Geister die ich rief

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Am folgenden Tag musste ich früher aufstehen als Roman, da an dem Tag der Reha Techniker kam. Ich freute mich meinen Freund aus Köln zu sehen. Das Ausmessen der neuen Fussballschuhe der Profis sollte passieren, nachdem die Gelsohlen bei Roman wirklich funktionierten.
Bevor ich mich auf den Weg nach Brackel machte, weckte ich Roman auf, konnte einen Kuss am Morgen erhaschen. Er drehte sich noch einmal um und brummte, das ihm Frühaufsteher zuwider waren. Leise lachend verließ ich das Schlafzimmer. Noch ehe ich dann das Haus verlassen konnte, hörte ich Roman polternd die Treppe runter kommen und er wirbelte mich im Flur in seinen Arm. Ich lachte lauter, als er mich küsste und mein Blut so in Wallung brachte. Ich musste mich abrupt lösen, denn sonst hätten wir nicht aufhören können. Auf dem Weg nach Brackel telefonierte ich mit Leonie, denn in der Woche hatte ich einen öffentlichen Termin in Bonn.

In meinem Büro zog ich mich um. An dem Morgen war es schon recht warm, weshalb ich eine schwarze Leggings mit einem türkisen Top anzog. Frank hatte dafür gesorgt, daß meine Lieblingsfarbe häufig dabei war, wenn es um ein neues Bekleidungspaket des Sponsors ging. In der kurzen Zeit hatte ich bereits zwei Sporttaschen voll erhalten. Meine Haare hatte ich nur locker in einen Knoten gebunden.
Vom Zeugwart hörte ich, daß der Puma Mitarbeiter bereits auf dem Weg war, dasselbe wusste ich auch von Peter, meinem Kumpel. Am Trainingsplatz wurde für das Ausmessen alles vorbereitet. Da stand ein Tisch, wo die schriftlichen Dinge erledigt werden konnten. Auch stand eine kleine "Bühne" dort, wo das Ausmessen stattfinden sollte. Dort waren auch Balancekissen bereit gelegt, damit die Füße beim Ausmessen in Bewegung waren.
Bevor das Training losging, teilte Roman dann mit, das er sich endgültig von Nastassja getrennt hatte, was er für alle loswerden wollte, bevor Fragen auftauchten. Einige teilten ihr Bedauern mit, überrascht war niemand, nur das er es jetzt so offiziell machte war neu. Er hatte es nie offen mitgeteilt, wie ich erfuhr. Nobby stand bei uns, als er mir dann zuflüsterte. "Aber es scheint ihm damit gut zu gehen! Er sieht entschlossen aus.", raunte mir Nobby noch zu. Dann schickte ich sie zum Joggen, was sie widerstandslos machten. In die Joggingrunden baute ich Sprints mit ein, ebenso Koordinationsschritte.
Im Anschluss machten wir noch Fitnessübungen, welche durch einen gellenden Pfiff gestört wurden. Ich kannte diesen Pfiff, war allerdings irritiert. Im nächsten Moment ertönte: "Ey Knackarsch!" Ich wandte mich um, blinzelte gegen die Sonne. Da war Peter, aber ich konnte nicht sehen, woher der Kommentar kam. Auch als ich die Hand hob, um meine Augen abzuschirmen, konnte ich nichts erkennen. Doch dann tauchte die hochgewachsene Gestalt auf von welcher der Pfiff herrührte. Fast zwei Meter geballte Arroganz auf zwei Beinen die jedes Frauenherz brechen könnte. Ja, wenn er denn nicht schwul wäre.
"Verdammte scheisse, das arrogante Arschloch!", sagte ich fassungslos, aber erfreut, laut genug das die Fussballprofis es hörten. Und im nächsten Moment lief ich in die Richtung, mit Leichtigkeit sprang ich über die Abgrenzung vom Platz und lief dem hochgewachsenen Typ entgegen. Die Spieler sahen alle irritiert, was dort geschah. Peter hatte Marius mitgebracht, einen alten Freund. Einen sehr alten Freund. Marius kannte mich auch aus Zeiten als es mir schlecht ging, er kannte mich aus Zeiten als meine Eltern noch lebten. Mit ihm hatte ich einmal geschlafen. Ich hatte danach klar festgestellt, das er nicht mein Typ war und er hatte festgestellt, daß ich nicht das richtige Geschlecht hatte. Er hatte mich immer Knackarsch genannt, und ich tolerierte es bei ihm, weil es unsere Mitmenschen irritierte.
Als ich bei ihm ankam, nahm er mich hoch und drehte sich mit mir. Nah an seinem Ohr sagte ich leise: "Sie wissen es nicht!" Das bedeutete allerdings auch, das er eine weitere Unbekannte in meiner Gleichung war, denn er achtete nicht immer auf mein Geheimnis. Geräuschvoll drückte er mir einen Kuss auf. Er trug mich wieder zurück an den Spielfeldrand. Ich begrüßte Peter ebenfalls und stellte ihn dann der Mannschaft und dem Zeugwart vor. Vor den Jungs kniff mir Marius, ein angesehener Arzt in seinem Gebiet, in den Po. Ich glaubte ein Keuchen von Roman zu hören. "Ich stelle fest, da gibt es jetzt Muskelmasse, das war vor ein paar Jahren nicht so!", plauderte Marius unbedarft aus. Ich boxte ihn vor die Brust, ehe er mich erneut in die Arme zog. "Knackarsch, ich habe dich vermisst! Ich bin froh das es Dir gut geht.", teilte er mir unbedarft mit und es war ihm egal, wer es mitbekam.
Dann kam auch der Techniker von Puma. Während sie alles vorbereiteten, machte ich mit der Fitnesseinheit weiter. Roman fixierte mich mit seinem Blick, Jule fixierte mich. Ich amüsierte mich darüber.
Thomas übernahm dann das Training. Frank holte mich dazu, wo ich als erstes ausgemessen wurde. Meine Schuhe sollten türkis schwarz werden, was niemanden wirklich wunderte.
Mit Marius stand ich anschließend an der Seite im Schatten, als der erste Feldspieler ausgemessen wurde.
"Nun Knackarsch, was hat es zu bedeuten, daß Dich dieser wahnsinnig gutaussehende Torwart derart ansieht und mich mit seinen Blicken erdolcht?", wollte er wissen. Vielsagend sah ich ihn an und er grinste. "Prinzessin, der ist göttlich!", gratulierte er mir freundschaftlich. Ich entfernte mich in Richtung Gebäude, hob drohend den Zeigefinger. "Gucken darfst Du. Anfassen ist verboten!", rief ich. Er lachte. "Warum?", kam prompt die Gegenfrage. "Ich habe es angeleckt, also gehört es mir!", kam von mir zurück. Alle die das gehört hatten, kicherten oder sahen verwirrt zu mir

Pflichtgefühl - Herz über KroneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt