03.12.20- Verzerrt

15 2 6
                                    

Schönheit ist relativ- sie liegt im Auge des Betrachters.

Das sagen sie uns- uns allen und obwohl wir diesen Satz so unzählige Male gehört haben, so fühlen wir ihn nicht.

Der Spiegel wird auf einmal zu unserem größten Kritiker, dem Feind des Körpers, wo er doch nichts an ihm verzogen darstellt.

Aber es sind unsere Geister davor, vor dem Spiegel, die aus dem Körper, der die Natur erschaffen hatte, etwas wahrhaft hässliches macht.

Die Lippen zu schmal, die Oberschenkel zu dick, der Bauch nicht flach genug, um als hübsch zu gelten.

Doch wem überlassen wir diese Entscheidung? Wem geben wir die Möglichkeit über uns in solchem Maße zu entscheiden?

Die einzige Antwort sollte lauten: niemand.

Aber das weiß unser Geist nicht, er fährt sich fest auf diesen Anblick, den er vor sich im Spiegel sieht.

Und so sind wir diejenigen, die ein vernichtendes Urteil sprechen- über uns selbst.

Und manchmal.... manchmal fällt dieses Urteil nicht ganz so negativ aus. Das Licht ist schmeichelnd, man hatte einen guten Tag- wir erlauben uns praktisch uns selbst ein wenig Schönheit zuzuschreiben.

Dabei war das Gesicht das gleiche, welches man jeden Tag trägt, die gleichen Lippen, die schlagartig nicht mehr unnormal schmal und glanzlos wirken, die gleichen starken Beine, welche uns stundenlang fest auf dem Boden hielten, der gleiche Bauch, der in dem dunklen T-Shirt nicht abartig rund hervorlugte.

Und doch war dieses ganze Bild verzerrt.

Nicht durch den glatten Spiegel, der alles offenbarte, sondern durch den geprägten Geist davor, welcher sich nicht traute auch mal mutig zu sein.

Mut zur Schönheit.

Denn das ist das wichtigste.... dass wir niemals vergessen, dass es wir selbst sind, die entscheiden.

Es ist nicht nötig Dinge an sich zu verändern, um nichtmal hervorzustechen, sondern schlicht um etwas geändert zu haben an der grauenvollen Hässlichkeit im Spiegel.

Auch wenn meine Haare nun in einem dunklen Rot leuchten und die Gestalt im Spiegel plötzlich weniger makelbehaftet aussieht- so habe ich in diesem Moment realisiert, dass es nicht meine Haare waren, die meine Schönheit definiert haben.

Das war ich selbst.

Und nun weiß ich es...

Egal, welche Farbe meine Haare das nächste Mal bekommen werden...

Ich bin schön.

MondgeflüsterWhere stories live. Discover now