dieser Nacht würde Adela keinen Schlaf mehr bekommen.

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Dem Gespräch ihrer Freunde konnte Adela nur mit einem Ohr lauschen. Ja, sie zählte auch die Jungs mittlerweile zu ihren Freunden. Sie verbrachten mittlerweile jede Pause zusammen und trafen sich auch vor und nach der Schule auf dem Pausenhof.

Der Grund dafür, dass sie ihnen mit nur einem Ohr lauschen konnte, war, dass die vergangene schlaflose Nacht sie noch immer verfolgte. Der Schreck saß tief in ihren Knochen und sie konnte dem Wald nicht ohne Angst oder schlechtes Gewissen den Rücken zuwenden.

Sie rechnete damit, jeden Moment von einem Wolf mit leuchtenden Augen angegriffen zu werden, auch wenn das natürlich Quatsch war. Wölfe wagten sich nicht in die Stadt, wenn es taghell war und überall reges Treiben herrschte.

Aber nachts, das war eine andere Sache. Sie hatte bereits von den Wolfsangriffen auf Menschen in der Vergangenheit gehört. Der letzte war garnicht mal so lange her – Freitag bevor sie angereist ist, wurde das letzte Mal jemand getötet. Eine junge Frau, die zuvor wohl in einem Club in der Stadt gewesen ist.

Adela fragte sich, wieso niemand etwas dagegen unternahm. Okay, wahrscheinlich waren die Angriffe der Grund dafür, dass die Wege, die in den Wald hineinführten verwahrlost waren und sich niemand mehr hinein traute, aber das war es. Es wurde weder ein hoher Zaun gezogen, welcher die Anwohner des Dorfes und die der Stadt vor den Wölfen schützte – ja, es sollte dort ein ganzes Rudel geben – noch wurden sie gejagt oder verjagt. Dabei war ja wohl allen klar, dass sie eine Gefahr für die Menschen hier darstellten. Auch wenn sie noch nie zuvor von solchen Angriffen gehört hatte. Keiner der bis jetzt angegriffenen Menschen, hat überlebt. Jeder wurde wohl des nachts umgebracht und jede der Leichen, wurde am nächsten Morgen grausam zugerichtet aufgefunden.

„Adela, ist alles okay? Du wirkst so abwesend.“, riss Jordana sie aus ihren Gedanken, woraufhin sie erschrocken zusammen zuckte und die Hälfte ihres Getränkes, welches sie ohne davon zu trinken in der Hand gehalten hatte, auf dem Tisch vergoss.

Sofort war Eleisha zur Stelle und wischte dies mit Taschentüchern weg, wobei er es nicht lassen konnte, Adelas Freundin wütend an zu funkeln und sie glaubte sogar ein leises Knurren gehört zu haben, was sie sich allerdings sicherlich eingebildet hatte. Ein Hirngespinst ihres müden Gehirns und ihres ängstlichen Verstandes.

„Ja, ich habe nur etwas wenig geschlafen letzte Nacht. Eigentlich gar nicht.“, murmelte Adela leise und stützte ihren Kopf mit ihrer Hand.

„Oh, wieso das denn?“, fragte Noah und klang irgendwie... besorgt, stellte Adela verwundert fest.

„Da war ein Wolf...“, begann sie und bemerkte, wie Eleisha sich augenblicklich anspannte.
„Er war ziemlich laut, habt ihr das etwa nicht gehört?“

„Ne, keine Ahnung wovon du sprichst.“, winkte Jesse scheinheilig ab und die anderen stimmten ihm zu. Eleisha blieb still und starrte mit mahlendem Kiefer finster an die gegenüberliegende Wand.

Adela allerdings blieb skeptisch. Sie wusste, dass sie sich das Wolfsgeheul nicht eingebildet hat, aber sie wusste nicht, wieso ihre Freunde sie an lügen sollten.

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In der Handlung überarbeitet!!

Jäger der Finsternis | ✔Donde viven las historias. Descúbrelo ahora