Christmas surprise

614 15 1
                                    

Dann ging es in immer größeren Schritten auf Weihnachten zu. Alle zusammen würden wir in der Schweiz feiern. Das bedeutete auch, das sich die Geschenke stapelten und wir vorher nichts in Mannheim los werden konnten.

Nach dem Besuch beim Tätowierer in der Schweiz stellte ich an mir zunehmend unliebsame Veränderungen fest.
Ich pampte in Brackel ständig irgendwen an, für Sachen für die ich sonst gelacht hätte oder nur den Kopf geschüttelt. Wenn ich es da nicht tat, musste Roman zuhause dran glauben. Hinterher tat es mir immer sofort leid. Ich entschuldigte mich viel.
Egal was es war, ich war super nah am Wasser gebaut. War es ein trauriger Film, ich weinte. War es ein emotionaler Song, den ich hörte, ich weinte. War morgens die heisse Schokolade abgekühlt, die Roman mir gemacht hatte, weil ich sie nicht schnell genug beachtet hatte, dann weinte ich. Morgens kam ich schlechter aus dem Bett, wenn wir nach Hause kamen nickte ich auf unserem Sessel erst einmal ein. Nachts hingegen hielt ich Roman oft vom Schlafen ab. Er fand es anziehend, wunderte sich aber auch.
Mitte Dezember glaubten wir den Grund für meine Stimmungsschwankungen zu wissen. Zwei Tage hatte ich eine sehr leichte Blutung und einen noch größeren Heißhunger auf Schokolade und eine in meinen Augen vergrößerte Oberweite kamen. Roman konnte das mit der Oberweite nicht wirklich bestätigen, wie er sagte. Obwohl er es ausgiebig untersucht hatte.
Wir glaubten, daß sich mein Zyklus eingependelt hatte und unserem Babyglück im kommenden Jahr nichts mehr im Wege stand.
Am 22.12, am Tag vor unserer Fahrt in die Schweiz, hatte ich einen Termin bei meiner Frauenärztin. Diesen nahm ich allein wahr. Roman erledigte zuhause noch ein paar Dinge. Zunächst gab ich eine Urinprobe ab und es wurde Blut abgenommen. Beides ging sofort ins Labor. Im Anschluß ging es zur vaginalen Untersuchung. Die Ärztin bat mich dann in den Behandlungsraum mit dem Ultraschall. Diesen Raum hatte ich seit bald anderthalb Jahren nicht mehr betreten und ich verband nur schlechte Erinnerungen mit diesem, auch wenn die vergangenen Untersuchungen positiv verlaufen waren. Wir hatten aber auch immer andere Räume genutzt, zumal sie vorher auch noch eine andere Praxis hatte.
"Nun Frau Bürki, hatten sie einen Zyklus?", wollte sie wissen. "Ganz ehrlich, den Veränderungen nach habe ich einen 1A Zyklus. Ich weiß schon weshalb ich die Spritze immer wollte! Diese Umstellung ist nicht gut für mein Umfeld. Ich habe das Gefühl, ich bin eine tickende Zeitbomne.", erwiderte ich. Sie schmunzelte bei meiner Umschreibung. Ich berichtete von den vermeintlichen Vorboten der Periode, den Bauchschmerzen, dem Spannungsgefühl in der Brust und der leichten Blutung.
Sie nickte nur, blickte auf die verschriftlichten Ergebnisse der Test Resultate von Blut und Urin. Dann bat sie mich auf die Liege, machte einen Ultraschall. Sie fuhr mit dem Schallkopf über den Bauch, drückte immer wieder auf Knöpfen herum und druckte etwas aus. Immer wieder hatte sie mich etwas gefragt. Sie wollte wissen, ob ich Bauchschmerzen gehabt hatte. Sie wollte wissen, wie die Blutungen waren.

Zurück am Schreibtisch schrieb sie geschäftig, kramte in der Schublade ihres großen Schreibtisches. Als sie mich ansah, musterte sie mich, lächelte dann.
"Frau Bürki, ihre Blutung, die sie beschrieben hatten, war nicht ihre Periode. Das war eine Einnistungsblutung.", gab sie eine erste Diagnose bekannt. "Einnistungsblutung?", stammelte ich leise. Ich wusste, was es bedeutete, aber sie musste es sagen. Sie nickte und legte mir drei Ultraschallbilder hin, auf denen ein winziger heller Punkt in einer dunklen Höhle zu entdecken war. "Ich gratuliere Ihnen pünktlich zu Weihnachten zu einer Schwangerschaft! Sie sind in der dritten oder vierten Woche, ihr HCG Wert ist mehr als deutlich zu den Bildern.", sagte sie es deutlich. Die Bilder zeigten unser großes Wunder, unseren größten Wunsch.
Sie reichte mir einen ausgefüllten Mutterpass, sowie Tabletten gegen Übelkeit und Vitaminpräparate. "Und es ist alles in Ordnung?", wollte ich wissen. Sie nickte. "Das Baby hat sich da einen Platz gesucht, wo es sein soll! Nicht im Eileiter.", beruhigte sie mich. Die Ultraschallbilder packte ich dann auch ein, ebenso den Mutterpass. Da ich eine Risikoschwangerschaft hatte, wurde direkt für den Jahresanfang ein neuer Termin gemacht, um dann alles weitere zu entscheiden, insbesondere in Hinblick auf das Trainingslager. Sie wünschte mir schöne Feiertage und bat, das ich mich nicht verrückt machen solle.
Vor der Praxis atmete ich durch, überwältigt. Ich machte mich nicht verrückt, ich hatte das Gefühl vor Glück zu platzen.
Mein nächster Weg führte mich in die Stadt. Ich besorgte alles für ein besonderes Geschenk, hoffte, das ich so lange dicht halten könnte.
Im Auto gönnte ich mir dann den Moment, in dem Tränen flossen. Da war es, mein Wunder.
Unser Wunder.

Pflichtgefühl - Herz über KroneDonde viven las historias. Descúbrelo ahora